Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

>>> Was will ich vom (christlichen) Glauben wissen? Fragen haben, Antworten finden.

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Der Heidelberger Katechismus im Siegerland

Interview mit Annette Kurschus, Superintendentin im Ev. Kirchenkreis Siegen

Annette KurschusSiller: Frau Kurschus, Sie sind Superintendentin im Ev. Kirchenkreis Siegen. Ist der Heidelberger Katechismus in dieser Gegend bekannt?
Kurschus: Im reformierten Kirchenkreis Siegen ist der Heidelberger Katechismus offiziell in Gebrauch, er ist also – zumindest vom Namen her – den meisten Menschen in unseren Gemeinden ein Begriff. Ältere Menschen aus der Generation meiner Eltern beispielsweise kennen bis heute eine Vielzahl von Fragen und Antworten auswendig; der Heidelberger Katechismus hat ihre Konfirmandenzeit geprägt. In den nachwachsenden Generationen ist das ganz anders.

Siller: Seit wann ist der Katechismus bei Ihnen bekannt? Können Sie einen kurzen Überblick über die Geschichte geben?
Kurschus: Im Jahre 1580 wechselte die Grafschaft Nassau-Siegen zum reformierten Bekenntnis. Ein Jahr später wurde der Heidelberger Katechismus hier als Bekenntnis-, Lehr- und Erbauungsbuch eingeführt.
Unter dem starken Einfluss des Rationalismus wurde er um die Wende zum 19. Jahrhundert durch andere Katechismen verdrängt. Als die Phase des Rationalismus vorüber war, griff man nicht gleich wieder auf den Heidelberger zurück, sondern es entstanden (auch auf dem Hintergrund der Union) viele neue, durchaus „fromme“ Katechismen – wie etwa derjenige von Adolf Friedrich Krummacher. Erst nach und nach kam das Bedürfnis auf, den Heidelberger Katechismus wieder zu gebrauchen – Ausgangsort für diese Wende war das Lehrerseminar in Hilchenbach.
1872 schließlich fasste die Kreissynode Siegen einen offiziellen Beschluss zur Wiedereinführung des Heidelberger Katechismus. Es dauerte allerdings noch etliche Jahre, bis dieser Beschluss seine Umsetzung in sämtlichen Kirchengemeinden fand.

Siller: Hat der Heidelberger Katechismus die Menschen geprägt?
Kurschus: In mancher Hinsicht ja.
Durch das große Lernpensum, das die 129 Fragen darstellen – viele ältere Menschen mussten tatsächlich alle Fragen ohne Ausnahme auswendig lernen – , wurde bereits den Konfirmandinnen und Konfirmanden deutlich: Glaube hat nicht nur mit Gefühligkeit und innerer Überzeugung zu tun – sondern auch mit geistiger Beschäftigung, mit Information und Wissen.
Viele Formulierungen des Heidelbergers sitzen tief in den Köpfen und Herzen und bilden dort einen kostbaren Schatz, der jederzeit abrufbar ist und sich in unterschiedlichen Lebenslagen als hilfreich erweist. Ich nenne nur einige Beispiele:
An erster Stelle natürlich Frage 1, Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Dieser Text begleitet Menschen durch ihr ganzes Leben. Er erweist bis in die Gegenwart sowohl bei Konfirmationen als auch bei Beerdigungen seine bleibende Gültigkeit und Kraft. Die Frage 54 (Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?) hat das Kirchen- und Gemeindeverständnis in unserer Region stark geprägt; ihre Antwort stärkt auch in schwierigen Zeiten die tiefe Zuversicht, dass der Herr der Kirche selbst es ist, der seine Gemeinde sammelt, schützt und erhält. Trotz vieler neuer Zugänge zum Abendmahl in größerer Unbefangenheit gibt es hier und da immer noch eine gewisse Scheu vor der Teilnahme. Sie mag auch in der Frage 81 ihren Ursprung haben (Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?) – und in der dort genährten Furcht, ich könnte unwürdig kommen und mir selbst zum Gericht essen und trinken.
Frage 80 (Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?) mit ihrer Verwerfung hat nicht gerade dazu beigetragen, Ressentiments gegenüber katholischen Christen abzubauen.

Siller: Und wie ist es heute? Spielt er heute noch eine Rolle?
Kurschus: Im Konfirmandenunterricht wird der Heidelberger Katechismus kaum noch verwendet. Seine Sprache und seine Begrifflichkeit sind heutigen Kindern und Jugendlichen nicht mehr ohne Hilfestellungen zugänglich. Die Beschäftigung mit biblischen Geschichten hat die Katechese im engeren Sinne beinahe völlig verdrängt. Es bleibt kritisch zu fragen, ob der Glaube, wenn er sprachfähig werden will, dazu nicht über die Kenntnis biblischer Texte hinaus unverzichtbar die lehrhafte Hilfe braucht.
Ich weiß um einzelne Gemeinden in unserem Kirchenkreis, in deren sonntäglicher Gottesdienstliturgie der Heidelberger Katechismus bis heute seinen festen Platz hat; bei Konfirmationen und Beerdigungen bleibt die Frage 1 ein oft und gern zitierter Text; gelegentlich nehmen Predigten auf Inhalte des Heidelberger Katechismus Bezug.

Siller: Welchen Eindruck haben Sie von den Pfarrerinnen und Pfarrern, für die Sie als Superintendentin zuständig sind: Kennen sie den Katechismus, mögen sie ihn, arbeiten sie mit ihm?
Kurschus: Selbstverständlich kennen sie ihn – aber mehr in dem Sinne, dass sie ihn im Laufe ihres Studiums als wichtiges historisches Dokument reformierter Tradition zur Kenntnis genommen und sich mehr oder weniger intensiv damit beschäftigt haben. Nur wenige der heute aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer nutzen den Katechismus in ihrer täglichen Arbeit. Manche kenne ich, die schätzen und mögen ihn sehr.

Siller: Wie ist es bei Ihnen selbst: Kommt der „Heidelberger“ in Ihrer Arbeit als Superintendentin vor?
Kurschus: In meiner gottesdienstlichen Praxis verwende ich hin und wieder gern und mit Gewinn einzelne Fragen des Heidelberger Katechismus anstelle des Apostolischen Glaubensbekenntnisses und spreche sie gemeinsam mit der Gemeinde.
Für mein theologisches Denken und Arbeiten sowie für die praktischen Konsequenzen, die ich in meinem kirchlichen Entscheiden und Handeln daraus ziehe, bietet der Heidelberger eine gültige Orientierung. Sein klarer Aufbau enthält eine christliche Dogmatik in nuce.
Der Ansatz der Ethik, der hier zugrunde liegt, ist zutiefst biblisch: Unser Handeln und Beten gründet in der Dankbarkeit. Dabei hat der Katechismus unsere menschlichen Widerstände gegen das von Gott geforderte Gute sehr nüchtern und realistisch im Blick – zugleich aber auch Möglichkeiten zu deren Überwindung.
Bei der Mitgestaltung und Mitverantwortung gegenwärtiger kirchlicher Veränderungsprozesse hilft mir immer wieder die Frage 54. Ihre Antwort bewahrt sowohl vor aktionistischer Selbstüberschätzung als auch vor lähmender Resignation; sie nimmt uns klar in die Verantwortung, ohne den Fortbestand der Kirche allein von uns abhängig zu machen.
Was der Heidelberger Katechismus zu den Sakramenten sagt, steuere ich gern als reformierten Beitrag in Diskussionen zum „Jahr der Taufe“ bei. Die Formulierung „so gewiss wie“ macht auf unübertroffene Weise deutlich, was die Sakramente in Verbindung mit und in Ergänzung zum Wort der Verkündigung wirken.

Siller: Im ökumenischen Gespräch, so wird häufig gesagt, könne der Heidelberger Katechismus eine gute Gesprächsgrundlage sein. Können Sie sich das vorstellen oder haben Sie schon solche Erfahrungen gemacht?
Kurschus: Für das ökumenische Gespräch ist wichtig, dass ich Rechenschaft geben kann über die Hoffnung, die in mir ist – und dass ich in Worte zu fassen vermag, was meinen Glauben ausmacht.Dafür ist der Heidelberger Katechismus eine gute Schule und eine praktische Unterstützung.
Da er eigentlich ein Unionskatechismus ist, also die reformierten Propria nicht abgrenzend herausstellt, hilft er dazu, das Gemeinsame und Verbindende christlicher Konfessionen zu erkennen.
Nicht umsonst gibt es – um neben der interkonfessionellen die weltweite Dimension von Ökumene zu erwähnen – eine überaus breite internationale Rezeption des Heidelberger Katechismus.

Siller: Gibt es Abschnitte oder einzelne Fragen und Antworten, die Sie besonders schätzen?
Kurschus: Welche Fragen des Heidelberger Katechismus mir besonders viel bedeuten, wurde im Vorausgehenden bereits deutlich:
Es ist zuallererst die grundlegende Frage nach meinem einzigen Trost im Leben und im Sterben (Frage 1), die mir jetzt zum aufrechten und zuversichtlichen Leben hilft und hoffentlich, wenn es soweit sein wird, auch zum getrosten Sterben.
Es ist die Frage nach dem wahren Glauben (Frage 21), die erkennendes Fürwahrhalten und herzliches Vertrauen nicht gegeneinander ausspielt, sondern untrennbar miteinander verbindet.
Und es ist schließlich die Frage nach der Kirche (Frage 54), die darum weiß, dass wir uns als Kirche dem erwählenden Handeln Gottes verdanken. Dem göttlichen Handeln in allem eigenen Tun und Lassen Vertrauen zu schenken und Raum zu geben, bleibt im Leben und Gestalten von Kirche unsere tägliche Herausforderung.
Sehr unverblümt und selbstverständlich wird im Heidelberger Katechismus – speziell im zweiten Teil („Von des Menschen Erlösung“) – immer wieder eine Frage gestellt, die wir in christlichen Kreisen gern verurteilen: Was nützt mir/dir/uns das? (Vgl. Fragen 28, 36, 43, 45, 49, 51). Theologische Wahrheiten, diese nüchterne Annahme steckt wohl dahinter, erhalten erst dann Bedeutung und Wichtigkeit für mich, wenn ich erkenne, wie sie mir persönlich zugute kommen. Wichtiger noch: Lehre kommt nicht abstrakt und steril daher, sondern hat als solche auch soteriologische Funktion.

Siller: Sehen Sie problematische Seiten?
Kurschus: Zu der problematischen Bezeichnung der päpstlichen Messe als „vermaledeite Abgötterei“ (Frage 80) hat das Moderamen des Reformierten Bundes das Nötige gesagt; die Erklärung ist in den neuen Ausgaben des Heidelberger Katechismus als Fußnote abgedruckt.
Mich hat außerdem immer der „syllogismus practicus“ in Frage 86 gestört: Der Christ wird seines Glaubens aus den „Früchten“, also aus den guten Werken, gewiss. Dies wäre eine sehr wackelige und wenig tragfähige Glaubensgrundlage!
Schließlich sind die Fragen zur Bedeutung des Todes Jesu (Fragen 12-18) in ihrer Terminologie sehr stark an der Satisfaktionslehre des Anselm von Canterbury orientiert. Hier wird mir zu wenig deutlich, dass nach biblischem Zeugnis Gott selbst es ist, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat.

Siller: Denken Sie, dass der Heidelberger Katechismus insgesamt als angemessene und hilfreiche Zusammenstellung des christlichen Glaubens auch für die heutige Zeit angesehen werden kann?
Kurschus: Dieser Meinung bin ich tatsächlich. Ich halte Aufbau und Grundstruktur sowie einzelne Fragen des Heidelberger Katechismus für ausgesprochen hilfreich und aktuell in der gegenwärtigen kirchlichen Situation. Da ist alles drin: Auslegung des Glaubensbekenntnisses, Erklärung der Sakramente, des Dekalogs, des Vaterunsers. Frage 1 bleibt eine unüberbietbare Zusammenfassung des christlichen Glaubens.
Allerdings müssen die meisten Inhalte heute sprachlich neu „übersetzt“ werden.
Nur in wenigen Punkten ist der Katechismus sehr stark Kind seiner Entstehungszeit und an Fragestellungen orientiert, die heute nicht mehr unsere Themen sind – etwa in den Fragen 46-48 (Himmelfahrt und Zweinaturenlehre).
Ich fand zu dieser Frage ein schönes Zitat:
„Der Heidelberger Katechismus kann im eigentlichen Sinne des Wortes als die Blüthe und die Frucht der ganzen deutschen und französischen Reformation angesehen werden; er hat lutherische Innigkeit, melanchthonische Klarheit, zwinglische Einfachheit und calvinisches Feuer in Eins verschmolzen und ist darum auch – ungeachtet mancher Mängel und Ecken – (neben der veränderten Augsburgischen Confession von 1540) das einzige gemeinsame Bekenntniß und Lehrbuch der deutschen reformirten Kirche von der Pfalz nach den Niederlanden und bis nach Brandenburg und Preußen geworden und geblieben.“
(Max Goebel, Geschichte des christlichen Lebens in der rheinisch-westfälischen Kirche, Bd. 1, Koblenz 1849, 392)

Siller: Sie sind Mitglied im Arbeitskreis des Reformierten Bundes für die Vorbereitung des bevorstehenden 450jährigen Jubiläums des Katechismus: Was erhoffen Sie sich von dem Jubiläumsjahr?
Kurschus: Ich hoffe, wir können in diesem Jubiläumsjahr viele Menschen neugierig machen auf ein historisches Dokument, das seine Aktualität und wirksame Kraft bis heute nicht verloren hat.
Damit verbinde ich keineswegs die Erwartung, dass der Heidelberger Katechismus im Jahre 2013 eine Art Auferstehung erlebt und wieder zu einem viel benutzten Unterrichtsbuch in unseren Gemeinden wird. Aber das beharrliche Fragen könnten wir neu von ihm lernen. Und das eindrucksvolle Mühen um gültige Antworten auch - in seiner Zeit und über die damalige Zeit hinaus.

Siller: Liebe Frau Kurschus, herzlichen Dank für das Interview!

 

 


Aleida Siller, 27.04. 2011