Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 120

Predigt von Pastor Steffen Tuschling, Osnabrück

"Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: ‘Unser Vater’?"

Er will in uns gleich zu Anfang unseres Gebetes
die kindliche Ehrfurcht und Zuversicht
Gott gegenüber wecken,
auf die unser Gebet gegründet sein soll;
dass nämlich Gott
durch Christus unser Vater geworden ist
und uns das, worum wir ihn im Glauben bitten,
noch viel weniger verweigern will,
als unsere Väter und irdische Dinge abschlagen. 

 

Liebe Gemeinde,
in seiner 120. Frage beginnt der Heidelberger Katechismus, sich näher mit dem Gebet zu befassen, er tritt ein in die Auslegung des Vaterunsers.
Sie lautet: Warum hat Christus befohlen, Gott (so) anzureden: Unser Vater?
Dass er gleich im Anfang unseres Gebets
in uns erwecke
die kindliche Furcht
und Zuversicht gegen Gott,
welche der Grund unseres Gebets sein soll:
nämlich,
dass Gott unser Vater
durch Christus geworden ist
und uns viel weniger versagen will,
worum wir ihn im Glauben bitten,
als unsere Väter
uns irdische Dinge abschlagen.

Ich gliedere meine Predigt dazu in drei Abschnitte.

Erstens: So hat Jesus uns Gott vorgestellt. 
Auf dem Altarbild der dänischen Christianskirke in Berlin ist einzig und allein ein Mann zu sehen. Ein Mann, der Ausschau hält. Man sieht den Mann von hinten, er ist kein junger Mann mehr, sondern hat schütteres Haar. Er trägt einen graubraunen Bauernkittel, und man sieht sozusagen über seine Schulter, wohin er schaut: auf eine Straße, die sich in der Weite verliert. Die Straße ist leer, und die Landschaft ist weit. Selbst ganz hinten am Horizont ist auf dieser Straße niemand zu sehen. Der Mann hält dennoch Ausschau, einen Arm angewinkelt, er wartet. Wer weiß, ob er schon lange so steht, oder ob er gelegentlich, immer wieder, heraustritt und Ausschau hält. Aber eines ahnst du als Betrachter: Der Mann wird noch lange warten.
Liebe Christen, ich finde dies Altarbild wunderbar. Denn es zeigt Gott als liebevollen Vater, der auf seinen Sohn wartet, der fortgegangen ist.
Und immer wenn ich in der Christianskirke war, hat mich das angesprochen. Hat es in mir, um’s mit den Worten des Katechismus zu sagen, eine kindliche Zuversicht gegenüber Gott geweckt. Dieses Bild vom wartenden Vater, es hat mir allen Gottesdiensten dort eine Überschrift gegeben, und allen gehörten Predigten ein Vorzeichen vor die Klammer gesetzt, und dies Vorzeichen hieß: Gott ist ein liebender Vater. Zu Recht. Denn das ist nicht nur ein Altarbild. Es ist das Bild von Gott, das Jesu bevorzugte, das er glaubte – und lebte.

Sie sehen: Selbst in der Kirche des Wortes können Bilder manchmal viel sagen. Anders als in Bildern können wir Menschen von Gott ja gar nicht sprechen: Jedes Wort von Gott ist notwendigerweise ein Bild. Bilder sind begrenzt, Ausschnitte… erheben nicht den Anspruch einer absoluten Definition. Wie sollen wir sonst von dem sprechen, vor dem all unsere Sprache versagt? Immer schon geht er uns voraus und wird doch noch nach uns sein… und immer wird Gott der ganz Andere sein.

Vorhin haben wir ihn im Psalm (Ps 31) angerufen als Fels und Burg… haben von seinem Ohr und seiner Hand gesprochen … Bilder, die Gott nicht fassen, aber vielleicht auf ihn hindeuten.
Im Glaubensbekenntnis haben wir gesprochen vom Schöpfer des Himmels und der Erde und damit biblische Bilder aufgegriffen… vom Allmächtigen, und damit ein philosophisches Bild aufgegriffen … Das alles sind ja Bilder, die von unserem Erfahrungshorizont ausgehen, beziehungsweise davon, dass Gott eben alle unsere Erfahrung übersteigt.

Nun also das Bild: Gott unser Vater. Für Jesus ist es zentral; ein Bild von Gott, das im Alten Testament nicht unbekannt ist, doch nicht im Vordergrund steht. Für Jesus steht es im Mittelpunkt seines Lebens, das ist das Haus meines Vaters…, auch im Mittelpunkt seines Sterbens: Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.
Es steht daher auch im Mittelpunkt seiner Verkündigung: euer Vater, der ins Verborgene sieht, wird’s euch vergelten.
Und natürlich betet Jesus zum Vater: „Vater“ ist ja eine Verhältnisbestimmung, eine Beziehung. Gott als Vater zu sehen, macht mich zu Gottes Kind… Und wo drückt sich unsere Beziehung zu Gott mehr aus, als im Gebet?

Das Matthäus- und das Lukasevangelium bezeugen uns das Unser-Vater-Gebet, ganz kurz, noch kürzer, als wir es kennen.
Lukas berichtet so:
Und es begab sich, dass er an einem Ort war und betete. Als er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte.
2 Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme.
3 Unser tägliches Brot gib uns Tag für Tag
4 und vergib uns unsre Sünden; denn auch wir vergeben allen, die an uns schuldig werden. Und führe uns nicht in Versuchung. (Lukas 11, 1-4)

Zweitens: das Vaterunser in der kirchlichen Tradition
Das Markus- und das Johannesevangelium kennen das Unser-Vater-Gebet nicht, auch in den Briefen des Neuen Testaments ist von ihm nicht die Rede.
Aber in der christlichen Tradition steht es bereits in frühester Zeit im Mittelpunkt. Schon die Didache, die sogenannte Lehre der Apostel aus dem 1. Jahrhundert, schärfte den Christen ein, dieses Gebet jeden Tag zu beten, und zwar drei mal…, und sie kannte auch die abschließenden Worte „denn dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“.
Der Kirchenlehrer des Mittelalters, Thomas von Aquin, sah im Vaterunser „alles enthalten, was ein Gebet braucht“, und stellte es also ins Zentrum des Gebetslebens. Thomas von Aquin ist bis heute für die Theologie der Katholischen Kirche die entscheidende Autorität. Dem von ihm vorgezeichneten Weg folgten alle Glaubenslehrbücher.
Der Heidelberger Katechismus steht ganz und gar in dieser Tradition der vorreformatorischen Kirche, wenn sein Kapitel über das Gebet nichts weiter, als ein Kapitel über das Vaterunser ist. Auch Martin Luther hatte es im Kleinen Katechismus so gehalten.
Luther hatte geschrieben: „Vater unser im Himmel. / - Was ist das? / Gott will uns damit locken, dass wir glauben sollen, er sei unser rechter Vater und wir seine rechten Kinder, damit wir getrost und in aller Zuversicht ihn bitten sollen wie die lieben Kinder ihren lieben Vater“
Gotteskindschaft und Zuversicht… Schon Luther stellt diese beiden Begriffe in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Der Heidelberger Katechismus tut es ihm gleich.
Hören Sie noch einmal:
Dass er gleich im Anfang unseres Gebets
in uns erwecke
die kindliche Furcht
und Zuversicht gegen Gott,
welche der Grund unseres Gebets sein soll.

Unsere Gotteskindschaft… damit wären wir drittens noch einmal beim
(3.) Vaterbegriff
Jesus holt den Gottesbegriff herunter in unsere Beziehungswelt: Man könnte sagen: Vom Himmel in die Familie. Gott unser Vater. Jesus sagt sogar: „Abba“, also Papa!

Gott als Teil unserer Beziehungen… das ruft Kritiker auf den Plan: Der Koran kritisiert das christliche Gottesbild als Gott völlig unangemessen. Sprich: er ist der eine Gott, der ewige Gott; Er zeugt nicht und wird nicht gezeugt, und keiner ist ihm gleich. (112. Sure). Wer Gott seinen „Vater“ nennt, der würdigt ihn herab, so der gängige Vorwurf – euch mangelt es an Respekt vor Gott! Bis heute ist das für den Islam das größte Problem am christlichen Gottesbild.
Und in der Tat können wir uns mit dem Vaterbild in unsere eigenen Beziehungsgeschichten verheddern.
Beinahe jeder von uns hat Erinnerungen an seine Eltern… an seinen Vater. Wunderbare Erinnerungen oftmals… Vom Vertrauen in der Kindheit. Vom Vater, der uns bei der Hand genommen hat… die Welt erklärt hat und uns beschützt hat. Daran knüpft Jesus an.
Doch nicht jeder, und leider erst recht nicht jede, verbindet mit dem Vater nur gute Erinnerungen. Mancher erinnert sich weniger an die Hand, die ihn gehalten, als an die Hand, die ihn geschlagen hat. Und es gibt auch noch Schlimmeres, was man mit der Hand einem Kind antun kann…
Schweigt mir von eurem Gottvater… mein eigener Vater hat mir gerade gereicht… Ich habe lange genug gebraucht, um Abstand zu gewinnen.

Ja, lieber Koran, und, ja: liebe verletzte Seelen: In der Tat hat Jesus Gottes Beziehung zu uns in unsere eigene Erfahrungswelt hineinerzählt. Damit hat er sich angreifbar gemacht. Doch hat er nicht die Erfahrungen mit harten Vätern oder gar mit missbrauchenden Vätern gemeint. Und eben auch nicht die mit abwesenden und abweisenden Vätern.
Auch Jesus (und mit ihm der Heidelberger Katechismus) weiß von Vätern, die uns Dinge schuldig bleiben. Jesus zum Gralshüter einer vermeintlich „heiligen Familie“ zu machen, greift daneben. Jesus, der Elternkonflikten nicht aus dem Weg ging…
Er legt seinen Focus auf die unbedingte Liebe: also Liebe ohne Bedingungen. Wie sie ein Kind im guten Falle bei seinen Eltern findet. Dass eine Mutter, ein Vater ihre Kinder lieben, geschieht ja einfach so, weil sie ihre Kinder sind… und nicht, weil die Kinder sich das irgendwie erarbeitet haben. Wenn Sie Kinder haben, dann wissen Sie darum… was für eine Energie in einem steckt, wenn es um die eigenen Kinder geht. Was da alles möglich ist… Keine ruhige Minute ist seitdem mehr für mich drin… und das geht so, wie ich vermute, bis ich hundert Jahre bin, dichtete Reinhard Mey einmal.
Wie so ein Vater ist Gott zu uns, sagt Jesus. Er ist für uns da. Er wird unsere Tränen abtrocknen. Er wird uns in den Arm nehmen. Er wird uns wieder aufhelfen, wenn wir fallen. Einmal, zweimal, hundertmal.
Ein Kind, das das erlebt hat, dem ist Urvertrauen ins Leben geschenkt. Ein Kind, dem genau das gefehlt hat, hat es oft schwer.
Unser Vater im Himmel… zu dir können wir sogar fliehen, fliehen auch vor unseren irdischen Vätern.
Unser Vater… Mit diesem Bild können wir beten. Uns Gott anvertrauen. Mit allem, was uns betrifft, in jeder Situation. Unser Vater im Himmel: Jesus eröffnet uns ein Bild, in das wir selbst eintreten können, wenn wir beten: du stellst meine Füße auf weiten Raum, Gott, in ein weites Land, wo Vertrauen möglich ist. Wo wir Schritte wagen können. Und wo immer wieder ein Neuanfang möglich ist. Weil du auf uns wartest, Vater, egal wohin wir gelaufen sind. Wartest, selbst wenn wir noch gar nicht am Horizont auftauchen.
Jesus sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.
12 Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie.
13 Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.
14 Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben
15 und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.
16 Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.
17 Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!
18 Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.
19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!
20 Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
21 Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße.
22 Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße
23 und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein!
24 Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.

Liebe Christen, wenn Sie einmal in Berlin sind und ein bisschen mehr Zeit haben, als nur für die großen Sehenswürdigkeiten… dann schauen Sie sich doch mal das Altarbild in der Dänischen Kirche an. Ein wunderbares Bild.
Amen.

 

Gehalten am 6. März 2011 in der Ev.-reformierten Kirchengemeinde Osnabrück