Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 40 bis 43

Predigt von Pfarrer Martin Sommer, Elztal-Neckarburken

Warum Jesus sterben musste

Frage 40: Warum hat Christus den Tod erleiden müssen? Um der Gerechtigkeit / und Wahrheit Gottes willen / konnte für unsere Sünde / nicht anders bezahlt werden / als durch den Tod des Sohnes Gottes.

Frage 41: Warum ist er begraben worden? Damit wird bezeugt, / dass er wirklich gestorben ist.

Frage 42: Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist? Unser Tod / ist nicht eine Bezahlung für unsere Sünde, / sondern nur ein Absterben der Sünden / und Eingang zum ewigen Leben.

Frage 43: Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz? Durch die Kraft Christi wird unser alter Mensch / mit ihm gekreuzigt, getötet und begraben, / damit die Sünde uns nicht mehr beherrscht, / sondern wir uns ihm / zu einem lebendigen Dankopfer hingeben.

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn wir über die Höhen des Odenwalds wandern, kommen wir ab und zu an einem dieser Gedenkkreuze vorbei, die fromme Menschen in früheren Zeiten errichtet haben. Wir finden diese Wegkreuze überall in Deutschland. Sie sind mal aus Holz, mal aus Stein. Manche werden regelmäßig mit Blumen geschmückt und mit Kerzen. Sie halten auch nach Ostern die Erinnerung wach an die Tage der Passion, des Gedenkens an Sterben und Tod Jesu.

Menschen haben diese Kreuze aufgerichtet. Dank für wunderbare Bewahrung drücken sie aus, manchmal aber auch die Erinnerung an schreckliche Schicksale: Krankheit, Pest, ein Blitzschlag. Und dann sind da die Kreuze auf den Kriegerdenkmälern, die Soldatenfriedhöfe in der Nähe großer Kriegsschauplätze. Das Kreuz ist zum Inbegriff schrecklicher Schicksale geworden. In ihm versammeln sich die leidvollen Erfahrungen von Generationen. Ich wollte auf diese Kreuze nicht verzichten. Sie halten die Schmerzspitzen des Lebens im Gedächtnis – im Gedächtnis einer Menschheit, die sich zum Leben berufen sieht, an Schöpfung und Auferstehung glaubt; und nicht zuletzt auch im Gedächtnis vor Gott.

II

Warum hat Jesus den Tod erleiden müssen. Ich möchte die Frage zunächst einmal so herum stellen: Was wäre, wenn Jesus dem Tod aus dem Weg gegangen wäre.

Diese Möglichkeit wird ja durchaus angedeutet in der Heiligen Schrift. Da ist die Rede von Henoch, einem frommen Mann, der Gott so nahe, ans Herz gewachsen war, dass er den Tod nicht sehen sollte: Gott habe ihn ohne Todeskampf zu sich entrückt.
Da ist die Erzählung vom Propheten Elia, von dem es hieß, er habe sein Erdendasein noch nicht vollendet; er werde am Ende der Tage wieder kommen, nachdem er – gewissermaßen Raum und Zeit überspringend – auf feurigem Wagen zum Himmel aufgefahren ist.

Das alles wird noch überboten von apokryphen Phantasien, wie sie sich etwa niedergeschlagen haben bei Nikos Kazantzakis und Martin Scorcese in jenem berühmten Filmepos die letzte Versuchung Christi. Aber auch in Spekulationen und angeblich geheimen Berichten, nach denen Jesus gar nicht tot gewesen sei, von Maria oder den Jüngern gesund gepflegt und dann nach Indien gegangen.

Letztes Jahr zu Ostern hat eines der Nachrichtenmagazine wieder neu diese These beleuchtet; kritisch allerdings. Immerhin gibt es irgendwo in Kaschmir ein sogenanntes „Grab Jesu“, auf das in diesem Zusammenhang verwiesen wird. So viel scheint sicher zu sein: Wäre Jesus tatsächlich nicht gestorben, sondern vom Kreuz herab gestiegen, dann hätte er nicht in Palästina bleiben können: Es kann nur geheim abgelaufen sein, im Untergrund. Stellen sie sich das einmal vor, er wäre wieder im Leben erschienen. Es hätte einen widerstreit der Diskussionen und der Deutungen ausgelöst. Und irgendwann wäre dieses triumphierende Gefühl bei seinen Anhängern aufgekommen, das immer im Gegenzug einen Verlierer hervorbringt, einen Widerspruch auslöst. „Haben wir nicht doch von Anfang an schon Recht gehabt!?“ Selbst wenn es im sanften Ton der Bergpredigt und der Seligpreisungen vorgetragen würde, irgendwann hätte es wieder zu Rechthaberei und Besserwisserei geführt. So ist es eben im Leben.

Schon allein aus diesem Grund musste Jesus wirklich sterben.
Nicht nur, weil eine Rettung des Gottessohnes für all jene zynisch gewesen wäre, die nun tatsächlich unter willkürlichen Mächten gelitten und in jungen, allzu jungen Jahren dem Tod zum Opfer gefallen sind.
Nicht nur weil sein Entwischen all jenen die Solidarität Gottes entzogen hätte, die als 20 und 30jährige auf Geheiß von Kaisern, Zaren und anonymen Machtapparaten in den Kriegen dieser Welt gestorben sind.
Nicht nur weil es wie Zauberei klingen würde, wenn einer dem unentrinnbaren Schicksal eines Gezeichneten entkommt und sich dem Henker entzieht.
Auch weil es – vor Gott – überhaupt nichts gebracht hätte; weil ein Überlebender schlicht „normal“ ist; und ein Überleben immer möglich. Nein, viel härter trifft es jene, die eben nicht entkommen konnten, die nicht in letzter Minute gerettet werden wie in den meisten unserer Filme mit Happy End.

Ich möchte es anders herum sagen, und mich damit die Frage „Warum musste Jesus sterben?“ wieder vom Kopf auf die Füße stellen: Wäre Jesus nicht wirklich gestorben, wäre er nicht Jesus: Nicht der Jesus von Gott, nicht Gott. Darin liegt gerade der Sinn seiner Geschichte, dass Gott in der absurdesten Absurdität eines Lebens ist: Wo es überhaupt keine Würde, keinen Inhalt, und schon gar kein glückliches Ende gibt. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“, heißt es im Märchen. Jesu Leben war kein Märchen. Jesu Tod war schlimm.

III

Also kann man sagen: Jesus musste sterben?
In diesem Sinne auf jeden Fall: Es musste, ein einziges Mal zumindest, ein Mensch so weit gehen, das er sich nicht dem Tod entzieht. Dass er sich nicht zurück zieht, obwohl er hätte ausbrechen können; obwohl es für ihn nicht zwangsläufig darauf hinaus gelaufen wäre.

Wir haben heute ja „zwangsläufig“ keine Todesstrafe mehr.
Wir kennen die Logik nicht, dass ein Mensch für Sünden stirbt.
Zumindest nicht durch die Hand anderer Menschen!
Deshalb fällt es uns schwer, in die Logik einzusteigen, auf welcher der Heidelberger Katechismus argumentiert.
Wir kennen andere Zwangsläufigkeiten:
Wer raucht, stirbt früher.
Wer zu viel Alkohol konsumiert, muss mit Leberzirrhose rechnen.
Wer Haschisch raucht, kann impotent werden;
wer zu schnell fährt, gefährdet nicht nur sein eigenes Leben.
Wer sich zum Wehrdienst meldet, muss damit rechnen, dass er in Afghanistan stirbt.
Das sind die Zwangsläufigkeiten unserer Zeit.
Aber ohne Regelverletzung, ohne Bußgeldkatalog:
Kann man sagen, dass Gott den Tod eines Menschen will?
Braucht es diese Bezahlung für die Sünde?
Der Heidelberger Katechismus stützt sich auf einen Vers aus dem Hebräerbrief:
Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er's gleichermaßen angenommen, damit er durch seinen Tod die Macht nähme dem, der Gewalt über den Tod hatte, nämlich dem Teufel, und die erlöste, die durch Furcht vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein mussten.
Das sind Worte der archaischen Opferlogik.
Uns zunächst einmal vollkommen fremd
transportieren sie ein schwieriges Gottesbild.
Und die Theologen vieler Jahrhunderte haben sich damit abgequält,
diese Logik auf die Reihe zu bringen; nicht zuletzt
haben sie dabei der biblischen Rede von Gott
das Kainsmal eingeprägt: Als wäre Gott
ein Kindermörder, einer, der
den Tod will.

Immanuel Kant war es, kein geringerer als der große Königsberger Philosoph:
Er hat Generationen von Theologen
mit geprägt, die den Protest geteilt haben
gegen diese unmoralische Seite im Gottesbild.
Der Philosoph als Vater der liberalen Theologie:
„Ein Mensch kann nicht für andere bezahlen.
Kein Mensch kann für andere die Last der Pflichtverletzung tragen.
Schuldübernahme, das geht nicht.“
Da ging Jahrhunderte lang eine Kluft durch die Kirche.
Die einen haben protestiert gegen diese unmoralischen Züge im Gottesbild,
und waren bereit auf die Logik des Opfers ganz zu verzichten:
Um der christlichen, göttlichen
Nächsten-Liebe willen.

Andere haben gemeint, der Opfertod Jesu sei so mit dem Glauben verbunden,
dass sie daran festgehalten und all die berechtigte Kritik ignoriert haben.
Begreifen haben sie trotzdem nicht können, warum
ein Vater seinen Sohn in den Tod schickt.
Sie lösten nicht den Widerspruch
menschlicher Züge und
Gefühle in diesem
Gottesbild.

Ich vermute, dass wir uns hier auf einen Scheinkonflikt verlegt haben,
gewissermaßen reingefallen sind auf ein
Scheinproblem der religiösen Vernunft.
Ich vermute, dass wir uns viel zu sehr in Denksystemen verheddert haben,
die keinen Anhaltspunkt in der Bibel haben. Es ist eben nicht so,
dass es in Gottes Gefühlshaushalt eine Notwendigkeit gibt.
Es ist eben gerade nicht so, dass dieses
„Jesus musste sterben“ in Gott gründet.
Es ist eine rein menschliche Notwendigkeit;
eine zwingende allerdings.

Denn tatsächlich
wäre Jesus dem Tod ausgewichen: er wäre nicht Gott.
Wir hätten in ihm niemals den gesehen, der er für uns heute ist.
Er wäre ein genialer Religionsstifter,
ein Mahatma, ein erhabener vielleicht:
Aber als solcher auch nur eine umstrittene Person der Weltgeschichte.
Wie Mahatma Gandhi umstritten gewesen ist:
weil er zwar die Bergpredigt hoch hielt,
aber letztlich doch darauf aus gewesen ist, die Engländer zu blamieren.
Mit der Scham zu spielen; in Indien ist er fast schon vergessen:
Wir wissen, wie wenig gewaltlos das Land heute ist.

IV

„In vollkommenem Schweigen rückten Gandhis Männer vor und machten etwa hundert
Meter vor den Absperrungen halt. Eine ausgewählte Kolonne löste sich aus der Menge,
durchwatete die Wassergräben und näherte sich den Stacheldrahtverhauen. (…) Auf ein
Kommandowort stürzten sich plötzlich eine große Meute einheimischer Polizisten auf die
vorrückenden Marschierer und ein Hagel von Schlägen, ausgeteilt mit stahlbeschlagenen
Lathis (Schlagstöcken) ging auf ihre Köpfe nieder. Nicht ein einziger Marschierer erhob
auch nur einen Arm, um die Schläge abzuwehren. Wie umgestürzte Kegel fielen sie zu
Boden. Von dort aus, wo ich stand, konnte ich das Übelkeit erregende Aufkrachen der
Knüppel auf ungeschützte Schädeldecken hören. Die wartende Menge stöhnte und sog bei
jedem Schlag in nachempfundenem Schmerz scharf die Luft ein. Diejenigen, die
niedergeschlagen wurden, fielen gleich zu Boden, bewusstlos oder sich windend, mit
gebrochenen Schädeldecken oder Schultergelenken. (…) Die bisher verschont Gebliebenen
marschierten; ohne aus ihren Reihen auszubrechen, still und verbissen vorwärts, bis auch
sie niedergemacht wurden. Sie schritten gleichmäßig voran, mit erhobenen Köpfen, ohne
die Aufmunterung durch Musik oder anfeuernde Rufe und ohne dass ihnen die Möglichkeit
gelassen wurde, schweren Verletzungen oder dem Tod zu entgehen. Die Polizei machte
weitere Ausfälle und schlug auch die zweite Marschkolonne nieder. Es gab keinen Kampf,
keine Handgreiflichkeiten; die Marschierer schritten einfach weiter vorwärts, bis auch sie
niedergeschlagen wurden (…)”

Das war der Bericht vom legendären Salzmarsch Mahatma Gandhis im Jahr 1930.
Was für ihn dahinter stand, hat Mahatma Gandhi in seiner Ankündigung an den britischen Vizekönig formuliert:

„Lieber Freund“, so hatte er geschrieben:
„Ich halte die englische Herrschaft für einen Fluch (...)
Ich beabsichtige nicht, auch nur einem Engländer ein Leid zuzufügen oder ihn
in einem legitimen Interesse zu beeinträchtigen, das er hier in Indien verfolgen mag (...)
Mein Ehrgeiz besteht in nichts Geringerem als darin,
das englische Volk durch Gewaltlosigkeit zu bekehren
und zu der Erkenntnis zu führen, welches Unrecht es Indien angetan hat.
Ich beabsichtige nicht, verletzend zu Ihrem Volk zu sein.
Vielmehr möchte ich ihm ebenso
dienen wie meinem eigenen (...)"

Verstehen Sie: diese Worte sprechen von einer inneren Logik,
von einer Zwangsläufigkeit, die ungeheuer
erfolgreich gewesen ist:
Und doch arbeiten sie damit, dass der Gegner
beschämt wird, oder blamiert;
in der internationalen Presse vorgeführt.
Und diese innere Logik trägt den Samen
neuer Abwehr in sich, ist
arbeitet letztendlich nicht offen,
aber doch mit Gewalt: subtil.

V

Ich glaube, dass wir die Lösung im letzten Absatz unseres heutigen Ausschnittes finden:
Da scheint es ein wenig willkürlich, dass auch noch von Dankbarkeit die Rede ist.
Und der Heidelberger Katechismus schafft es in diesen Sätzen überhaupt nicht,
den Eindruck zu vermeiden, er rede wie eine Mama, die dem Kind sagt:
Jetzt reich der Oma mal die Hand und sag brav „Dankeschön!“
„Jetzt falte mal die Hände und sag dem Heiland Dankeschön,
dass er dich so von aller Sünde erlöst und deine Schuld bezahlt.“

Mit persönlich erschien die Erwähnung von Dankbarkeit an dieser Stelle immer schon wie eine Pflichtübung. Ich weiß aber, dass die Dankbarkeit der Grundtenor ist, welcher den gesamten Heidelberger Katechismus durchzieht. Und das ermutigt mich, an dieser Stelle einmal den Text von hinten aufzurollen:

Die Notwendigkeit, von welcher die Tradition der Kirche spricht;
die Zwangsläufigkeit, die im Tod Jesu liegt;
die Antwort auf die Frage „Warum musste Jesus eigentlich sterben“
liegt gerade nicht in diesen Spekulationen über einen unnahbaren, zornigen Gott,
sondern die Zwangsläufigkeit, welcher der Tod Jesu entspringt
ist gerade in diesem Wörtchen Dankbarkeit begründet.

Ich bin dankbar, dass ich frei geschaffen bin.
Ich bin dankbar, dass Gott sein Geschöpf;
dass er mich über alle Maßen liebt.
Ich bin dankbar für die Blumen und die Sonne,
dankbar auch für die Kälte und den Schnee, welcher die Erde zu neuer Kraft reifen lässt.
Ich bin dankbar für die Freunde und für die Liebe.
Ich bin dankbar für jeden, der sich an mich verschwendet:
Meine Eltern, meine Kinder, meine Freunde, die mir Tage und Stunden des Lebens widmen.
Ich bin dankbar für die Menschen, die Meere und Kontinente,
dankbar für die Liebe, die mich atmen lässt und am Leben erhält.
Wie sollte ich für diese Dankbarkeit nicht leben;
mich ihr hingeben!?
mein Leben einsetzen
einstimmen ins Gotteslob!?
Wie könnte ich da irgend Etwas,
irgend Jemanden beleidigen,
bevormunden, beschneiden!?

Das war das Lebenselement,
das war die Provokation Jesu;
das war es letztendlich wofür er sich eingesetzt,
wozu er durch’s Land gezogen ist -
Das war es, weshalb man ihn beschuldigt,
wofür man ihn beneidet hat
und gegen ihn intrigiert.
er hat sich beeindrucken lassen
von dem Bild eine mürrischen, missmutigen Gottes,
der den Menschen alles Mögliche nimmt und neidet.
Deshalb ist es mir wert, sogar seinen Tod im Gedächtnis zu behalten.
Denn dieser Tod war so etwas wie das Siegel des Lebens.

Gemessen und gemünzt in einer solchen Dankbarkeit, dass er
im Geben und Nehmen für andere da gewesen –
und gerade im da Sein ganz bei sich selbst geblieben ist;
seinem Lebenselixier,
seinem Glauben treu und seiner inneren Mission:
Sein Leben zu empfangen, zu erhalten und zu verschwenden.
Dass darin der Tod eingeschlossen war -
nun, das steht uns allen bevor.
Aber dank seiner
weiß ich, er ist
nicht Alles.
Amen.

Predigt gehalten in den Gottesdiensten an Judika (17.3.2013) in Mosbach-Waldstadt und Palmarum (24.3.2013) in Neckarburken.