Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 21

Predigt von Pastor Manfred Gerke, Stapelmoor

"Was ist wahrer Glaube?"

Wahrer Glaube ist nicht allein eine zuverlässige Erkenntnis,
durch welche ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat, 
sondern auch ein herzliches Vertrauen, welches der Heilige Geist durchs Evangelium in mir wirkt,
dass nicht allein anderen,sondern auch mir Vergebung der Sünden,
ewige Gerechtigkeit und Seligkeit von Gott geschenkt ist, 
aus lauter Gnade, allein um des Verdienstes Christi

Lesungstext: 1. Mose 15, 1-6
 

Liebe Gemeinde,
kommen Sie mit mir nach Heidelberg in die Heiliggeistkirche. Wir befinden uns im Jahr 1559. Die Gemeinde feiert Abendmahl. Der junge Hilfsprediger Wilhelm Klebitz hat den Kelch in der Hand und spricht die bekannten Worte: „Dieser Kelch ist das Neue Testament in seinem Blut …“
Da springt Tilman van Heshusen auf, Professor und Superintendent, entreißt ihm den Kelch. Wüste Beschimpfungen und Schmähungen. Die Feier platzt. Aufgewühlt, enttäuscht oder traurig – auf jeden Fall ohne Abendmahl – verlassen die Menschen das Gotteshaus. Der ganze Streit endet übrigens mit der Amtsenthebung der beiden Kontrahenten.
Vier Jahre später. Friedrich III. bestimmt die Geschicke der Kurpfalz. Er ist ein eifriger Anhänger der Reformation und leidet unter den Auseinandersetzungen der verschiedenen Lager. In einem Brief schreibt er: „… und erkennen Gott lob, dass wir Christen sind, auf Christi Namen getauft und nicht auf Zwingli, Calvin, Luther oder anderer, wie sie heißen mögen.“
Nach wiederholtem Konfessionswechsel, erst katholisch, dann lutherisch, dann wieder katholisch, wieder lutherisch, inzwischen eher reformiert, soll nun eine Klärung her, was zu glauben sei. Fried-rich III. beauftragt Zacharias Ursinus, einen noch jungen Professor, einen Katechismus zu entwerfen, um seinen Untertanen in Fragen des Glaubens und Lebens Klarheit zu schenken.
Studiert hatte Ursinus bei Melanchthon und Luther in Wittenberg, dazu war er vertraut mit Calvin und Bullinger, dem Nachfolger Zwinglis in Zürich. Also bestens geeignet, die Erkenntnisse der Re-formation grenzübergreifend in Frage und Antwort auf den Punkt zu bringen.
„Was ist wahrer Glaube?“ heißt es in Frage 21. Also ein Glaube, der zum Leben hilft, Mut macht, ansteckt. Konfirmanden der Kirchengemeinde Uelsen in der Grafschaft Bentheim sind mit einer ähnlichen Frage ausgeschwärmt und haben gefragt: „Was verstehen Sie unter Glauben?“
Als die Jugendlichen zurückkamen, waren sie erst einmal enttäuscht. Sie hatten viele Leute ange-sprochen, aber nur wenige waren bereit, Auskunft zu geben. Wenn überhaupt Antworten kamen, dann nur von denen, die sie kannten. Die Uelser sind nicht bestimmt nicht unfreundlich. Wie also kommt es, dass man im Allgemeinen nicht gern diese Frage beantwortet?
Sicher, weil Glaube und das, was man darüber denkt, etwas sehr Persönliches ist. Vielleicht war es auch manchen peinlich, darüber zu reden. Vielleicht konnten sie aber auch nichts über den Glauben sagen, weil das im Moment für sie kein Thema ist.
Wie dem auch sei, was hätten Sie geantwortet, wenn unsere Konfirmanden Sie gefragt hätten: „Was verstehen Sie unter Glauben?“ Hätten Sie auch den Kopf geschüttelt und lieber geschwiegen? Oder hätten Sie etwas gesagt, wie einige der Gefragten in Uelsen?
„Mein Glaube ist etwas, das mir durch eine Krise helfen kann.“ „Mein Glaube hat was mit Gottvertrauen zu tun.“ „Der Glaube gibt uns Richtlinien für unser Handeln.“ „Das kann ich schlecht erklä-ren. Glauben ist eine Gefühlssache.“ „Glaube ist etwas, was innen drin in einem Menschen geschieht, aber auch nach außen wirkt.“
Szenenwechsel. Auf dem Bahnsteig 17.10 Uhr. Es regnete. Ein Betrunkener mit einer Bierflasche wankt auf mich zu. Ich will mich abwenden, da tippt er mit seiner Flasche gegen meine Brust und fragt: „Glaubst du an Gott?“ Darauf bin ich nicht gefasst. Soll es ein Witz sein? Mir ist die Sache peinlich. Aber ich kann ihm nicht ausweichen. So sage ich unüberlegt, spontan: „.Ja.“ Ich will noch weiterreden, erwarte die Reaktion ‚Na, dann zeig ihn mir mal!’ Aber er sagt nur: „Mensch, hast du es gut!“
Erst in diesem Augenblick schaue ich ihn richtig an. Sein Gesicht ist müde, kaputt. Aber da ist eine Sehnsucht, eine Sehnsucht nach Glauben, glauben können, an Gott glauben können. Und vielleicht denkt er: Wenn ich das doch auch könnte: Glauben!
Ja, was ist wahrer Glaube? Schauen wir uns miteinander Frage 21 an: „Wahrer Glaube ist nicht allein eine zuverlässige Erkenntnis, durch welche ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat, sondern auch ein herzliches Vertrauen, welches der Heilige Geist durchs Evangelium in mir wirkt, dass nicht allein anderen, sondern auch mir Vergebung der Sünden, ewige Gerechtigkeit und Seligkeit von Gott geschenkt ist, aus lauter Gnade, allein um des Verdienstes Christi willen.“

Das klingt theoretisch und ein wenig kompliziert. Aber es ist ganz einfach. Glaube ist Kopf- und Bauchsache. Glaube schaltet den Verstand nicht ab. Und Glaube erfasst mein Herz – oder meinen Bauch. Ursinus benutzt drei Begriffe, die er in Wittenberg gelernt hat: Erkenntnis, Fürwahrhalten und Vertrauen.
Heute hat meine Schwester Pia dem Papa berichtet: „In der Religionsstunde hat der Lehrer von einem großen Wunder erzählt, das Jesus getan hat. Er hat den blinden Bartimäus geheilt. Einfach so. Das gibt es doch gar nicht!
Und in der Pause hat der Rene gesagt, dass sein Vater nur Sachen glaubt, die er sehen und verstehen kann. Sonst gibt es nichts, hat er gesagt. Wunder gibt es nur im Märchen. Unser Papa hat sich das alles ruhig angehört. Dann hat er gefragt: „Hast du vielleicht schon einmal deinen Verstand gesehen?“
„Nein“, hat Pia geantwortet und gelacht. „Den kann man doch nicht sehen! Keiner kann seinen Verstand sehen!“ „Dann hast du also keinen Verstand?“ „Natürlich habe ich einen!“, hat Pia ganz empört gerufen. „Siehst du“, hat der Papa gesagt, „da hast du schon einen Beweis dafür, dass es Sachen gibt, die man nicht sehen kann.“
„Na ja“, hat Pia gemeint, „das ist schon wahr. Aber deshalb verstehe ich trotzdem noch nicht, dass man zu jemanden einfach sagen kann: Du bist geheilt. Und schon kann er wieder sehen.“
„Es hat ja auch niemand behauptet, dass das jeder kann“, hat der Papa erklärt. „Jesus ist der Sohn Gottes und hat in der Kraft seines Vaters das Wunder gewirkt.“ „Na ja, aber trotzdem ...“ Meine Schwester kann ganz schön stur sein. Aber unser Papa hat viel Geduld.
Er hat sich hingesetzt, den Fernsehapparat eingeschaltet und gerufen: „Jens, bring mir doch mal die Mieze!“ Ich war ganz verwundert und bin gleich in die Küche gelaufen. Die Mieze ist mir schon entgegengekommen. Ich habe sie auf den Arm genommen und ins Zimmer getragen. Unser Papa hat sie auf seinen Schoß gesetzt. Und dann hat er einfach angefangen, mit der Mieze zu sprechen:
„Guck mal, liebe Mieze, was du da siehst, das geschieht gar nicht in unserem Zimmer. Das geschieht auch gar nicht jetzt. Das haben Leute mit einer Filmkamera vor ein paar Jahren in Amerika aufgenommen. In diesem Kasten dort sind viele Drähte. Irgendwie werden Bilder zuerst in Strahlen verwandelt, und dann werden sie wieder zurückverwandelt, in Bilder. Ganz genau weiß ich gar nicht, wie das funktioniert. Aber ich habe einen Freund, der weiß das. Vielleicht besucht er uns sogar einmal, dann kann er dir das alles ganz genau erklären. Dann kannst du für dich und deine Jungen auch einen solchen Apparat bauen. Einen Katzenfernsehapparat. Dann könnt ihr euch eure ei-genen Programme anschauen, sooft ihr Lust habt. Fein, nicht?“
Pia und ich waren zuerst ganz erstaunt. Dann musste ich laut lachen: „Aber Papa, das kann die Katze doch gar nicht! Sie versteht ja überhaupt nichts von dem, was du ihr eben erklärt hast. Und sie kann doch nie im Leben einen Fernsehapparat bauen!“ „Aber wieso denn nicht?!“
„Aber die Katze hat doch keinen Verstand!“, habe ich gelacht. „Du, das stimmt aber nicht! Unsere Mieze weiß ganz genau, wo Milch zu holen ist, wenn sie Durst hat. Die ist sogar sehr schlau. Das hast du selbst gesagt.“ Damit hat der Papa natürlich auch wieder Recht gehabt.
„Na ja“, hat Pia gesagt, „sie hat eben einen Katzenverstand, aber sie hat nicht einen solchen Verstand wie ein Mensch!“ „Siehst du“, hat Papa gerufen, „das ist es gerade, worauf es ankommt. Und jetzt denk doch einmal nach, warum wir nicht alles verstehen können, was dem lieben Gott möglich ist und was er alles machen kann!“ „Jetzt weiß ich, wie du es meinst! Natürlich können wir das nicht verstehen, sonst müssten wir ja denselben Verstand haben wie Gott!“, hat Pia gesagt.
„Siehst du, und den haben wir nicht! Aber dafür haben wir den Glauben. Mit ihm können wir die Werke Gottes sehen und manchmal sogar ein wenig begreifen. Es gibt einen Fernsehapparat, auch wenn die Katze nichts davon versteht. Und es gibt viele Dinge bei Gott, auch wenn wir nichts davon verstehen.
Mit einem menschlichen Verstand wäre die Katze keine Katze mehr, sondern sie wäre ein Mensch. Und mit einem göttlichen Verstand ...“ „Wäre der Mensch kein Mensch mehr, sondern Gott“, habe ich schnell zu Ende gesagt.
Jetzt waren wir beide zufrieden. Und wenn der Rene wieder sagt, dass sein kluger Papa nur glaubt, was er sehen und verstehen kann, dann erzähle ich ihm die Sache mit unserer Miezekatze und dem Fernsehapparat.
Klasse, dieser Vater! Er hat nicht nur eine Menge Geduld. Er versteht es auch, seinen Kindern zu erklären, was Glauben ist. Dabei schaltet er den Verstand nicht ab. Er argumentiert und erklärt sehr logisch – am Beispiel der Katze: ihren Katzenverstand, unseren Menschenverstand – und Gottes Verstand.
Lasst uns staunend aufschauen zu Gott, dessen Verstand so viel größer ist als unser Verstand und anstimmen Lied EG 506,1.2.5. ("Weiß ich , o Schöpfer, deine Macht, die Weisheit deiner Wege ...)

Was ist wahrer Glaube? Zum Glauben gehört das erkennen, begreifen und staunen. Nein, der Verstand wird nicht ausgeschaltet. Im Gegenteil, das hat jener Vater schön erklärt. Zum Glauben gehört nun aber auch „Vertrauen“. Denn wie sagte der Vater? Es gibt viele Dinge bei Gott, auch wenn wir nichts davon verstehen. Dafür haben wir den Glauben. Doch wie kommen wir zu solchem Glauben? Und wie können wir anderen dazu verhelfen? Unseren Kindern, Enkeln, Menschen, die uns lieb und wichtig sind? Gibt es ein Patentrezept?
„Herr Löw“, fragt der Reporter den Bundestrainer, „die Vorstellung Ihrer Mannschaft in der zweiten Halbzeit war eine taktische Meisterleistung. Wie ist es Ihnen gelungen, die Spieler so zu motivieren, dass sie trotz Rückstand nach der Pause derart befreit aufspielen konnten.“ So fragen wir gern nach dem Erfolgsrezept. Gibt es das auch den Glauben, das Glaubenkönnen? Nein, hier gibt es kein Patentrezept. Denn Glaube ist weder machbar noch erlernbar.
„Mit 15 Jahren“, erinnert sich Madeleine Delbrêl, „war ich strikt atheistisch und fand die Welt von Tag zu Tag absurder.“ Doch als sie mit sechzig starb, entdeckte man in ihr plötzlich das Modell eines Christen der Zukunft. Denn Madeleine Delbrêl brachte ganz unbefangen das ursprüngliche Evangelium in einer glaubenslosen Umgebung zum Leuchten, als Sozialarbeiterin in Ivry, der ersten kommunistisch verwalteten Stadt Frankreichs.
„Gott im 20. Jahrhundert war absurd“, notierte die Studentin Madeleine grimmig, „unvereinbar mit einer gesunden Vernunft, er war unerträglich, weil nicht unterzubringen.“ Intellektuell hochbegabt, beginnt sie bereits mit 16 Jahren auf der Sorbonne Philosophie und Sozialwissenschaften zu studieren.
Ihre kühle Selbstsicherheit kann sie ebenso wenig befriedigen wie die Bewunderung eines großen Freundeskreises, frühe Liebeserfahrungen und beachtliche Erfolge ihres dichterischen Talents. Sie glaubt zu wissen und fragt doch ständig weiter. Sie zerbricht sich den Kopf über den Sinn der menschlichen Existenz und der Weltgeschichte, dieser unheimlichen Farce, wie sie sagt. Am Ende kreist all ihr Grübeln um den unfassbaren Tod, der jedes Glück zerbricht, jedes Vertrauen in die Zukunft zerstört.
Als sie 20 ist, verabschiedet sie sich mit einem Schlag von dieser Traurigkeit. Niemand hat je erfahren, wie es zu der radikalen Kehrtwende kam. Vielleicht lag es daran, dass die von Gott und der Menschheit enttäuschte Atheistin nie aufhörte, nach einem Sinn zu fragen. Der Jemand, der den Sinn kannte, fiel wie ein Blitzstrahl in ihr Leben ein:
„Seitdem habe ich lesend und nachdenkend Gott gefunden. Aber betend habe ich geglaubt, dass Gott mich gefunden hat, dass er die lebendige Wahrheit ist, die man lieben kann, wie man eine Person liebt.“
Madeleine Delbrêl bringt es auf den Punkt: „Aber betend habe ich geglaubt, dass Gott mich gefunden hat.“ Sie hat nicht aufgehört, nach dem Sinn zu suchen. Und sie hat gebetet. Und mit einem Mal entdeckt, dass Gott sie gefunden hat – eine lebendige Wahrheit, die man lieben kann, wie man eine Person liebt.
Herzliches Vertrauen – das wirkt der Heilige Geist, Gottes Kraft, Gott in Aktion. Er schenkt uns Glauben. Sicher, es ist auch so ein bisschen wie beim Schwimmen lernen. Ich muss mich trauen, ins Wasser zu gehen. Ich muss mich trauen, die Bewegungen, die ich am Beckenrand gelernt habe, im Wasser zu machen, ganz ruhig. Und dann entdecke ich, wie das Wasser trägt, mich trägt. Und auf einmal kann ich schwimmen.
Martin Luther hat mal gesagt: „Glaube ist eine lebendige, verwegene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiss, dass er tausendmal dafür sterben würde. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen, das wirkt der Heilige Geist im Glauben.“ Statt „Vertrauen“ sagt Luther: „eine lebendige, verwegene Zuversicht“. Das wirkt der Heilige Geist. Das ist ein Geschenk, das mir zufällt. Ich kann es nicht aus eigener Kraft erzwingen.
Er schenkt mir dieses herzliche Vertrauen durchs Evangelium. Also, indem ich mir immer wieder vor Augen halte, was Jesus Christus gesagt und getan hat. Sein Leben. Sein Leiden. Sein Sterben und Auferstehen. Indem ich mir das vor Augen halte, hier im Gottesdienst oder wenn ich Zuhause in der Bibel lese oder das Kalenderblättchen.
Da kann Gottes Geist zum Zug kommen, mir das Herz öffnen, dass ich staune und begreife, wie lieb er mich hat: Vergebung der Sünde, ewige Gerechtigkeit und Seligkeit – das alles schenkt er mir, aus lauter Gnade, weil er mich liebt.
Das ist wahrer Glaube. Die reformatorische Erkenntnis schlechthin. Luther, Zwingli, Calvin – und wie sie alle heißen. Auch Ursinus und sein Heidelberger. Es ist wie wenn Weihnachten und Ostern und alle Glücksmomente aufeinander fallen. Aus lauter Gnade. Alles ein Geschenk.
Zwei eindrückliche Bilder stecken hinter dem neutestamentlichen Wort „glauben“. Wenn im Altertum eine Stadt erobert wurde, hat man ihre Bewohner getötet oder versklavt. Wenn die Einwohner sahen, dass sie dem Gegner nicht standzuhalten vermochten, konnten sie rechtzeitig kapitulieren; sie mussten dann vom Sieger geschont werden und wurden nicht zu rechtlosen Sklaven. Sie gehörten zwar dem Sieger, aber als Schutzbefohlene. So etwas nannte man „Selbstübergabe auf Treu und Glauben hin“.
Und genau das ist wahrer Glaube: sich Gott anvertrauen, als Schutzbefohlener anvertrauen. Dabei, wir merken, das Bild hinkt. Gott ist ja nicht unser Feind, der uns bedroht. Er will, dass wir leben, uns entfalten, in seiner Nähe unser Leben gelingt.
In seinem Brief an die Christengemeinde in Rom beschreibt Paulus Christus als unseren „Anwalt des Vertrauens“, „der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt“. Wie jemand seine Angelegenheiten einem Anwalt anvertraut, den er für fähig hält, sie erfolgreich zu vertreten, so ist Christus unser Anwalt bei Gott. Es geht dabei immerhin um „Vergebung der Sünden, ewige Gerechtigkeit und Seligkeit“. So ist wahrer Glaube ein herzliches Vertrauen, mit dem ich mich als Schutzbefohlener Christus, meinem Anwalt, anvertraue. Und ich sage Ihnen: Das ist ein Anwalt, der jeden Prozess gewinnt.
Das macht fröhlich, gelassen. Oder wie sagte Martin Luther: trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen. Und es führt heraus aus alle engstirnigen Streitereinen – wie damals in der Heiliggeistkirche. Dass Pastoren sich in den Haaren liegen und gegenseitig den Abendmahlskelch aus den Händen reißen – das geht gar nicht.
Und dass Christen unterschiedlicher Schattierungen, alles Kinder des einen Vaters, sich wegen Glaubensfragen böse sind und sogar den Kopf einschlagen, geht genauso wenig. Reformation – wir feiern und freuen uns, dass wir einen Gott und Vater haben, der uns liebt und reich beschenkt – aus lauter Gnade. Amen.

Predigt gehalten am 3. November 2013 in der Ev.-reformierten Kirchengemeinde Stapelmoor