Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Was nützt uns dieser fromme Spruch?

Eine Predigt zur Jahreslosung 2012. Von Gudrun Kuhn, Nürnberg

"Die Starken sind gefragt, wenn es darum geht, die Zustände zu ändern, die andere schwach machen. Die Starken müssen sich fragen lassen, ob sie genügend tun, um Leiden zu lindern. Die Starken erinnert die Jahreslosung an ihre Verantwortung. 365 Tage lang."

Liebe Gemeinde,

Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig. So lautet die Jahreslosung für das Jahr 2012.
Für wen ist sie eigentlich gedacht?
Soll man sie vielleicht in den Straßenkreuzer setzen, in die Zeitschrift der Obdachlosen? Soll man sie der alleinerziehenden Mutter zusprechen, die von Hartz IV lebt? Oder dem Lang­­zeit­arbeitslosen? Oder der MS-Kranken, die sich mühsam mit dem Rollator bewegt? Vielleicht auch noch im Großformat entlang der Straßen, auf denen sich die Ströme der Hungernden vorwärtsschleppen? Oder im italienischen Auffanglager für Flüchtlinge aus Afrika?
Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig. Für wen ist die Jahreslosung gedacht?
Kann sein, Sie werfen mir jetzt vor, ich sei zynisch. Aber das will ich nicht sein. Ich habe nur et­was gegen fromme Sprüche. Und Losungen werden leicht zu from­men Sprüchen. So ähn­lich wie Sammlungen mit Titeln wie „Mit Goethe durch das Jahr.“ oder „Schopenhauer für je­den Tag.“
Fromme Sprüche.
Wie kann es einen Spruch geben, der für alle Menschen, zumindest alle Christen, aus­sa­ge­kräf­­­tig ist? Einen Spruch, der keinen ausschließt? Einen Spruch, den man nicht falsch ver­ste­­hen kann?
Seien wir doch ehrlich. Wie ist das denn, wenn man einmal versucht, die Herrnhuter Lo­sun­gen zu bedenken. Die Gründer dieser Tradition gingen davon aus, dass die Lesenden sich täg­­­lich fragen: Was will mir Gott heute sagen? Aber lautet nicht die Antwort an vielen Tagen: gar nichts!
Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig.
Was sagt uns das? Uns, die wir vielleicht schwach sind. Uns, die wir vielleicht stark sind. Was heißt „Gottes Kraft“? Was heißt „mächtig“? Was soll uns so ein Spruch?
Nun will ich ja gar nicht leugnen, dass es vorkommen kann, dass wir von einem Bibelwort unmittelbar getroffen werden.
Das gibt es, dass uns der Segensspruch beim Abendmahl direkt ins Herz geht.
Das gibt es, dass wir unseren Konfirmationsspruch plötzlich ganz neu verstehen.
Das gibt es, dass wir die Bibel aufschlagen und meinen, der Text sei gerade für uns ge­schrie­ben.
Ja, all das gibt es. Und es sind sehr beglückende Momente. Momente, aus denen man Lebenskraft gewinnt.
Aber es sind eben Momente. Kostbare Momente zwar, doch im Alltag, auch im Alltag un­se­res Glaubenslebens, müssen wir meist ohne solche Momente auskommen können.
Und mit dieser Bemerkung bin ich mitten in dem Kontext, aus dem unsere Jahreslosung her­aus­genommen ist. Lassen Sie mich erzählen, was Paulus widerfahren ist, als er sie for­mu­liert hat.
In Korinth, seiner Gemeinde, die er selbst gegründet hat und deshalb ganz besonders liebt (2. Kor. 11,11), rumort es. Während er in Kleinasien weilt, sind neue Lehrer aufgekreuzt, die sich als die wahren Apostel Christi aufspielen. Sie wollen die Gemeinde von der Lehre des Paulus abspenstig machen. Und das mit einigem Erfolg.
Was macht sie so verführerisch?
Sie bieten den Gemeinden großartige religiöse Erlebnisse an. In mitreißender Wortgewalt schil­dern sie Himmelsreisen. Ihre Verkündigung lädt alle ein, dem grauen Alltag zu ent­kom­men und in tranceartigen Bewegungen ins Jenseits hochzusteigen, um dort mit dem er­höh­ten Christus eins zu werden. Ekstatische Praktiken werden angepriesen. Und über dem Auf­stieg ins Paradies wird alles vergessen, was das Erdenleben schwer und beschwerlich macht: Vom irdischen Jesus und vom Kreuz will man nichts hören. Auch nichts vom Dienst an den Leidenden und Armen. Hauptsache, der eigenen Seele geht es gut!
All dies beobachtet Paulus aus der Ferne mit großer Sorge. Und natürlich bekommt er auch mit, dass er in der Korinther Gemeinde schlecht gemacht, ja sogar verspottet wird.
„Aha“, sagen die neuen Lehrer, die sich für ihre Guru-Tätigkeiten gut bezahlen lassen, „Aha“, sagen sie, „dieser Paulus wird schon gewusst haben, warum er von euch kein Geld nahm. War er vielleicht so ein guter Rhetoriker wie wir? Nein! Hat er euch vielleicht so wunderbare Visionen ermöglicht? Nein! Ein Stümper war er. Kein religiöser Meister!“
Religiöse Meister.
Ja, die gibt es heutzutage auch zur Genüge.
Viel zu nüchtern seien unsere Gottesdienste, heißt es da. Und für viel Geld lassen sich man­che Zeitgenossen in esoterische Praktiken einweihen, die ihnen Heilwerden ihrer Seelen ver­spre­chen. Meditationskurse und Initiation in afrikanische Kulte werden uns angeboten. Und ultra­konservative Katholiken träumen von der alten lateinischen Messe mit viel Weih­rauch und geheimnisvollen Gesten, die den Verstand umnebeln.
Religiöse Meister allenthalben.
Religiöse Meister fühlen sich stark. Sie haben Macht über ihre Anhänger. Sie vermitteln das Ge­fühl einer Religion, die uns aus dem Alltag in höhere Sphären erhebt. Und gegen solche re­­ligiösen Meister wettert Paulus. Sie predigen, wie er sagt „einen anderen Jesus“ und ein „an­deres Evangelium“. (2. Kor. 11, 4)
Doch um seiner Gemeinde aus ihrem Irrweg herauszuhelfen, begibt sich der Apostel auf das Ni­veau seiner Gegner und zahlt ihnen ihre Dummheit – wie er es nennt – mit gleicher Münze heim. Ich will mich zum Dummkopf machen, so sagt er, um gegen Dummköpfe zu argu­men­tie­ren. Aber worin besteht die Dummheit der Gurus von Korinth? In ihrer Ruhmsucht. Sie prahlen mit ihren außergewöhnlichen religiösen Erlebnissen. Sie rüh­men sich ihrer Stärke. Paulus aber setzt dem entgegen: Wenn ich auch so ein Dummkopf wä­re, der gerne prahlt, dann müsste ich mich meiner Schwachheit rühmen. (2. Kor. 11,30)
Dass einer stolz ist auf seine Schwachheit, das muss den Korinthern ebenso seltsam vor­ge­kom­men sein wie uns Heutigen. Niemand in unserer Gesellschaft ist stolz auf seine Schwach­heit. Im Gegenteil: Von klein auf lernen wir:
Nur keine Schwäche zeigen!
Besser schon im Voraus zum Angriff übergehen.
Lieber jedes Versagen leugnen und alle Fehler vertuschen.
Eher lügen als sich so zeigen, wie man wirklich ist.
Das erleben wir tagtäglich.
Ganz offen dagegen berichtet Paulus von seiner Schwachheit. Er räumt ein, dass er ein schlech­ter Redner ist. (Man kann es gar nicht glauben, wenn man sein Briefe liest!) Und kei­ne seiner kritischen Lebenssituationen verschweigt er: Gefangenschaft und Folter, Schiff­bruch und Wüstenmarsch, Anfeindung und Denunziation … All das hat er erlebt. Wahrlich kei­ne ruhmreiche Biografie!
Und darüber hinaus offenbart er der Gemeinde noch etwas, was er in keinem anderen Brief erwähnt. Auch er hat mystische Erlebnisse gehabt. Auch er ist „in das Paradies entrückt“ wor­den, wie er es ausdrückt. Aber diese Erlebnisse haben ihn nicht über andere erhoben. Ganz im Gegenteil: sie sind nur die Kehrseite vielfältiger Leidenserfahrungen.
Und das Entscheidende ist: Solche mystischen Erlebnisse sind eben gerade nicht mitteilbar. Man kann sie nicht auf dem Markt religiöser Möglichkeiten verkaufen. Man kann sie nicht durch irgendwelche Techniken absichtlich hervorrufen wollen. Der Apostel schildert deshalb auch keine seiner Visionen, er malt keine prächtige Himmelsschau aus. Stattdessen habe er „un­aus­sprech­liche Worte“ erfahren, die man nicht an andere weitergeben kann und darf. Die Sprache stößt eben an ihre Grenzen, wenn die Grenzen unserer Welt überschritten sind.
Wie nüchtern und realistisch da der Apostel seine Gemeinde berät.
Glaubt den Scharlatanen nicht, die euch detaillierte Kunde vom Jenseitigen versprechen! Glaubt den Scharlatanen nicht, die euch vormachen, ihr könntet mehr Dinge auf die Erde herun­ter holen, als eure Men­schen­weis­heit sich träumen lässt!
Glaubt den Scharlatanen nicht, man könne mystische Erfah­run­gen machen und dabei dem Er­denleid entkommen.
Ganz im Gegenteil: Paulus hadert mit Gott, dass er ihm ausgerechnet dann besonders nahe war, wenn er leiden musste.
Und an dieser Stelle steht nun unsere Jahreslosung.
Paulus schreibt: Der Herr „hat mir gesagt: Du hast genug an meiner Gnade, denn die Kraft findet ihre Vollendung am Ort der Schwachheit.“
Die Kraft findet ihre Vollendung am Ort der Schwachheit.
So übersetzt es die Zürcher Bibel. Und so steht es auch im griechischen Text. Luther ist da etwas frei verfahren.
Und jetzt verstehen Sie vielleicht, warum ich so sehr gegen fromme Sprüche bin. Sie sind dehn­­­bar wie Gummi und lassen sich in jede beliebige Richtung auslegen. Sie werden ein­fach dem Verfasser geklaut. Wie hat sich der Apostel abgemüht in seiner wirklich kom­pli­zier­ten Argumentation! Mit Herzblut und Tränen hat er die Zeilen diktiert. Und jetzt wird das alles ein­gedünnt auf einen Satz.
Aber wir kennen ja inzwischen den Kontext. Und dieser erinnert mich an die Berg­pre­digt. Auch dort werden religiöse Meister abgewiesen, die sich stark fühlen und Stärke de­mon­strie­ren wollen. Selig sind, die geistlich arm sind, sagt Jesus. Ohne spirituellen Reich­tum, ohne groß­­ar­tige religiöse Emotionen. Schwarzbrot­spi­ri­tuali­tät hat das Fulbert Steffensky genannt. Wir sollen uns keine zuc­ker­sü­ßen Frömmigkeitstorten wünschen. Wir sollen uns keine Über­le­genheit wünschen, so als wür­de unser Glaube alle Lebensprobleme aus dem Weg schaf­fen. Wir können den Himmel nicht auf die Erde zwingen und uns nicht in den Himmel hinauf­stem­men.
Gottes Gnade genügt. Gottes Zuneigung heißt es in einer anderen Übersetzung. Von Gottes Wohlgefallen haben wir an Weihnachten gelesen.
Anders ausgedrückt: Dem Glauben muss Gottes Zusage genügen.
Auch in Zeiten, in denen wir keine überschwänglichen religiösen Gefühle haben.
Auch in Zeiten, in denen uns Zweifel belasten.
Auch in Zeiten, in denen uns die unerlöste Welt und die Leiden der Schwachen irre machen an Gott.
Paulus macht klar: Unser irdisches Leben ist ein vor-läufiges. Wir dürfen nicht von dieser Er­de in ein Himmelreich fliehen wollen und wir können diese Erde nicht zum Himmelreich ma­chen. Wir müssen die Schwachheit ertragen lernen.
Die Schwachheit ertragen. Dieser Gedanke ist nicht besonders populär. Schon der Phi­lo­soph Nietzsche hat dagegen gehalten: Christentum – das sei eine Religion für Schwäch­lin­ge, für solche, die zu kurz gekommen sind und nun den Starken und Glücklichen nichts gön­nen.
Und ich glaube, wenn wir die Jahreslosung unkommentiert lassen, müssen wir uns nicht wun­­dern über solche Vorwürfe. Schauen wir doch einmal in eine der alten Kirchen. Sie sind voll­­­gestellt mit Schwachen, denen man goldene Kronen aufgesetzt hat: Geköpfte, Ver­brann­te, Gemarterte.
Was nützen uns solche Vorbilder? Wir sind keine Heiligen, wir sind auch keine Mutter Theresa. Wir sind keine religiösen Genies. Wir haben unseren ganz normalen kleinen Alltag.
Wir sorgen uns um unsere Kinder und Enkel, wenn sie schwach sind in der Schule. Wir fürchten dann um ihre Zukunft.
Wir haben Angst, den beruflichen Anforderungen nicht zu genügen. Wir fürchten dann um un­seren Arbeitsplatz.
Wir spüren, dass es Menschen gibt, die uns kleinkriegen wollen. Wir fürchten dann, dass un­se­re Persönlichkeit zerstört wird.
Wir leiden unter dem Altwerden und all den Schwächen, die uns plagen. Wir fürchten dann, dass wir einmal auf Hilfe angewiesen sein werden.
Und was sollen all die sagen, die von schwerer Krankheit betroffen sind?
Nein, so geht das nicht! Ein Lob der Schwäche sollte die Kirche sich sparen!
Aber so einfach hat es sich ja Paulus auch nicht gemacht.
Er würde sagen: Wir können die menschliche Schwachheit, wo sie sich nicht ändern lässt, ertragen. Denn Gott hat in Jesus Schwachheit zur höchsten Würde gebracht. Er steht nämlich nicht auf der Seite der vermeintlich starken Täter, sondern auf der Seite der Opfer. Das ist mit Gottes Kraft gemeint. Kein angebliches Recht des Stärkeren. Keine Kraftmeierei. Sondern: Reich und Kraft und Herrlichkeit. Nicht von dieser Welt. Anders …
Solches Ertragen heißt gerade nicht, dass wir womöglich mit unserer Jahreslosung Schwä­che und Not verharmlosen.
Ich erinnere an einen anderen Streitfall des Paulus mit seiner Korinther Gemeinde. Es ging da­bei um Missstände bei der Feier des Abendmahls, die er schonungslos anprangerte. Es wur­­­de in der Frühzeit ja ein richtiges gemeinsames Abendessen veranstaltet, zu dem jeder nach sei­nen finanziellen Möglichkeiten beitrug. Und, so meinte Paulus, es kann nicht an­ge­hen, dass dabei die einen hungrig vom Tisch aufstehen und die anderen sich den Bauch voll­­schla­gen. Diese Mahnung richtet sich klar und entschieden gegen eine religiöse Ge­fühls­kul­tur ohne die richtige Lebenspraxis.
Schwachheit und Leiden, Krankheit und Not ertragen, heißt nicht, die Hände in den Schoß legen, wie es die Gurus in Korinth handhabten. Religiöse Ekstasen statt tätiger Nächs­ten­lie­be. Am Sonntag Reisen ins Paradies und unter der Woche Teilnahmslosigkeit.
Die Starken sind gefragt, wenn es darum geht, die Zustände zu ändern, die andere schwach machen.
Die Starken müssen sich fragen lassen, ob sie genügend tun, um Leiden zu lindern.
Die Starken erinnert die Jahreslosung an ihre Verantwortung.
365 Tage lang.
Und die Schwachen? Können sie Trost aus ihr gewinnen?
Ja – so glaube ich – wenn wir sie ein wenig umformulieren. Gottes Kraft ist in der Schwach­heit mächtig. Als theologische Aussage des Paulus haben wir diesen Satz durchleuchtet. Aber wenn wir ihn auf unser Leben anwenden wollen, muss daraus ein Gebet werden:
Wir setzen unsere Hoffnung darein, dass Gott in uns mächtig wird, wenn wir schwach sind. Er wird dies tun, weil er im Kind in der Krippe und im Mann am Kreuz unsere Schwachheit geteilt hat.
Darum können wir alle – die Starken und die Schwachen, die Mutigen und die Niedergeschlagenen, die Erfolgreichen und die auf der Strecke Gebliebenen, die Frommen und die Zweifler, die in der Nächstenliebe Tätigen und die Trägen, darum können wir alle singen:
Wenn mir am allerbängsten
Wird um das Herze sein,
So reiß mich aus den Ängsten
Kraft deiner Angst und Pein.
AMEN
Predigt im Jahresschlussgottesdienst 2011

Dr. Gudrun Kuhn, Ältestenpredigerin, Nürnberg
2. Korinther 12,9

Meditationen, Auslegung, Predigt zur Jahreslosung 2012 auf reformiert-info