Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 1

Predigt von Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, Saabrücken

"Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?"

Dass ich mit Leib und Seele
im Leben und im Sterben nicht mir,
sondern meinem getreuen Heiland
Jesus Christus gehöre.

Er hat mit seinem teuren Blut
für alle meine Sünden vollkommen bezahlt
und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst;
und er bewahrt mich so,
dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel
kein Haar von meinem Haupt kann fallen,
ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.

Darum macht er mich auch
durch seinen Heiligen Geist
des ewigen Lebens gewiss
und von Herzen willig und bereit,
ihm forthin zu leben.


Die FRAGE

Wann wurde Ihnen, liebe Gemeinde, zum letzten Mal eine Frage gestellt? Eine Frage, die sich nicht nur auf die eher oberflächlichen Dinge unseres täglichen Lebens bezieht: Also nicht auf die Wettervorhersage, die Entwicklung der mich momentan beschäftigenden Wehwehchen, die Pläne für meinen nächsten Urlaub, das Ergehen der Tante in Amerika. Wann wurde Ihnen zum letzen Mal eine Frage gestellt, die Sie bis ins innerste Mark und Bein traf, die Sie selbst in Frage stellte?
Eine echte Frage, die nicht nur Stichworte für einen netten Plausch zwischendurch lieferte, eine Frage, die nicht schon die Antwort im Hinterkopf vorsortiert hatte?

„WAS?“ Das Fragewort „WAS?“ ist der Ausgangspunkt, das erste Wörtlein im Heidelberger Katechismus. Angesprochen sind wir, die wir zu allem und jedem schnelle Antworten parat haben, die wir uns stets geschickt aus der Affäre zu ziehen vermögen. Wir Menschen im 20. Jahrhundert meinen zu allem die rechten Antworten parat zu haben: „Wir bekommen die Probleme schon in den Griff, die Entwicklungsgeschichte der Menschheit beweist das“, so sagen wir. Aber – so meine ich – darauf kommt es gar nicht an, dass wir immer zu allem und jedem gleich die richtigen Antworten wissen. Entscheidender ist heute, dass wir uns in Frage stellen lassen, herabkommen von unserem hohen Ross der Selbstgefälligkeit und Selbstversichertheit und dann eben auch fragende Existenzen werden: Menschen, die sich in einer Gemeinschaft der Suchenden und Fragenden befinden, die sich ihrer Trostbedürftigkeit bewusst sind und die sich vom biblischen Wort zurückführen lassen zur Wegweisung Gottes, der mit uns durch die Geschichte geht.
Einer meiner Lehrer im Studium, ein Rabbiner, der durch die Hölle von Auschwitz gegangen ist, dessen ganze Familie dort umgekommen ist und der nach dem Krieg zutiefst erschüttert sich der Versöhnungsaufgabe zwischen Juden und Christen verschrieben hat, ward nicht müde, uns Studenten dies weiterzugeben: Es kommt nicht darauf an, auf alles Antworten vorweisen zu können, wichtiger ist es, die richtigen Fragen zu stellen. Und ich füge hinzu: Dann werden wir auch von Gott zu Antworten geleitet werden, die uns wirklich existenziell betreffen, die uns unbedingt angehen. Ich erinnere nur an die Fragen Gottes im 1. Buch Mose: „WER bist du, Adam? Kain, wo ist Dein Bruder Abel? WAS hast du mit ihm gemacht?“ Sünde und Schuld Adams und Kains liegen allein durch diese Fragen Gottes offen zutage, ohne dass Antwort gegeben werden müsste.

Wir sind gefragt: „Dein“ heißt es ja in der Ersten Frage des Heidelbergers. Hier wird nicht abstrakt spekuliert über das Wesen Gottes, über ein An-und-für-sich-Sein Gottes oder über eine allgemeine Aufgabe des Menschengeschlechts. Nein, nein, DU bist gefragt, so wie Du Dich als Mensch in Deinen täglichen Verrichtungen präsentierst, wie DU mit anderen umgehst, wie Du Dein Leben gestaltest. Wir können hier nicht mehr auf die anderen weisen mit dem Zeigefinger, der bei unangenehmen Dingen und Fragen nie auf uns selbst, stets aber auf andere deutet.
Gott stellt uns eine Frage, und er stellt uns damit zugleich in Frage: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“. Hier hört der muntere, unverbindliche Plausch auf. Wir sind in unserem Selbstverständnis gefragt: „Sag Du, was Dir wichtig im Leben und im Sterben ist, dann erkennst Du Dich selbst und gibst Dich vor Gott und anderen zu erkennen.“
„Einzig“ - dieses Wort weist darauf hin, dass wir vor eine letzte Alternative gestellt sind: Nichts anderes darüber hinaus ist nötig, wenn wir dieses Eine und Einzige haben, dann sind wir auf dem rechten Weg, werden getröstet von einem, der wie kein anderer das zu tun vermag. Nichts anderes hilft uns, keine Medizin und erst recht keine modernen Medizinmänner des 21. Jahrhunderts, die momentan wie Pilze aus dem Boden schießen und uns mit ihren Heilpraktiken und Wunderwässerchen das Geld aus der Tasche ziehen wollen, ohne dass sich an unserem ungetrösteten Zustand etwas ändern würde.

Es geht um den einzigen TROST, die entscheidende Lebenshilfe, die der Glaube geben will. Hier spielen keine theologischen Lehrsätze eine Rolle. Nein, gleich zu Beginn des Heidelbergers wird bei dem, was uns Menschen unbedingt angeht, eingesetzt: Wir leben ungetröstet, trostlos, sind der Seelsorge Gottes bedürftig – das ist der Ausgangspunkt. Das Wort TROST vertritt dabei die Summe dessen, was wir Menschen an Sinn, Halt und Hilfe in der Flüchtigkeit unseres Daseins nötig haben. TROST – damit ist in keinem Sinne ein geistliches Sonderangebot, kein Luxus religiös anspruchsvoller Seelen gemeint.
Es geht indes um die grundlegende Frage, wie der Mensch leben, woran er sich halten kann. Wie bei den Fragen im Buch Genesis: „Adam, wo bist Du, Kain, wo ist Dein Bruder Abel?“ - so ist auch hier durch diese erste Frage unsere ganze menschliche Situation vor Gott aufgerissen: Trost – lose Existenzen, das sind wir Menschen, wenn wir uns selbst überlassen sind, wenn wir unser Leben dirigieren und über anderer Leben regieren, aber dabei vergessen, dass unser Leben und alles, was wir haben, Geschenk Gottes ist, dass wir dafür dankbar sein und in der Antwort des Glaubens nun unsererseits unser Leben Gott zur Verfügung stellen dürfen. Das Wort TROST zeigt an, dass wir trostbedürftig sind, dass wir an Defiziten und Mangelerscheinungen leiden, dass wir zuwenig Leben haben, wenn wir uns nicht von Gott her begreifen.

Wir haben es im letzten Jahrhundert bitter erlebt, was passiert, wenn wir so tun, als wären wir selbst Herr über diese Welt: Wo die Furcht vor Gott fehlt, da fehlt auch die Ehrfurcht vor dem Leben. Albert Schweitzer hat darauf immer wieder hingewiesen und kämpfte gegen die Ausbeutung der Natur, von Mensch und Tier. Wo der Name Gottes nicht mehr genannt wird oder durch nationalistische Parolen ausgehöhlt wird, dort werden auch Namen von Menschen ausgelöscht: In den Materialschlachten des Ersten Weltkrieges mit ihren Gaseinsätzen, in den Gaskammern in Auschwitz und Treblinka. Wo um den Geist Gottes nicht mehr gebetet wird, dort kommen die Ungeister aus der Tiefe: Die Menschenverachtung in den ausländerfeindlichen Parolen unserer Tage, das egoistische Festhaltenwollen an eigenen Besitzständen. Unser Leben, wir in unserer ganzen Existenz, sind trostbedürftig.
„HERR, woher kommt mir Hilfe?“

„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ so lautet die Erste Frage.
Im Leben und im Sterben. Gewiss, auch im Sterben, wo so mancher vom Herrn ganz getröstet entschlafen ist, sich nicht vor dem Tod fürchtete, sondern im Blick auf Jesus sein Vergehen annahm und sein Leben bewusst in Gottes Hände zurücklegen konnte. Aber eben auch im Leben: Gott ist nicht nur Lückenbüßer in der Situation des Todes, wo er als letzte magische Kraft gegen die Todesmächte einzusetzen wäre, nein, wir können Gott nicht ein Reservat in unserem Leben zuweisen, wo er gefälligst drin zu bleiben und seine ihm von uns zugewiesene Rolle zu spielen hat. Gott begleitet uns durch die Zeit und leuchtet mit seinem Licht unsere Schattenseiten aus, aber er bietet uns mit seinem Sohn Jesus Christus eben auch jenen gewissen Trost an, den wir nötig haben, wenn wir vor ihm unsere trostlose, trostbedürftige Situation erkennen. Aus unserer Situation allein erwächst uns kein Trost, Frage 1 des Heidelbergers zielt auf Hilft.

Die ANTWORT

Die Antwort auf diese Frage fasst in sich den ganzen Inhalt des Katechismus zusammen: Sie steht vor uns wie ein majestätisches Portal, durch das wir in die Erkenntnis unseres Heils, in aller Herrlichkeit, die in der Gnade Gottes in Jesus Christus besteht, einzutreten eingeladen werden.

Die Antwort besteht aus drei Teilen:

a) „Dass ich mit Leib und Seele, im Leben und Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.“

Der Katechismus geht direkt aufs Wesentliche zu: Er stellt uns einfach einer umstürzenden und wirklich in unser Leben eingreifenden Aussage gegenüber: Wir gehören von jetzt an Jesus Christus. Die Frage 1 konfrontiert uns mit uns selbst und stellt damit unsere menschliche Selbstbezogenheit und Selbstverschlossenheit in Frage. Wer aufgrund dieser Frage das erkennt und nun wirklich getröstet werden will, der stimmt dem im Glauben zu, dass er nicht mehr sich selbst gehört, dass er auf diesen einzigen Trost angewiesen ist. Er wird mit Beschlag belegt und übernommen von dem Herrn, der uns vom Fluch unseres tödlichen Egoismus befreit. Wir befinden uns in der Lage eines Menschen, der am Ertrinken ist: Der Heiland wirft uns das Seil zu , an dem wir uns festklammern können. Wir gehören jetzt diesem Retter. Wir können in dieser Welt nur noch als Menschen leben, denen diese Rettung widerfahren ist. Diese Rettung erstreckt sich auf Leib und Seele. Kein Bereich unseres gesamten Wesens kann sich anmaßen, sich allein einer solch huldvollen Behandlung zu erfreuen: Nein, dem ganzen Menschen kommt dieses Rettungswerk zugute. Der Mensch gehört mit Leib und Seele, Herz und Geist seinem Heiland. Jeder Bereich darf also der Herrlichkeit Gottes dienen. Römer 14, Vers 7 ff. heißt es: „Denn unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, ob wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“

Was das konkret bedeuten kann, dass wir unserem Herrn Jesus Christus gehören, das ist mir besonders eindrücklich geworden am Zeugnis, das der „Prediger von Buchenwald“, Pastor Paul Schneider 1938 im Konzentrationslager gegeben hat: Ein Überlebender von Buchenwald hat nach dem Krieg erzählt, wie er auf dem Appellplatz im Lager Buchenwald gestanden hat – grenzenlos allein, unheimlich gefangen und ohne Glauben – entschlossen, in der nächsten Nacht in den elektrischen Zaun zu gehen und Schluss zu machen. Da hörte man an diesem Ort des Grauens und der Verzweiflung eine laute, klare Stimme über den Platz der 20.000 Gefangenen schallen. Diese Stimme rief aus dem Fenster einer Bunkerzelle heraus: „Jesus Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis.“ Das war die Stimme des rheinischen Pastors Schneider. Und der das im Nachhinein erzählte, sagte: „Er hat mich durch diesen Ruf gerettet! Denn von da an wusste ich, dass doch Einer bei mir ist!“
Pastor Schneider hat auf den einzigen Trost im Leben und im Sterben hingewiesen. Sein Leben hatte er Christus übergeben. Er wurde für seinen Ruf geschlagen und von den KZ-Schergen schließlich tot getrampelt. Aber er wusste, dass er im Leben und Sterben Jesus Christus eigen ist. In dieser Situation des Elends wurde er getröstet, so wie auch wir heute in – wohl weniger dramatischen, deshalb aber nicht weniger gefährlichen – Situationen des Elends getröstet werden.

b) „Jesus Christus hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst; und er bewahrt mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt fallen kann, ja dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.“

Hier sind wir im Zentrum von Gottes Handeln in Christus Jesus für uns Menschen! In Jesus Christus bezahlte Gott selbst die Schuld, die wir ihm gegenüber durch unseren Ungehorsam machten. Gott zahlt für zahlungsunfähige Schuldner. Das Kreuz Jesu Christi ist das Kreuz, das Gott auf die „Schiefertafel“ unserer Fehler schreibt. Wir sind von jetzt an frei von dieser Last. Sein Licht leuchtet unsere Schattenseiten aus, „stellt unsere unerkannte Sünde ans Licht“. Aber wir müssen deswegen nicht vergehen, Gott will, dass wir ohne Sünde leben und nach Umkehr und Buße von ihm fähig gemacht werden, in Seinem Licht zu wandeln. In 1. Johannes 1, 7 heißt es „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“

Freilich, dieses Loskaufen ist teuer erkauft: Mit dem Blute des Sohnes Gottes. Es ist keine billige Gnade – und somit auch kein billiger Trost, den Gott uns da schenkt. Nur wenn wir auf das Kreuz schauen, beginnen wir zu verstehen, was Gott da für uns getan hat. Unser ganzer Trost ist so gebunden an das objektive Werk Gottes in Jesus Christus. Wenn das Kreuz für uns etwas „das allergrößte Verbrechen der Geschichte“ oder nur „ein anstößiger Irrtum“ ist, wenn Jesus Christus für uns ein halt ungerecht verurteilter Mensch oder das bedauernswerte Opfer eines religiösen Fanatismus bleibt, ist überhaupt kein Trost möglich. Das Kreuz ist unser Trost, wenn wir es im Glauben fassen, dass Gott selbst in Jesus Christus kommt, um für uns „zu bezahlen“. Jetzt beginnt die neue Ordnung. Die Auferstehung Christi, die wir an Ostern feiern, ist das Zeichen des Reiches, das gekommen ist und kommt. Das ist unser Trost.

c) „Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss, und von Herzen willig und bereit, fortan ihm zu leben.“

Der Heilige Geist ist Gott, der kommt, um in uns das Werk zu bezeugen, das er für uns in Jesus Christus vollbracht hat. Das Kreuz bleibt nicht ein historisches Ereignis, von dem wir uns im Laufe der Jahrhunderte nur immer weiter entfernen könnten. Der Heilige Geist bringt es zustande, dass das Werk Gottes in Jesus Christus zu meinem Heil, zu meiner Gewissheit, zu meinem Trost wird. Er ist der Kraftbogen, die Brücke, die Gott von sich aus zu uns hinschlägt, um uns Anteil am Heil zu geben. Ja, auch mein Leben in der Zeit darf unter dieser Versicherung stehen: In meinem Leben, Arbeiten, Lieben und Handeln gilt diese Zusage, dass Gott mir Wegweisung geben will und dass ich herzlich eingeladen bin, auf ihn zu vertrauen, weil er der einzige Trost ist. Er schenkt uns die Kraft, „ihm forthin zu leben“.
Der Heilige Geist weist uns die Richtung, die wir in unserem Leben einschlagen sollen. 2. Kor 1, Vers 20 ff. steht: „Denn auf alle Gottesverheißungen ist ein Christus Jesus das JA. Darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zu Lobe. Gott ist es aber, der uns befestigt samt euch in Christus und uns gesalbt und versiegelt und in unsere Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.“
Amen.