Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 21

Predigt von Pfarrer Martin Sommer, Elztal-Neckarburken

"Was ist wahrer Glaube?"

Wahrer Glaube ist nicht allein / eine zuverlässige Erkenntnis,
durch welche ich alles für wahr halte, / was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat,
sondern auch ein herzliches Vertrauen, / welches der Heilige Geist
durchs Evangelium in mir wirkt, / dass nicht allein anderen,
sondern auch mir / Vergebung der Sünden,
ewige Gerechtigkeit und Seligkeit / von Gott geschenkt ist,
aus lauter Gnade, / allein um des Verdienstes Christi willen.


Liebe Schwestern und Brüder,

es gehört zu den Treppenwitzen der Religionsgeschichte,
dass der Glaube sich immer wieder selbst torpediert.

Wie ein schwerfälliges Kreuzfahrtschiff,
das in bester Absicht manövriert,
und dabei sich selbst auf die Klippe legt,
aufs Kreuz legt – das Kreuzfahrtschiff.

Da kommt der Glaube stolz und selbstbewusst daher gefahren.
Und am Ende liegt er auf dem Rücken wie ein hilfloser Käfer.
Da hatte das Schiff Gemeinde so viele wie nur möglich eingeladen.
Und am Ende ist es havariert. Umgekippt. Aufgelaufen.

Nach dem Motto „die Masse macht‘s“ wurden Bruttoregistertonnen an Worten geladen.
Und ihr Alten habt ja noch wahrhaft massiv Worte in euch geladen,
überbordend aufgeladen
vom Katechismus
und Gesangbuchlied;
aber euren eignen Kindern war das zu viel:
wir, die jüngere Generation,
wir sahen keinen Sinn mehr darin,
auswendig zu lernen,
Worte anzureichern.
Schon unsre Lehrer nicht.
Sie haben es uns ausgeredet – in bester Absicht:

Glaube besteht nicht nur in auswendig Gelerntem.
Also gab man das Auswendiglernen auf.
Und seltsamerweise,
unter der Hand,
verlor man damit
die Sprachfähigkeit des Glaubens.

Das Kreuzfahrtschiff „Glaubensgemeinde“ ging regelrecht baden.
Man hat die Sätze nicht mehr gelernt:
es waren sprachlose Sätze geworden,
sinnlose Worte, unverständlich.
Doch mit ihrem Verlust ging der Glaube verloren.
Das war der Sinn des Katechismus gewesen: Sprachlehre des Glaubens.
Du weißt, was du glaubst. Du weißt, wovon du sprichst.

II

Die Suche nach einer neuen Spiritualität,
die man heute auch in der evangelischen Kirche pflegt,
und für die man neue Stellen einrichtet – das ist für mich ein solcher
Schrei nach guten Ausdrucksformen des Glaubens,
welcher ganze Kohorten von Glaubensgenossen
verbindet in einem ungestimmtem Chor:
- diese gewollte Unmöglichkeit
- dieses Durcheinander-Geschwirr,
schriller als Heavy Metal und Zwölftonmusik
das sich vereinigt zu einem einzigen schrägen Kontrapunktik
und dem am Ende nur noch ein einziger Klang zu entnehmen ist,
ein letztes, obertöniges Aufbäumen und Anschwellen:
Spirituality auf englisch
Pietät auf Lateinisch,
Frömmigkeit und Pietismus:
Spiritualität ist ein Begriff, welchem alles Menschenmögliche
und Unmögliche aufgeladen wird,
Ausdruck eines hyperbabylonischen Sprachengewirrs
- jeder versteht darunter was er will -
- eine gemeinsame Glaubenssprache gibt es nicht.

Und so haben wir an diesem Faschingssonntag,
an welchem es in unserer Predigt um den wahren Glauben geht
vor unserem geistigen Auge
nicht nur das groteske Bild eines havarierten Kreuzfahrtschiffs Gemeinde,
nicht nur den kafkaesken Käfer, der auf seiner Hartschale liegend hilflos mit den Beinen strampelt,
sondern auch die Ziqurat, den überdimensionierten babylonischen Turm
als Ausdruck einer babylonischen Glaubensverwirrung.

Und das alles
aus bestem Wissen und Gewissen
mit den allerfreundlichsten Absichten
aus der Geste einer humanen Pädagogik heraus
hat sich der Glaube als Sprachgemeinschaft ad absurdum geführt.

III

Das Jubiläum des Heidelberger Katechismus erinnert uns daran,
dass und warum der Glaube neue Sprachbilder braucht:
Was du nicht in Worte fassen kannst,
das existiert auch nicht.

Das ist nun freilich ein wenig gegen den Strich gebürstet.
Wir alle wissen ja, dass man Gott nicht in Worte fassen kann,
gar nicht begreifen darf. Das ist das biblische Bilderverbot.
Der Gottesname ist Tabu.
Und auch der Mensch.
Warum also Sprache?
Warum suchen wir nach dem passenden Begriff?
Warum dieses „nicht allein – sondern auch“
welches dem verloren geglaubten Katechismus
wieder zu seiner Bestimmung verhilft?

Die Einstellung so vieler engagierter Christen,
dass es im Glauben nicht auf Worte ankommt
– schon gar nicht auf Rechtgläubigkeit –
geht auf solche Zentralen jüdischen, christlichen Motive zurück:
Wir leben aus Gnade.
Das Leben ist ein Geschenk.
Es kommt allein und einzig auf Treu und Glauben an.
Was nützt dir die ausgeklügelte Wahrheit,
das abgerundetste Gottesbild,
wenn du nicht mit dem Herzen dabei ist.
Untersagte auch der Katechismus:
wahrer glaube ist nicht allein Erkenntnis
kein für wahr halten, sondern auch
ein herzliches Vertrauen.

Auf das Vertrauen kommt es an,
darauf, was vom Heiligen Geist
dir ins Herz gelegt ist.
(Erstens) nicht ins Hirn sondern ins Herz
(zweitens) vom Heiligen Geist;
und der Heilige Geist ist nun mal
die Chiffre für Gottes Unbegreiflichkeit.

Die Manager des christlichen Glaubens
– vor allem in den alten Zeiten
– und diese alten Zeiten reichen bis ins 19. und 20. Jahrhundert zurück –
diese Neu-Orthodoxen Waechter des Glaubens,
sie meinten doch tatsächlich, sie müssten die Unbegreiflichkeit Gottes
abstecken,
wie man etwa auf überschneitem Gelände
versucht mit zwei Meter langen rot-weißen Stecken
eine Piste abzustecken,
weil man den Boden nicht mehr sieht.

Das anschaulichste Beispiel
für diese Neoorthodoxie
der berühmte weiße Wal, der sich noch heute
in manch einem theologischen Studierzimmer befindet:
ein Meter fünfzig lang das Regalbrett,
dicke Folianten, die kirchliche Dogmatik.
Länger und breiter sind die Folianten als jeder Roman.
Die Sätze darin Bandwurmartig,
die Typen kleinpixelig.

Der Heidelberger Katechismus mit seinen 129 Fragen kann gar nichtmithalten.
Und schon er – war überdimensioniert.
„Des Büchermachens ist viel“ - aber was spricht dein Leben?
Vor 450 Jahren wurde der Heidelberger Katechismus geschrieben.
Das war im Jahre 1563.
Und er setzt einen Akzent,
den er sonst in keinem Katechismus gibt,
und der nirgendwo anders so formuliert wird, wie hier in Frage 21:
„Es kommt auf das Vertrauen an.“
Und dann umschreibt er das Vertrauen mit so vielen, ausufernden Worten
- 129 Fragen und Antworten:
Und dann wird er veröffentlicht.
Menschen orientieren sich daran in ihrem Leben.
Menschen leben ihn – und doch wird Vertrauen klein geschrieben.
Die Konfessionskriege bleiben.
Ja, sie werden sogar mehr.

Verstehen Sie:
Katechismen können den gelebten Glauben nicht ersetzen.
Und doch haben auch die Katechismen aus unserer Zeit
dieselben alten Themen, die gleichen Pfosten, zwischen denen
sie ihre Glaubensbahn jetzt ziehen -
weniger wie auf einer fest geteerten Straße;
eher wie auf einer Piste, mit Stöcken abgesteckt,
auf der man mal links und mal rechts
manchmal ganz ungewöhnliche Kurven zieht
weniger rollt, eher ein wenig driftet – und doch
die Richtung sieht.

IV

So haben wir uns dran gemacht, ihn wieder auf die Beine zu stellen,
jenen strampelnden Käfer, der sich mit Harnisch gewehrt
und dann doch auf dem Rücken liegt.
stellen wir ihn vom Kopf auf die Füße,
drehen wir ihn vom Rücken auf die Beine,
damit er wieder steht:
Fragen wir: Was hat dich eigentlich
zum Laufen gebracht, Käfer des Glaubens?
Was stand am Anfang deines Glaubenslebens?
War es das Wort, und wenn ja: welches?
War es der exakte Begriff?
Oder war es nicht der freundliche Klang der Stimmen?
das vertraute Bild? das Heimatgefühl?

Wirf ab die Schale der bitteren Erkenntnis.
Hülle dich neu ein in die Wärme des Glaubens,
des Urvertrauens auf Menschen,
welche dir mit Freundschaft und Vertrauen erweckend
von Gott sprachen, von Liebe redeten, indem sie Liebe üben.
Wirf ab den Harnisch der Erkenntnis.
oder mache ihn zu dem, wozu er nützt:

Als zum ersten Mal ein Mensch dir gegenüber
den Namen „Jesus“ aussprach, was hast du da gehört?
was hat in dir die Schwingung ausgelöst,
so dass du aufgehorcht hast,
hingesehen, zugehört.
Was hat bewirkt, dass du den Wunsch verspürtest, mehr zu wissen?

Ich glaube, es waren die Erzählungen.
Sicher auch Berichte vom Gespräch,
sicher auch der Dialog, der logische Diskurs.
Aber vielleicht doch auch mehr noch als all dies:
Eine Färbung, ein Klang vielleicht, ein Gefühl?

Ich möchte nicht sagen, dass Gefühl und Denken im Widerspruch
zueinander stehen müssen, aber doch,
dass die Wahrheit, die wir bei Gott zu finden hoffen
und in Jesus zusammen gefasst wissen,
dass diese Wahrheit eher verwandt ist mit jener Erfahrung des Laufen Lernens,
mit der Übung des Gleichgewichts, die wir brauchten, um das Rad fahren zu lernen.

Und dann erleben wir, indem wir liefen und fielen,
dass diese Art des Stolperns und überhaupt nicht fremd
sondern uns durchaus angemessen ist. Und aus dem Straucheln
wurde ein Schritt. Wie uns Vertrauen
angemessen ist,
der aufrechte Gang: angeboren.

Natürlich gehört dazu auch die Irritation,
wie das erste Scheitern und Wasserschlucken beim Schwimmen:
Das uns dann doch wieder daran erinnert, dass wir hier
in unserem Element sind, weil wir vor der Geburt schon einmal im Wasser waren.

Glauben ist mehr als ein Wissen.
Es ist auch ein Wissen, aber nicht nur.
Wenn wir so
wieder auf die Beine gekommen sind,
dann können wir manches wehrhafte Wort,
manche verbale Panzerung leichter tragen
und das ein oder andere gar abschütteln,
weil es nur hinderlich
und eben nicht
tragfähig ist.

Ich habe Eltern gekannt, die eine rigorose Moral einfach abschütteln, obwohl sie als Jugendliche sich danach gerichtet hatten. Dann aber merken sie: für meine Kinder trägt das nicht. Und größer als meine gute Erfahrung des Glaubens ist die Liebe zu meinen Kindern.

V

So haben wir uns daran gemacht, ihn wieder einzuebnen,
jenen babylonischen Turm von Dogmen und angeblichen Wahrheiten.
Wir haben wieder gemerkt, wie wichtig es ist, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen.
Wir haben gelernt zu dolmetschen, mit den Händen zu reden.
Und siehe da: Auch Menschen mit asiatischem Aussehen
und mit schwarzer Hautfarbe gehören dazu;
ja, wir können sogar türkisch lernen
und das kanakisch sprechen wir
mit begeistert mit.
Wir haben gelernt – von unseren Lehrern, den Eltern und vor allem
von der Generation der heute 60jährigen, dass es keinen Unterschied mehr gibt
zwischen Deutschen und Undeutschen,
zwischen europäisch und arabisch Gebildeten, Amerikanern und Japanern.
Die Türme sind eingeebnet, und wir üben uns darin, frei nach vorne zu blicken:
- eben nicht mehr geduckt oder hochnäsig
durch die Welt zu springen.

Und wir haben uns daran gemacht, das Schiff Gemeinde auszudehnen
ihm neue, ungeahnte Form zu geben
als wäre es nicht mehr nur
ein Kreuzfahrtschiff, und schon gar kein Flugzeugträger.
Wir fahren Ökumenisch durch die Welt, haben an unsere Kirche
mehr als links und rechts einen Ausleger angenietet, angeschweißt, angeklebt:
Afrika ist mit im Boot und die chinesische Kirche,
wir wissen heute, dass die ältesten Christlichen Gemeinden in Syrien und Ägypten sind,
kennen die Kopten und die Äthiopische Kirche; ja sogar ganz alte Glaubensgemeinschaften,
welche das Glaubensbekenntnis vollkommen anders buchstabieren als wir Europäer,
suchen Gemeinschaft mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen.
Und: Wir singen nicht nur Bach’sche Choräle und „Harre meine Seele“,
sondern lernen den Reichtum von Christen in aller Welt
als Teil der Gemeinde Jesu Christi schätzen,
als Basis und Drift einer weltweiten Kirche:
Mit Trommeln und Gamelan-Musik,
Schattentheater und Bambusflöten,
mit Jazz und Pentatonik.
Das Schiff Gemeinde ist expandiert zu einem überdimensionierten Floß,
hat nicht nur Kautschuk und seltene Erden in seinen Bauch integriert,
gründet sich auf allen sechs Kontinenten,
wie es hieß in einem Missionslied:
auf Grönlands Eis-Gestaden
und den korallnen Meer.

VI

Welche Bilder brauchen wir heute, um von Gott zu reden?
Keine anderen, als auch Jesus sie brauchte. Und doch ganz andere, neue.
- Herzensbilder - Naturbilder - Phantasiebilder

Herzensbilder - weil sie dem Herzen entspringen.
Wie es der Heidelberger Katechismus etwas leicht hinwirft,
wenn er vom herzlichen Vertrauen spricht.

Wissen Sie: Ein Herz kann man nicht mit dem Spaten operieren.
Du brauchst ein Wort, das dem Glauben verwandt ist, um ihn aufzuschließen.
Du kannst nicht vom Nirvana sprechen, wenn du Gott meinst,
nicht den Atheismus propagieren, wenn du das Bilderverbot meinst.
Das würde den Rahmen sprengen und erschwert nur das Verständnis.

Aber Gott als Sonne und Licht – das sind Bilder, die uns nahe sind.
Und Jesus als Freund und Weggefährte – das ist, was mich anspricht.
Mancher kehrt heute wieder zum Bild vom liebenden Vater zurück,
auch wenn sein eigner Vater ein Tyrann gewesen ist. Andere
sprechen mit Mose vom stillen, angenehmen Schweigen und meinen denselben Gott.
Die Bilder müssen zur Seele passen.
Die Regel lautet: Sie dürfen nicht eins zu eins übereinstimmen,
die neuen und die alten,
die eignen und die biblischen Bilder;
sie dürfen sich aber auch nicht zu weit voneinander entfernen.

Naturbilder - weil sie der Erfahrung entspringen und uns zum Ursprünglichen zurückführen. Gott ist es, der unsern Horizont erweitert, wie Galileo und die Sendung mit der Maus unsern Kindern den Horizont erweitert haben, wie Peter Lustig vom Löwenzahn, ja mehr noch: wie Martha Wagenhöfer, die unsern Kindern im Frühling die Kräuter benennt und Opa Emil und Horst Alois Martin, der Tim und Lars und die Jana und den David aufs Feld mitnimmt und in den Wald. Was uns bekannt ist, was uns prägt, was unser Leben trägt und was genauso lebendig ist wie wir: Das alles lässt das Leben spannend werden.

Und dann können irgendwann auch einmal die Algorithmen von Gott zu erzählen beginnen, oder das Staunen ob der Unendlichkeit des Raums und der Denkkraft eines Elektronengehirns, das sich auf dem fünf Millimeter Chip in deinem Handy befindet – in dem Wissen: Gott und Jesus und Glaube und Kirche ist immer noch viel mehr, als alles, was wir in Händen haben. Wenn dich die Natur so anspricht, dann hat dich auch Gott berührt.

Phantasiebilder – vom König und seinem Schloss,
von Reisen, die Raum und Zeit überspringen,
aber auch die Bilder, die tief in unserer Seele liegen:
Der Brunnen,
die weise alte Frau,
der Traum vom Fliegen: Sie alle können uns dahin führen, dass wir die
unerreichbare Schönheit des Glaubens erahnen.
Und sie haben Vorläufer in der Bibel:
Die Abenteuer von Raumschiff Enterprise treffen sich
mit dem letzten Buch der Offenbarung.
Der Herr der Ringe war schon vom Propheten Ezechiel angedacht.
Gothik mit Grusel vermischt findet sich
wenn am Karfreitag die Toten aus den Gräbern aufstehen,
Seemannsgarn bei Noah und mythische Legendenbildung bei Elia und Methusalem. Und wer will schließlich behaupten, dass die Weihnachtsgeschichte nicht auch schon ein gut Stück Fantasy enthält, wenn sie von Engeln und von Magiern aus dem Osten spricht!? Und Ostern, Auferstehung – das sprengt doch den Verstand! Gott ist so groß, den kann unsre ganze Phantasie nicht begreifen.

VII

Ein Jahr vor dem Jubiläum des HeidelKat hat Gerd Theißen
einen neuen Katechismus gedichtet.
Das Buch ist vergangenes Jahr erschienen, umfasst auf knapp 400 Seiten
nicht 129, sondern 235 Fragen und Antworten.
Er spricht ebenfalls in neuen Bildern.
Und stellt letzten Endes die immer gleichen Fragen.

Ich zitiere zum Schluss aus seinem Buch:
Was ist wahrer Glaube – das steht nach meinem Dafürhalten
bei ihm in Frage 43: „Wie kommen wir mit Gott in Kontakt?“

Gott berührt unser Herz,
wenn wir darüber staunen,
dass überhaupt etwas ist und nicht nichts.
Dann sind wir unmittelbar verbunden mit der Macht,
die alles aus Nichts schafft
und in Nichts versinken lässt.
Auch für uns gilt:
Vor unserer Geburt
waren wir nicht,
und nach unserem Tod
werden wir nicht mehr sein.

Zwischen Geburt und Grab
ist die Gegenwart
wie die Momentaufnahme in einem Film,
der in beide Richtungen ins Nichts versinkt.
Die Vergangenheit ist nicht mehr,
die Zukunft noch nicht,
die Gegenwart ein Übergang
aus einem Nichts
in ein anderes Nichts.
Die Macht,
die aus Nichts das Sein schafft,
umgibt uns jeden Augenblick.

Wir erleben sie als Wunder,
wenn uns das Leben neu geschenkt wird
nach einer guten Diagnose
gegen schlimme Befürchtungen.
Wir erleben sie,
wenn uns ein Mensch sagt:
Es ist wunderbar,
dass es dich gibt.
In diesem geheimnis von sein und Nichts
begegnet uns Gott.
Durch ihn sind wir mit allen Dingen verbunden.
Durch ihn haben wir Freiheit,
die uns über alle Dinge hinaushebt.
Amen.

Predigt gehalten am Sonntag Estomihi, 10. Februar 2013, in der Ev. Luthergemeinde in Waldstadt.