Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 21

Predigt von Pfarrerin Dr. Ilka Werner, Neuss

"... nicht allein anderen, sondern auch mir..."

Was ist wahrer Glaube?

Wahrer Glaube ist nicht allein
eine zuverlässige Erkenntnis,
durch welche ich alles für wahr halte,
was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat, 
sondern auch ein herzliches Vertrauen, 
welches der Heilige Geist durchs Evangelium in mir wirkt, 
dass nicht allein anderen, sondern auch mir
Vergebung der Sünden,
ewige Gerechtigkeit und Seligkeit
von Gott geschenkt ist, 
aus lauter Gnade,
allein um des Verdienstes Christi willen.

 

Lesung: Mt 15, 21-28: Die kanaanäische Frau


Liebe Gemeinde,

wir haben als Lesung von der Frau gehört, die Jesus dazu bringt, ihr zu helfen, auch, wenn er es anfangs gar nicht will.
Am Ende sagt er zu ihr: ‚Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst.’
‚Dein Glaube ist groß’. An anderer Stelle sagt er einmal: ‚Dein Glaube hat dir geholfen’. Oder er schimpft über die Jünger: ‚Ihr Kleingläubigen’. Oder er fragt: ‚Glaubst du das?’
Wenn ich in der Schule meine Schüler und Schülerinnen, meist am Anfang des Schuljahres, frage, was für ein Verhältnis zu Religion sie haben, dann sagen viele: ‚An Gott glaube ich schon, aber nicht so richtig’, oder: ‚nicht so wie die Kirche’, oder: ‚nur ein bisschen’, oder einfach: ‚irgendwas muss es ja da geben’.
Und mich hat letztens nach einem Vortrag jemand gefragt: ‚Glauben Sie eigentlich, was Sie da sagen?’ ‚Ja’, habe ich gesagt, ‚Ja, ich glaube das’, aber nachher habe ich überlegt, was das eigentlich genau bedeutet.
Was ist Glaube? Muss ich alles schlucken, was die Kirche, oder die Bibel sagt? Darf ich manches falsch finden? Oder altmodisch und überholt? Wie viel davon muss ich mindestens glauben? Was ist richtiger, was ist wahrer Glaube?

Ich nehme mal an, ab und zu stellen wir uns alle solche Fragen, in Gesprächen, im Nachdenken allein, im Gebet. Und die Antworten – zumindest die traditionellen – finden wir in Katechismen, diesen kleinen handlichen Lehrbüchern, die die Älteren von uns in ihrer Konfirmandenzeit auswendig lernen mussten. In einem von ihnen, im Heidelberger Katechismus, kommt diese Frage nach dem Glauben vor. Sie steht auch auf der Postkarte, die Sie zum Beginn des Gottesdienstes bekommen haben – oder hinten im Gesangbuch, wo fast der ganze Katechismus abgedruckt ist.
Ich lese Ihnen die Frage und die Antwort vor, und möchte dann mit Ihnen überlegen, was wir heute damit anfangen können.
„Was ist wahrer Glaube?
Wahrer Glaube ist nicht allein eine zuverlässige Erkenntnis, durch welche ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat, sondern auch ein herzliches Vertrauen, welches der Heilige Geist durchs Evangelium in mir wirkt, dass nicht allein anderen, sondern auch mir Vergebung der Sünden, ewige Gerechtigkeit und Seligkeit von Gott geschenkt ist, aus lauter Gnade, allein um des Verdienstes Christi willen.“

Zwei Worte sind fett gedruckt auf der Karte, Erkenntnis und Vertrauen. Gucken wir uns die also mal genauer an:
Wahrer Glaube, so heißt ist, ist eine zuverlässige Erkenntnis, durch welche ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat.
Also doch alles für wahr halten? Von Adam und Eva bis hin zu dem Buch mit den sieben Siegeln in der Offenbarung ganz hinten in der Bibel? Wortwörtlich?
Nein, wortwörtlich nicht, das würde wohl kaum jemandem von uns gelingen, wir sind schließlich Menschen des 21. Jahrhunderts und haben so viel gelernt durch unsere Wissenschaften, z.B. über die Entstehung der Welt und die Evolution, einfach sagen: Die Geschichte der Menschheit beginnt mit Adam und Eva, das geht kaum. Nein, darum geht es auch nicht: Die Erkenntnis soll uns dazu führen, alles für wahr zu halten, was Gott in seinem Wort geoffenbart hat. Und das, was geoffenbart ist, kann durchaus ein bisschen anders sein, als das, was da steht. In der Bibel steckt Gottes Wort im Menschenwort. Darum steht im Katechismus ‚Erkenntnis’. Glauben ist nicht einfach alles für wahr halten, sondern eine Erkenntnis, durch die wir alles Geoffenbarte für wahr halten. Und eine Erkenntnis ist das Ergebnis sorgfältigen, methodischen, ja wissenschaftlichen Nachdenkens.
Wie kriegen wir also raus, was in der Bibel Offenbarung, und was Geschichte ist? Darüber sind dicke Bücher geschrieben worden – wenn wir das erschöpfend behandeln wollten, würden wir drei Wochen hier sitzen -, aber mit drei einfachen Regeln kommt man schon ganz schön weit:
1. Wenn wir nicht wissen, wo in der Bibel die Offenbarung steckt, müssen wir sie überall vermuten. Darum lautet die erste Frage an jeden Text: ‚Was ist da Wahres dran?’ Wenn wir z.B. nicht daran glauben, dass Adam und Eva die ersten Menschen waren, kann uns die Frage ‚Was ist denn Wahres dran an dem Text?’ dazu führen zu erkennen, wer die Menschen im Verhältnis zu Gott und zueinander sind bzw. sein sollen, und was sie daraus gemacht haben. Sie sollen, so sagt die Schöpfungsgeschichte, Gottes Ebenbilder sein und einander zugewandt. Aber sie misstrauen Gottes Anordnungen, emanzipieren sich und treffen eigene Entscheidungen, die dazu führen, dass sie fern von Gott leben und untereinander Herrschaftsverhältnisse entstehen lassen. So gelesen, hat uns die Schöpfungsgeschichte eine Menge Wahres über das Menschsein zu verraten. Zuerst also fragen: ‚Was ist Wahres dran?’
2. Offenbarung, wenn sie von Gott her kommt, ist das, was wir uns nicht selber sagen können. Wenn wir sie suchen, müssen wir sie also da vermuten, wo uns Texte nicht sogleich einleuchten oder sogar gegen den Strich gehen. Wir fragen also: ‚Was stört mich auf?’ So stoßen wir z.B. auf das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, die von ihrem Arbeitgeber abends alle gleich viel, nämlich genug zum Leben bekommen, egal, wie lange sie gearbei-tet haben. Die meisten von uns können da nicht so ohne Weiteres mit, wir finden das erst mal ungerecht. Aber das Nachdenken darüber bringt uns auf die Spur des Gerechtigkeitsverständnisses, das Gott uns offenbart: offensichtlich ist es wichtiger, dass al-le genug haben, als dass jeder bekommt, was er verdient. Als zweites also fragen: ‚Was stört mich auf?’
3. Wenn es Offenbarung gibt, dann deshalb, weil Gott uns nicht nur geschaffen hat, sondern auch etwas mit uns zu tun haben will. Wenn wir sie suchen, dann also da, wo die Bibel an uns appelliert. Die dritte Frage lautet also: ‚Was will der Text von mir?’ bzw. ‚Was will Gott von mir?’. Wir finden in der Bibel Gebote, oder Gleichniserzählungen, die etwas von uns wollen, die uns Gottes Willen erkennen lassen. Und wir sollen das tun. Z.B. die 10 Gebote halten. Wenn wir fragen, was wir tun – oder lassen – sollen, erkennen wir dann oft, was daran Offenbarung ist – etwa, wenn wir uns um Gottes Gerechtigkeit bemühen und dafür sorgen, dass Menschen bekommen, was sie brauchen. Als drittes also fragen: ‚Was will Gott von mir?’

Drei Fragen also für die Erkenntnis dessen, was Gott offenbart hat: Was ist da Wahres dran? Was stört mich auf? Was will Gott von mir?
Das ist fast schon die Hälfte des Glaubens.
Fast? Was fehlt denn noch? Die Zuverlässigkeit der Erkenntnis: ich kann mich ja immer noch irren. Darum kommt der Austausch mit anderen, das darüber reden, das miteinander in der Bibel forschen dazu: die Gemeinde. Gemeinsam kommt man der zuverlässigen Erkenntnis näher. Gemeinsam kann man ehrlicher sein mit der Erkenntnis, gemeinsam kann man eigene Lieblingsideen entlarven. Gemeinsam gelingt zwar keine perfekte, aber eine bessere, zuverlässigere Erkenntnis.

Aber die Erkenntnis allein können wir nicht schon Glauben nennen. Sie ist erst das eine. Es muss das zweite dazukommen: Vertrauen.
In der Katechismus-Antwort heißt es: ‚Wahrer Glaube ist auch ein herzliches Vertrauen, welches der Heilige Geist durchs Evangelium in mir wirkt, dass nicht allein anderen, sondern auch mir alles von Gott geschenkt ist.’
‚Dass nicht allein anderen, sondern auch mir’: das ist das Entscheidende. Zum Glauben gehört das Vertrauen, dass die gute Botschaft mir gilt!
Erinnern wir uns noch einmal an die Lesung: Die fremde Frau, nicht Jüdin, erhofft von Jesus die Heilung ihrer Tochter, sie glaubt fest daran, dass er ihr helfen kann und wird. Aber er sagt: ‚Ich bin für dich nicht da’. Und sie? Sie gibt nicht auf, lässt sich nicht entmutigen, sie vertraut darauf, dass das nicht sein kann. Und sie überzeugt ihn. ‚Frau, dein Glaube ist groß’, sagt Jesus. Und heilt ihre Tochter, holt sie zurück ins Leben. Was groß ist an ihrem Glauben, das ist das Vertrauen darein, dass das, was sie erkannt hat – Jesus ist der, der helfen kann -, dass das auch ihr gilt.
‚Nicht allein anderen, sondern auch mir’.
Und wir wiederum, wenn wir ihre Geschichte hören oder lesen und vielleicht unsererseits denken, ‚Ach, für mich gilt das nicht’, oder: ‚Für mich ist der nicht gekommen’, wir werden durch die Vertrauensgeschichte dieser Frau in das Vertrauen hineingezogen, dürfen uns an ihr ein Beispiel nehmen: wie sie dürfen wir uns hineinglauben in die Geschichte Jesu. ‚Nicht allein anderen, sondern auch mir’.
Mit dem Vertrauen ist es anders als mit der Erkenntnis, das können wir nicht methodisch erwerben, nicht wissenschaftlich-denkend entstehen lassen. Das machen wir nicht. Das haben wir nicht in uns. Das entsteht nicht aus uns.
Das Vertrauen, so sagt der Katechismus, wirkt der heilige Geist in uns, durchs Evangelium, also etwa durch diese Geschichte der Frau aus Kanaan. Es kommt also von außen, von Gott, wird in uns hineingepflanzt und wächst dann in uns. Und verwandelt die Erkenntnis über Gottes Offenbarung in Glauben. Den Glauben nämlich, dass mir alles, was das Evangelium verspricht, also dass Jesus für mich zuständig ist, - klassisch gesagt: Vergebung der Sünden, ewige Gerechtigkeit und Seligkeit, - dass mir das aus lauter Gnade, ohne jede Gegenleistung meinerseits, geschenkt ist.

Soweit der Katechismus. Zwei Elemente hat der Glaube demnach: die Erkenntnis, die mir sagt, was ich glauben soll, und das Vertrauen, das macht, dass ich das, was ich erkannt habe, für mich glaube.
Und das scheint mir, auch wenn es vor bald 450 Jahren so geschrieben wurde, gar nicht so unmodern:
Dass die Erkenntnis dazugehört, antwortet auf unsere moderne Frage, ob man denn alles wörtlich einfach so glauben soll. Nein, wird deutlich, das soll man nicht, es braucht im Gegenteil eine Menge Gedankenarbeit, um das herauszufinden, was Inhalt des Glaubens sein soll. Unsere Fragen um das ‚Wieviel davon muss ich eigentlich glauben?’ gehören also in den Bereich der Erkenntnis. Da können wir zu Antworten kommen, vor allem im Gespräch miteinander in der Gemeinde, und auch in der theologischen Wissenschaft.
Um diese Erkenntnis aber in Glauben zu verwandeln, das spüren wir auch heute, dazu braucht es noch etwas, was wir eben nicht machen können, worüber wir nicht verfügen, was uns geschenkt werden muss und geschenkt wird vom Heiligen Geist, das Vertrauen, dass das, was zu erkennen ist, auch uns persönlich gilt. Dieses Vertrauen entdecken wir nicht im theologischen Seminar oder im Gesprächskreis, jedenfalls in der Regel nicht. Das kommt von Gott. Und wenn es kommt, wirkt es:
Denn das Vertrauen, das Gott es mit mir zu tun haben will, so, wie es die kanaanäische Frau hatte, dieses Vertrauen nimmt mir die Lebensängste und die Todesangst, es hebt die Distanz auf zwischen mir und Gott, die irgendwann einmal mit den ersten Menschen entstanden ist. Ohne diese Distanz kommt Gott uns ganz schön nah. Er verwandelt uns und macht, dass wir seinen Willen tun und seinen Verheißungen vertrauen.

Ob Glaube ‚groß’ ist oder ‚klein’ oder ‚wahr’, das liegt an diesem Vertrauen, das wir nicht in der Hand haben. Wir haben es also nicht in der Hand, den Glauben zu vergrößern oder richtiger zu machen. Und damit wird deutlich, dass wirklich alles Geschenk Gottes ist: Glaube wird nicht zum Werk, zur Leistung, zur Bedingung, wir müssen uns nicht an der Vergrößerung des Glaubens abarbeiten. Wir können uns um große Erkenntnis bemühen, das ja, aber der Glaube wird uns geschenkt, ganz und gar, und wenn wir es bekommen, dieses Vertrauen, dass Gottes Liebe nicht allein anderen, sondern auch mir gilt, dann vollendet sich die Erkenntnis, dass Gott uns alles schenken will.
Die Frau aus Kanaan hat Jesus erkannt als den Gott, der helfen kann, und hatte das Vertrauen, ihm diese Hilfe abzutrotzen, und als ihr Vertrauen erfüllt wurde, wusste sie, dass ihre Erkenntnis richtig war. So wie ihr, so geht es auch uns, denn der Heilige Geist verspricht: Nicht allein anderen, sondern auch uns. Amen.

Gehalten m 23., 29. und 30. Oktober 2011 in Neuss