Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 3 und 5 und 8

Predigt von Pastor Klaus Bröhenhorst, Hildesheim

"Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?"

Frage 3

Woher erkennst du dein Elend?

Aus dem Gesetz Gottes.

Frage 5

Kannst du das alles vollkommen halten?

Nein,
denn ich bin von Natur geneigt,
Gott und meinen Nächsten zu hassen.

Frage 8

Sind wir aber so böse und verkehrt,
dass wir ganz und gar unfähig sind zu 
irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

Ja,
es sei denn,
dass wir durch den Geist Gottes
wiedergeboren werden.
 

Liebe Gemeinde
... oder ist das jetzt schon die falsche Anrede? Müsste ich sagen: "Böse Gemeinde"... oder wenn nicht so platt und direkt: "böse Gemeinde", so doch "Gemeinde, die zu allem Bösen geneigt ist"? Wäre das die korrekte Anrede heute? Müsste ich nicht "Du, Du" machen und Sie, bevor Sie noch "piep" sagen können, über die Abgründigkeit, die in Ihnen schlummert, aufklären? Wäre das nicht meines Amtes? Also heute nicht: "Liebe Gemeinde", sondern "Böse Gemeinde"? Will ich aber nicht. Nein, will ich nicht. Ich will anders anfangen. Auch der Heidelberger Katechismus fängt ja anders an. Er fängt mit der Frage nach dem einzigen Trost im Leben und im Sterben an und hält diese Frage für zuversichtlich beantwortbar. So geht´s los. Und dann kommt erst dies Zweite. Erst dann. Aber muss das kommen? Und muss das, nur weil es im 16. Jahrhundert kam, auch heute noch kommen? Nimmt das nicht etwas weg von Dir, was ein hohes Gut in Deinem Leben ist, nämlich: die Unbefangenheit, die Unbefangenheit zu Dir selbst, die Unbefangenheit zu anderen, auch die Unbefangenheit zum Guten? Zu Recht kannst du meinen, dass das ja wohl ganz schrecklich sei, dass an Dir, der du ja nicht aus Deiner Haut kannst, dass an Dir kein gutes Haar gelassen wird... und Du darum in Deiner Natur... von Natur aus geneigt, Gott und deinen Nächsten zu hassen... Du in deiner Natur nicht zu Hause sein kannst... Kann man überhaupt so leben, ohne nicht sogleich zum größten Miesepeter unter diesem Himmel zu werden? Denn wer kann schon aus seiner Haut? Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen. Ganz der Vater, ganz die Mutter. Und wenn weder das eine noch das andere deutlich auszumachen ist, gilt der Spruch meiner Tante Lotte: die Kinder geraten nach den Paten. Ist doch so. Und: ist doch ganz schön... ist doch - unter der Voraussetzung, dass nichts Seelenverletztendes und Lebenzertörendes in deinem Leben passiert ist - ist doch ganz schön, wenn man (nach dem pubertären: Lasst mich alle in Ruhe!) wenn man dann wieder zu seinen eigenen Wurzeln stehen kann und es vielleicht nicht nur von dritten hört, sondern zu sich selber sagen kann: Das sieht mir ähnlich. In der letzten Woche traf ich eine Klassenkameradin aus der Grundschule wieder... Volksschule, hießt das damals noch. Wir hatten die Klassen 1 bis 4 gemeinsam bestritten und ebenso drei Jahre Konfirmandenunterricht. Wieviel da wiederkam im gemeinsamen Gespräch: Namen, Ereignisse, alter Ärger, alte Lustigkeiten... das war herrlich... herrlich auch mit oder trotz dem, was inzwischen an Lebensverlusten eingetreten war (deine Eltern - leben die noch? Nein, meine auch nicht mehr)... dennoch: auch bei dem, was da an Kummer zwischen den Zeilen anklang: in gemeinsamer Entdeckerfreude wurde der Weg deutlich, den jene alte Klassenkameradin wie auch ich gegangen waren... der je eigene Weg... der aber im Miteinander verständlich gemacht werden konnte und der tatsächlich auch auf ein Verstehen traf... und das hat was, nicht wahr... wenn Sie solche Treffen kennen... das hat was an Vergewisserung... ja: noch mehr: an Heimat... Aber: tief problematisch, wie wir von Natur aus sind (so jedenfalls unser Katechismus)... darf das überhaupt schön sein? Gehört sich das christlich? Oder macht das die Rechnung ohne den Wirt? Müssen wir, anstatt uns herzlich zu begrüßen oder gar zu umarmen, müssen wir an unsere Brust klopfen: Mea culpa, mea maxima culpa? Meine Schuld, meine übergroße Schuld? Haben wir uns stets vor Augen zu halten, was Pastor Paul Schneider in seiner letzten Predigt zum Ausdruck brachte, nämlich: die Gottvergessenheit der Zeit, dass Gottes Gericht, Gott als Richter ganz vergessen ist und darum nur ein böses Erwachen auf alle warten kann? Paul Schneider am 3. Oktober 1937: Wehe einem ganzen Geschlecht, von dem nichts weiter mehr zu sagen ist als von dem Geschlecht zu Noahs Zeiten: Sie aßen, sie tranken, sie freiten und ließen sich freien! Wehe!
Leben wir illusionär? Machen wir die Rechnung ohne den Wirt? Gleichen wir der Kapelle auf der Titanic? Jener Kapelle, die vermutlich bis zum Ende zeitgenössische Tanzmusik gespielt hat, damit keine Panik aufkam... jener Kapelle, die bei Laune hielt, solange es ging, und die, wenn sie tatsächlich doch einen Choral am Ende der Reise gespielt haben sollte, die der Tragik dieses Untergangs zwar noch eine religiöse Note gab, aber auf diese Weise auch nichts mehr hatte retten können? Woher erkennst du dein Elend? Seltsame Frage! Welches Elend? Ist doch alles in Ordnung mit mir! Und mit dir auch! Oder? Ich bin o.k. - du bist o.k. Oder? Oder etwa nicht? Klar: so 100 Prozent o.k. - wer ist das schon? Aber: Ich bin o.k. - du bist o.k.... ist doch viel besser als das, was man auch noch sagen könnte. Z.B.: ich bin okay - du bist nicht okay... was ja heißt: Ich zeige dir, wo´s lang geht, du Böser, jetzt sei mal ganz Ohr... und sonst: Schnauze! Ruhe im Karton! gibt´s... gab´s zumindest... gab´s auch bei Predigern. Kennen Sie, nicht wahr? Kann natürlich auch alles umgekehrt gelagert sein: du bist zwar okay - ich aber nicht... was ja heißt: Du musst mich jetzt ganz lieb haben; tu mir nichts, dann tu ich dir auch nichts; denn im Grunde habe ich Angst vor dir... darum bin ich immer so nett... gab´s auch... gibt´s vielleicht immer noch... und schließlich als dritte Möglichkeit: wir sind beide nicht okay, wir beide nicht, wir können uns nur aneinanderklammern wie Ertrinkende, können nur den alten Sozialarbeiterwitz auffrischen: Ich weiß auch nicht, wo´s zum Bahnhof geht, aber gut, dass wir drüber gesprochen haben! Ich bin o.k. - du bist o.k., klingt da doch viel besser, viel entwicklungsfreudiger. Lass uns was zusammen tun. Gemeinsam sind wir stark. Woher erkennst du dein Elend? Welches Elend? Seltsame Frage! Sicher - es ist nicht alles "Lobe den Herren" mit uns... nicht alles... Wir bieten Angriffsflächen. Wenn wir ein Gruppenbild von uns machten und dieses Bild mit eben dieser Frage in unseren Schaukasten hängen würden; da würden sich viele das Maul zerreißen, würden sagen: Wie sieht der denn aus? Oder die? Schon ´mal was vom Idealgewicht gehört? Vom Body-Mass-Index? Von einem gewissen Chic in der Kleidung? Ja, da könnten welche sehr bissig werden... von dem Ausspruch: Braun und blau ziert die Sau... bis zu der Frage: Schöne Zähne, gibt´s die auch in weiß? Wir bieten Angriffsflächen. Aber müssen wir deshalb erschrocken sein? So erschrocken, wie es unser Katechismus meint? Woher kennst du das Elend? Seltsame Frage. Abgründig. Meint offensichtlich nicht den Laufsteg des Lebens. Meint nicht die Figur, die du machst. Meint etwas, das dir fehlt. Etwas, das dir von Natur aus fehlt: Eine Zukunft bei Gott. Die fehlt dir. Von Natur aus. Vielleicht sagst Du: Ich protestiere. Das lasse ich mir nicht vorwerfen. Und das lasse ich auch nicht mit mir machen, dass mir so der Teppich unter den Füßen weggezogen wird. Ja, kann ich verstehen. Kann ich verstehen. Aber glaub mir - und ich will dir das auch zeigen - glaub mir: dir den Teppich unter den Füßen wegzuziehen, hat niemand vor. Und auch mit der Feststellung, du seist von Natur geneigt, Gott und den Nächsten zu hassen, mit dieser Feststellung ist kein letztes Wort über dich gesprochen. Kein letztes. Aber ein erstes. Ja, ein erstes schon. Ein reformatorisch erstes Wort. Ein Wort, das zurückreicht in die Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert. Ein Wort, das tatsächlich heute wohl kaum noch zu verstehen ist. Das kaum noch darin zu verstehen ist, dass es dich entlasten will... dass es dir sagen will: Was deine Geschichte mit Gott angeht, seine Geschichte mit dir... da übernimm dich nicht... da spiel nicht die idealistische Karte; denn so ideal bist du nicht... selbst in dem besten Leben; du bist nicht ideal.. und darum: übernimm dich nicht... Sie mögen sagen: das mit dem "hassen" das ist aber doch sehr hart, sehr schroff und menschen-abwertend. Kann man das noch nachsprechen?
Nun, zum Nachsprechen komme ich ganz am Schluss. Vorerst sage ich. Du musst das verstehen. 1563: Da wird scharf geschossen. Und es wird deshalb scharf geschossen, weil es sich um einen Gegenentwurf handelt, um einen Gegenentwurf gegen die römisch-katholische Lehre, die tatsächlich - und auf den ersten Blick viel menschenfreundlicher - die Ansicht vertrat: "hassen"? Was heißt hassen? In dir ist ein guter Anfang! Gewiss: nicht alles in dir ist gut, aber ein guter Kern ist da. Und jetzt mach das Beste draus. Versuch das. Wir helfen dir auch. Wenn Sie mir sagen: Was heißt hier katholische Lehre? Just das habe ich doch gerade letzte Woche noch in der evangelischen Kirche gehört, dann sage ich: Das bezweifel ich nicht. Das mag so gewesen sein. Ist aber nicht reformatorisch. Ernsthaft. Denn gegenüber diesem Ansatz mit dem guten Kern in Dir sagen alle Reformatoren: Holzweg! Irrweg! Vorsicht Falle! Geht so nicht, geht nicht; denn wenn wir ehrlich sind, ganz ehrlich, dann müssten wir trotz allem, worauf wir zum Guten ansprechbar sind, dennoch verzweifeln. Verzweifeln... Dieses Wort gebraucht Luther in seinem Lied "Nun freut euch, lieben Christen g´mein": Die Angst mich zu verzweifeln trieb, / dass nichts denn Sterben bei mir blieb, / zur Höllen musst ich sinken. Hat er so erlebt, Luther. Hat auch seine reformatorische Erkenntnis so beschrieben: Dass er auf diesem Weg... du hast einen guten Kern ¬und jetzt mach das Beste draus... dass er auf diesem Weg nicht weiterkam... "zur Höllen musst ich sinken"... bis, so erzählt er, bis Gott sich meiner erbarmte und ich begriff, was das heißt: Dass der Gerechte aus Glauben, und zwar allein aus Glauben lebt... da fühlte ich mich wie ganz und gar neu geboren. Luthers sogenanntes Turmerlebnis... von ihm selbst erzählt 1545: ganz und gar neu geboren... es sei denn, dass wir durch den Geist Gottes wiedergeboren werden... Heidelberger Katechismus 1563. Reformatorische Erkenntnis: Wenn du zwischen Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf herausgezogen haben will, und zwischen dem verlorenen Schaf, das wiedergefunden werden muss vom guten Hirten - wenn du zwischen diesen beiden wählen willst, sollst, musst, dann wähl das verlorene Schaf. Oder in der Sprache der Geburt: geboren werden - das kannst du nicht machen. Das musst auch du nicht machen. Damit würdest du dich übernehmen. Und just so ist es auch mit dir und Gott. Ein selbstmächtiger Aufbruch zu Gott kann Ihn nur verfehlen. Wohl dir, dass Er dich schon gefunden und erworben und gewonnen in Christus. übernimm dich nicht... Ich will noch etwas ergänzen. Ich muss das. Denn wie - bitte schön - ist das denn jetzt mit der Unbefangenheit? Darf die sein? Vitalität, Lebensfreude, fröhliches Dasein im Hier und Jetzt - ist das alles mit einem Fragezeichen zu versehen? Ich denke, für unsere Urgroßväter im Glauben war das tatsächlich so; für die gab es da ein großes Fragezeichen. Denken Sie etwa an die Zeile aus dem Paul-Gerhardt-Lied: "Ist Gott für mich, so trete"; die Zeile: An mir und meinem Leben ist nichts auf dieser Erd... nichts!... an mir und meinem Leben ist nichts auf dieser Erd... habe ich in den letzten 25 Jahren bestimmt nicht mehr singen lassen. Ist einfach zu missverständlich. Aber ich ahne etwas, ich ahne eine Aufgabe, die uns gestellt ist; nämlich: ein Gespür dafür zu entwickeln, dass aus uns gegönnter Unbefangenheit nicht gottvergessene Unbedarftheit wird. Diese Aufgabe ist uns gestellt; denn dass der Sinn des Lebens schon das Leben selbst sei, wie Goethe das einmal gesagt hat... nein, das denke ich nicht. Aber ein Gleichnis ist das Leben schon. Ein Gleichnis ist die Güte des Lebens schon. Ein Gleichnis für Gott, der seine Sonne aufgehen lässt über Böse und Gute. Darum: mag der Weg, der zum Heil führt, wohl schmal sein - er liegt nicht abseits der Breite des Lebens, sondern geht mitten durch sie hindurch. In meinem Katechismus, sollte ich je einen schreiben, in meinem Katechismus würden sich darum die Fragen 3, 5 und 8 aus dem Heidelberger anders anhören, nämlich so: Weshalb darfst du nicht nur atmen, sondern aufatmen?
Amen.

Predigt gehalten am 5. September 2010 in der Ev.-reformierten Kirchengemeinde Hildesheim