Heidelberger Katechismus Frage ...
Von England nach Wittenberg
Dr. Anna Krauß wird neue Direktorin des LWB-Zentrums
Dr. Anna Krauß übernimmt zum 1. September die Leitung des LWB-Zentrums Wittenberg. Sie folgt auf Pastorin Inken Wöhlbrand, die seit Oktober 2018 Direktorin des Zentrums ist.

Die promovierte Theologin ist derzeit Generalsekretärin eines Dachverbands lutherischer Kirchen in Großbritannien und wurde im letzten Jahr bei der Dreizehnten Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) in dessen Rat gewählt. Vor Amtsantritt in Wittenberg wird sie jedoch aus diesem Amt ausscheiden.  

Krauß wurde im bayerischen Kulmbach geboren und studierte Theologie in Neuendettelsau, Aberdeen und Heidelberg. Dort promovierte sie 2019 im Fach Altes Testament über das Thema „Zwischen Literatur und Liturgie. Pragmatik und Rezeptionspraktik der Psalmenrollen aus der Judäischen Wüste“, bevor sie als Junior Research Fellow an die Universität Oxford ging. Seit Ende 2020 ist sie Generalsekretärin des Council of Lutheran Churches in Great Britain und u. a. Vorstandsmitglied in der Society for Ecumenical Studies. Seit Mai 2023 ist sie eine der sechs Präsident*innen des ökumenischen Netzwerkes ChurchesTogether in England.

„Mit Anna Krauß gewinnen wir eine versierte und ökumenisch erfahrene Theologin“, so die Vorsitzende des DNK/LWB, Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt. „Durch ihre Arbeit als Generalsekretärin eines Dachverbandes unterschiedlicher lutherischer Christinnen und Christen ist sie bestens für die Arbeit im LWB-Zentrum in Wittenberg qualifiziert. Auch dort wird sie Menschen über die Grenzen verschiedener Länder und Kulturen hinweg zusammenbringen und mit ihnen gemeinsam auf die verbindende lutherische Identität schauen“, so Kühnbaum-Schmidt, die auch eine der beiden Vorsitzenden des Internationalen Beirats des LWB-Zentrums Wittenberg ist. „Ich freue mich auf ihre Impulse und unsere Zusammenarbeit.“

„Ich habe das Luthertum in seiner Vielfalt und in sehr unterschiedlichen Kontexten kennengelernt“, sagt Krauß. „Ich schätze vor allem die Bejahung einer lebens- und glaubensrelevanten Theologie, die sowohl Laiinnen und Laien als auch ordinierte Personen in ihrem Dienst in Kirche und Gesellschaft bestärkt. Deshalb ist das LWB-Zentrum Wittenberg für mich ein konkreter Ausdruck lutherischer Identität und zentraler Baustein in der Arbeit des LWB weltweit.“

Das LWB-Zentrum Wittenberg wurde 2008 mit Blick auf das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 gegründet. Seit 2009 führt es jährlich mehrere internationale Seminare zu lutherischer Theologie mit weltweiter Ausrichtung durch und begleitet Tagungen und internationale Besuchergruppen in Wittenberg. Mit dem Luthergarten schuf das LWB-Zentrum ein lebendiges und ökumenisches Reformationsdenkmal in Wittenberg. Nach dem Jubiläumsjahr 2017 wurde die Arbeit des LWB-Zentrums fortgeführt. Es ist eine unselbstständige Einrichtung des DNK/LWB und arbeitet im Auftrag und in Absprache mit dem LWB im Bereich der internationalen theologischen Fortbildung.



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Der Heidelberger Katechismus in der Plesse

Von Wilhelm Buitkamp

Im Evangelisch-reformierten Synodalverband Plesse hat die hessische Tradition mit der Reformation Martin Bucers bis heute Auswirkungen auf die kirchliche Verkündigung, Lehre und Stuktur. Die ehemals zur Herrschaft Plesse gehörenden Gemeinden leben seit 1972 mit dem „Bovender Modell“, dessen vertraglich vereinbarte Regelungen alle Evangelischen reformierter und lutherischer Herkunft unter einem (Kirchen-)Dach vereinigt. Darin ist die vermittelnde Theologie Martin Bucers bis heute lebendig.

1536 wurde in der Herrschaft Plesse die Reformation durchgeführt. Petrus Wertheim war der erste reformierte Prediger in Eddigehausen (und auf der Burg Plesse).

Die erste Einführung eines Katechismus kann nicht datiert werden. Wir wissen, dass der hessische Katechismus im 19. Jahrhundert für verbindlich erklärt wurde. Gleichzeitig kam der Heidelberger Katechismus in Gebrauch. Ob seine Einführung mit der Dordrechter Synode 1618/19 allgemein verbindlich wurde, (so Nordholt), bleibt fraglich. Offensichtlich wurde er hier und da neben dem Hessischen Katechismus benutzt. So berichtet der Pastor in Bovenden 1796 im Streitfall um eine Konfirmation, die Konfirmanden könnten „nicht nur fertig lesen; ihr Gedächtniß hatte nicht nur die 5 Haupt-Stücke des Kleinen und einen beträchtlichen Theil des Heidelbergischen Catechismus, auch ihr Verstand hatte manche darin enthaltene Wahrheit gefaßt ...“

Der Heidelberger Katechismus setzte sich durch, als die Gemeinden den Anschluss an die Evangelisch-reformierte Landeskirche vollzogen.
„1882 beschloss eine reformierte Vorsynode eine Kirchengemeinde- und Synodalordnung, 1884 schließlich folgte die Festlegung der Zuständigkeit des Auricher Konsistoriums für alle reformierten Kirchen."(Menk)  Die Einführung des Heidelberger Katechismus wurde durchgesetzt von den Pastoren Ludwig Stegemann in Eddigehausen und Friedrich Wilhelm Stegemann in Spanbeck. Nach dem Tode Stegemanns 1886 wechselte Cuno nach Eddigehausen, wo er 1904 starb. Er erwies sich „nicht nur in der Katechismus-Frage als ein ferventer Vertreter reformierter Interessen.“ (Menk)

Bis heut ist der Heidelberger Katechismus offiziell Bekenntnisbuch der Gemeinden im Evangelisch-reformierten Synodalverband Plesse. So gehört er auch verbindlich in den Konfirmandenunterricht. In den Gemeinden des „Bovender Modells“ ist daneben der Gebrauch des Kleinen Katechismus Martin Luthers ebenso verbindlich. Die Begegnung mit beiden Katechismen soll die Entscheidung für die jeweilige Konfession (ev.-reformiert oder ev.-lutherisch) erleichtern.

Literatur:

Plesse-Archiv, Heft 16, 1980
Hier: Gerhard Menk, Der Nachlass des Pastors Friedrich Wilhelm Cuno (1838-1904), S. 289 ff

Plesse-Archiv, Heft 22, 1986
Hier: Gerhard Nordholt, Reformierte Traditionen in einer Landeskirche, S. 321 ff
Wilhelm Buitkamp, Bekenntnis und Bekennen im Wandel der Zeiten, S. 307 ff

Die Evangelisch-reformierte Kirche in Nodwestdeutschland, 1982
Hier: Wilhelm Buitkamp, Herrschaft Plesse und Amt Neuengleichen, S. 218 ff