Heidelberger Katechismus Frage ...
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Calvin und die adeligen Frauen im französischen Protestantismus II

Von Rosine Lambin, München

1. Die Politik und die Methode Calvins
A. Die Überzeugung Calvins
B. Die Strategie Calvins
2. Die Unabhängigkeit der Frauen
A. Die Freiheit am Hof der Frauen
B. Theologische Argumente gegen Calvin

B. Die Strategie Calvins

Dadurch motiviert, entwickelte Calvin eine Strategie, um die Frauen für die Reformation zu gewinnen. Diese Strategie bestand aus vier Punkten: 1. theologische und politische Überzeugungsarbeit; 2. schriftliche Ermahnungen; 3. Sendung von Pastoren zu den Frauen, um die Kirchen in ihren Gebieten aufzubauen und ihren neuen Glauben zu unterstützen; 4. Aufbau eines Informationsnetzes, um die Lage der Frauen besser überwachen zu können.

Calvin korrespondierte regelmäßig mit Mitgliedern der königlichen Familie und des niedrigeren Adels und versuchte die Frauen auf der theologischen, aber auch der politischen Ebene zu beeinflussen[1]. Sein Standpunkt war, daß die Herrscherinnen die Pflicht und die Verantwortung hätten, ihren Herrschaftsgebieten den wahren Glauben aufzudrängen[2]. Er entwickelte allerdings eine politische Theorie der besseren Regierung, die eine Oligarchie vorschlug: Die Hauptautorität würde zwar die Verantwortung haben zu regieren, aber, um eine Tyrannei zu vermeiden, wäre es für die Hauptautorität von Vorteil, sich auf einen Rat zu stützen[3]. Diese Theorie war ein theologischer Trick Calvins: Der Apostel Paulus hatte gesagt, daß die Christen den Autoritäten gegenüber gehorsam sein sollten, ohne ausdrücklich zu sagen, welchen Autoritäten sie gehorchen sollten[4]. Calvin war der Ansicht, daß alle Autoritäten, ob gut oder schlecht, gottgewollt sind und daß ihnen daher gehorcht werden mußte[5]. Der Gehorsam hätte jedoch eine Grenze, wenn Gott eine größere Autorität beauftragte, gegen die Herrschaften, die Gottes Gebote mißachten, wie Moses gegen Pharao, zu rebellieren[6]. Wenn eine Hauptautorität sich den Gesetzen Gottes nicht unterwirft und das Volk mißhandelt, darf die niedrigere Obrigkeit das Volk vertreten und der Tyrannei entgegentreten[7], und wenn die Hauptautorität etwas gegen Gott und seine Gebote befiehlt, d.h. daß sie ihre Grenzen überschreitet, müssen die Christen erkennen, daß sie eher Gott gehorchen müssen[8]. Das Recht, sich gegen die Tyrannei zu erheben und die Führung zu übernehmen, das Calvin der niedrigeren Obrigkeit zugesteht, wurde der Ursprung für die französische reformierte Theorie des Widerstands und der legitimen Verteidigung. Calvin selbst hatte den ersten Religionskrieg (1562) in Frankreich als Verteidigungskrieg gutgeheißen und lobte z.B. Renée de France für ihren Widerstand gegen die königlichen Truppen in Montargis[9]. Da nun nicht nur die höchsten Autoritäten wie der König, sondern auch die niedrigeren Autoritäten wie eine adlige Herrin eines Gebietes, eine gottgewollte Macht besaßen, konnte das Volk notfalls, wenn die höhere Autorität nicht mehr Gottes Willen tat, der niedrigeren Autorität gegenüber gehorsam sein. Wenn z.B. ein König seine Armee gegen ein protestantisches Dorf aufmarschieren läßt, hat die Herrin dieses Dorfes das Recht und die Verantwortung es zu verteidigen. Diese Frau ist in dem Fall Gott gehorsam und vor Gott ist sie deswegen die Hauptautorität, nicht der König[10]. Calvin war auch der Ansicht, daß die christlichen Herren und Herrinnen die Pflicht haben, die wahre Religion schlimmstenfalls gegen ihre Feinde mit Waffengewalt zu verteidigen. Sie sind Gott, ihrem Herrn, gegenüber Rechenschaft schuldig, der verlangt, daß sein Recht angewendet wird. Die Theorie Calvins gab den adligen Frauen die Macht, Gottes Recht anzuwenden. Calvin argumentierte z.B. Jeanne d’Albret und Renée de France gegenüber, daß Gott den Prinzen befehle, ihre Untertanen dazu zu zwingen, ein christliches Leben zu führen[11]. Besonders unter Calvins Einfluß ließ sich Jeanne d’Albret davon überzeugen, daß Gott sie auserwählt habe, um ihm zu dienen[12].

Aber diese Herrinnen sollten durch eine kirchliche Gegenmacht kontrolliert werden. Calvin ermahnte sie und schickte ihnen Pastoren, die ihren Glauben und ihre Taten überprüfen sollten. 1536 besuchte Calvin selbst Renée de France in Ferrara und korrespondierte daraufhin mit ihr[13]. Als Renée 1560 nach Frankreich zurückkehrte, erklärte der Pastor Jean-Raymond Merlin (+1578)[14] Calvin am 12. Juni 1561, daß Renée nicht bereit sei, in der Öffentlichkeit[15] als Protestantin zu leben und einen Geistlichen bei sich aufzunehmen[16]. Merlin drängte sie aber weiter, indem er ihre Angst vor dem Gottesurteil schürte, bis sie versprach, einen Pastor bei sich aufzunehmen, wie dies mehrere Frauen des Adels schon getan hatten. Sie verpflichtete sich auch, diesen Pastor so lange zu verteidigen, bis es ihre Person und ihre Stellung gefährden würde[17]. Merlin bat Calvin sofort einen Prediger zu schicken, bevor die Prinzessin ihre Meinung ändern würde. Sobald er den Brief bekam, berief Calvin den Stadtrat von Genf zu einer Versammlung[18]. Dies zeigt, wie wichtig in den Augen Calvins der Einfluß der Prinzessin in Frankreich war. Der Stadtrat entschied während der Sitzung des 3. Juli, daß jemand nach Montargis geschickt werden sollte, jedoch nicht Theodor Beza oder Calvin selbst. Calvin beauftragte François Morel, der schon 1554 nach Ferrara gesandt worden war[19]. Morel berichtete Calvin über das Tun und Treiben Renées[20]. Ihre diplomatische Haltung zwischen den Katholiken und den Protestanten war kaum mit Morels Überzeugung zu vereinbaren. Warum Renée Morel mehrere Jahre bei sich behielt, ist rätselhaft, weil sie gegen seine Ansicht die Religionsfreiheit in ihrem Gebiet weiterhin erlaubte.

Theodor Beza und Jean-Raymond Merlin[21] wurden von Genf aus zu Jeanne d’Albret beordert. Theodor Beza wurde am 30. Juli 1560 nach Nérac geschickt und blieb dort bis November[22]. Jeanne wurde im September von Ihrem Gatten, Antoine de Bourbon, mit Beza allein gelassen. Ab dieser Zeit korrespondierte Jeanne mit den Reformatoren in Genf bis zu ihrem Tod[23]. Calvin warf ihr übrigens im Januar 1561 vor, daß sie viel Zeit gebraucht hätte, um sich zu entscheiden[24]. Kurz nach Beza traf François Hotman (1524-1590) in Nérac ein und Mélanchton schickte seinen Freund Hubert Languet ebenfalls dorthin[25]. Merlin kam im März 1563. Im Juni schickte Calvin ihr noch ein Dutzend Männer hinzu mit der Absicht, die Reform ihrer Staaten zu unterstützen[26]. Nicolas de Bordenave (ca. 1530-1601), Jeannes offizieller Historiograph für den Béarn, beschrieb, daß Jeanne, gegen Calvins Meinung[27], die Prediger in die Orte schickte, wo es schon eine Mehrheit von Reformierten gab, statt ihre Arbeit für das Missionieren in den katholischen Gebieten zu nutzen[28]. Jeanne wußte, daß ein großer Teil des Volkes nicht bereit war, der katholischen Religion abzuschwören[29]. Es kam zu einem Konflikt zwischen der Königin und Merlin. In einem ersten Brief vom 23. Juli schrieb er an Calvin, daß die Königin abgelehnt hatte, eine Liste der Güter des Klerus in Hinsicht auf eine zukünftige Beschlagnahme einzuführen und ihm verbot, öffentliche Debatten mit den katholischen Priestern zu führen[30]. In einem zweiten Brief vom 25. Dezember beschwerte sich Merlin bei Calvin, daß der Eifer der Königin sich abgekühlt habe[31]. Jeanne d’Albret weigere sich, die katholische Religionsausübung im ganzen Land zu unterbinden. Merlin behauptete, daß sie Angst vor einer spanischen Invasion habe und von päpstlichen Drohungen erschüttert sei. Sie habe Merlin sogar mitgeteilt, daß sie annahm, daß Calvin und Beza ihm nicht zustimmen würden, wenn ihnen die politische Lage des Königreiches bekannt wäre[32]. Jeanne wollte Merlin verständlich machen, daß eine Reform mit Vorsicht durchgeführt werden sollte: Sie neigte in dieser Zeit noch zu Renées sanfter Methode und war sich dessen bewußt, daß das Volk nicht gezwungen werden konnte zu konvertieren.

Das Informationsnetz Calvins hatte als Ziel, die Frauen besser kontrollieren aber auch schützen zu können. Wenn eine der Frauen sich in Gefahr befand, konnte Calvin ihr sofort Unterstützung schicken. Als die Sorbonne z.B. 1533 zwei Werke von Marguerite d’Angoulême[33] auf den Index setzte und der Syndikus Noël Bédier sie in der Öffentlichkeit wegen Häresie anklagte, wurde Calvin darüber informiert[34] ebensowie Jean Sturm (1507-1589), Rektor in Straßburg, der wiederum Bucer informierte[35]. Das Gleiche erfolgte nach der Fürsprache Marguerites zugunsten der Waldenser während der Verfolgungen von 1545. Farel informierte Calvin und Jean Sleidan (1506-1556) Sturm[36]. Anne de Parthenay (ca. 1510-1549) berichtete Calvin 1541 von den Verfolgungen in Ferrara. Auch hörte Calvin von Anne, daß François Richardot, ein Beichtvater, am Hof von Renée de France eingestellt wurde, um Renée und ihren Haushalt davon zu überzeugen, daß man innerlich protestantisch sein und trotzdem zur Messe gehen und beichten könne[37]. Calvin reagierte sofort und schrieb Renée im November, daß sie diesem Priester auf keinen Fall an ihrem Hof erlauben dürfe, weiterhin seine Blasphemie zu propagieren[38]. Nach diesem Brief lehnte Renée eine Weile ab, zur Messe zu gehen, behielt jedoch Richardot am Hofe[39]. Im Jahre 1554 wurde Renée härter verfolgt. Calvin gab zuerst Lion Jamet am 6. August einen Brief für Renée mit und entschied sich, so bald wie möglich Morel nach Ferrara zu schicken, um Renée gegen die Inquisitoren in Ferrara zu unterstützen[40]. Die Dienstbeflissenheit Calvins, ihr eine Stütze zu schicken, zeigt, daß er Renée für sehr wichtig hielt, weil er sich von ihr erhoffte, daß sie eine hohe Stellung bei den italienischen Protestanten einnehmen könnte. Gleichzeitig aber deutet seine schnelle Reaktion darauf hin, daß er einen Umschwung der Prinzessin befürchtete. Als Renée unter Druck wieder zur Messe ging[41], war Calvin erst von ihrem Rückfall enttäuscht. Er schrieb Renée im Februar 1555, sie solle zu frischem Mut greifen und schickte ihr den Ritter de Vico, einen reformierten Wanderprediger[42].

Seit den 50er Jahren nahmen kalvinistische Frauen führende Tätigkeiten in der protestantischen Partei auf und wurden von Genf aus von Calvin betreut. Louise de Clermont, duchesse d’Uzès und Dame de Crussol, Freundin von Katharina von Medici, vermittelte zwischen den Kalvinisten und Katharina von Medici sowie Madeleine de Mailly (verheiratet 1528-1567), comtesse de Roye. Beide Frauen wurden von Calvin in verschiedener Hinsicht begleitet[43]. Madeleine de Mailly riet 1559 Katharina von Medici, sich besser über die reformierte Religion kundig zu machen. François Morel, lobte die Dienste Madeleines und teilte Calvin mit, daß sie ihm sofort einen Eilboten mit der Nachricht geschickt habe, daß die Königin sich bereit zeige, ihren Ratschlag zu befolgen[44]. Madeleine flehte ihn an, eine solche Gelegenheit nicht zu verpassen. Daraufhin versuchte sie ein Geheimtreffen zwischen Katharina von Medici und dem Pastor von Paris und Kaplan des Königs von Navarra, Antoine de La Roche-Chandieu, zu arrangieren[45]. Während des ersten Religionskrieges (1562) beauftragte die protestantische Partei Madeleine de Mailly als Vermittlerin, um die Unterstützung der deutschen Prinzen und der Königin Elisabeth von England zu gewinnen[46]. Calvin bat auch Madeleine zu intervenieren, als er mit dem Friedensedikt von Amboise (19. März 1563) unzufrieden war, weil nur den Adligen die freie Religionsausübung erlaubt wurde[47]. Sie wechselte mehrere Briefe mit dem Grafen Christoff von Württemberg, um mit ihm gemeinsam zu überlegen, wie der Frieden zugunsten der Protestanten, genutzt werden könne[48].

Bevor er 1564 starb, diktierte Calvin am 4. April einen letzten Brief an Renée de France und bat sie, ihre Nichte Marguerite de France dazu zu bewegen, sich offener zur Reformation zu bekennen [49]. Einer seiner letzten Gedanken galt also den adligen Frauen in Frankreich und dem Netz, das sie für die Reformation bildeten

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[1] Königliche Familie: Marguerite d’Angoulême, Renée de France, Jeanne d’Albret. Niedrigerer Adel: Jacqueline de Rohan, Madeleine de Mailly, Charlotte de Laval, Françoise d’Amboise, Louise de Sains d’Ailly, Louise de Clermont, Madame de Rantigny, Madame de Falais, Roberte Le Lyeur, Madame de Cany, Mademoiselle de Pons, Madame de la Roche Posay, abbesse de Thouars.

[2] Jean Calvin. L’institution chrétienne. Bd. 3, o.O. 1978, IV, XX/2, S. 449; edb. XX/9-c, S. 457-458.

[3] Edb. Bd. 3, IV, XX/8-b, S. 455.

[4] Edb. Bd. 3, IV, XX/7, S. 454.

[5] Edb. Bd. 3, IV, XX/25, S. 474; edb. XX/29, S. 477.

[6] Edb. Bd. 3, IV, XX/30, S. 479.

[7] Edb. Bd. 3, IV, XX/31-c, S. 480.

[8] Edb. Bd. 3, IV, XX/32, S. 480-481.

[9] Calvin, Bd. 2, A la duchesse de Ferrare, 10. Mai 1563, S. 513-517.

[10] Edb. A la reine de Navarre, 24. Dez. 1561, S. 439.

[11] Edb. A la duchesse de Ferrare, 8 Jan. 1564, S. 546-549; ebd. A la Reine de Navarre 16 Jan. 1561, S. 367; ebd. A la reine de Navarre 20. Jan. 1563, S. 488-493: « [Aussi, Madame, puisque le gouvernement est aujourd’hui venu entre vos main, connaissez que Dieu veut tant plus éprouver le zèle et sollicitude que vous avez de vous acquitter fidèlement à mettre sus le vrai service qu’il demande. [...] C’est aussi qu’il est enjoint à tous ceux qui ont domination, de purger leurs terres de toutes idolâtries et souillures dont la pureté de la vraie religion est corrompue. [...] Or je sais les disputes que plusieurs émeuvent pour montrer que les princes ne doivent pas contraindre leurs sujets à vivre chrétiennement. Mais c’est une dispense trop profane de permettre à celui qui ne veut rien quitter du sien, que son supérieur soit fraudé de son droit. »

[12] Strohl, S. 51.

[13] Rodocanachi, Kapitel 5.

[14] Merlin war der Anstaltsgeistliche von Charlotte de Laval, Amirale de Coligny.

[15] Mit dem Begriff „Öffentlichkeit“ wird hier die offizielle Haltung der Frauen („huis ouvert“) im Gegensatz zur innerlichen Religion, zu privaten Versammlungen („huis clos“) und zur geheimen Einstellung von protestantischen Geistlichen verstanden. Die adligen Frauen hatten ein öffentliches Leben in dem Sinne, daß Chronisten am Hof, offizielle Historiographen, Botschafter oder Eilboten über ihr Tun und Treiben berichtet haben. Flugblätter, die in den Straßen verteilt wurden, stellten z.B. dar, ob die oder diese zur Messe gegangen wäre oder nicht. Deswegen, besonders vor den 50er Jahren, gingen vielen Frauen in der „Öffentlichkeit“ mit dem Hof zur Messe und hörten, zurückgezogen in ihren Gemächern, zusammen mit Freunden einen kalvinistischen Pastor predigen, ohne offiziell der katholischen Religion abzuschwören.

[16] Opera Calvini, Bd. 18, 12. Juni 1561, S. 507-508; Rodocanachi, S. 335; Christiane Gil. Renée de France. Paris 1990, S. 185.

[17] Rodocanachi, S. 335.

[18] Rodocanachi, S. 336.

[19] Calvin, Bd. 2, A Madame la duchesse de Ferrare, 6. Aug. 1554, S. 428-431; Rodocanachi, S. 244; 336; Gil, S. 190.

[20] Opera Calvini, Bd. 18, 3466 Morel à Calvin, Montargis, 3. Aug. 1561, S. 590; 3491, Morel à Calvin, Saint-Germain, 25. Aug. 1561, S. 642.

[21] Im März 1563. Françoise Kermina. Jeanne d’Albret. La mère passionnée d’Henri IV. Mesnil-sur-l’Estrée 1998, S. 187.

[22] Calvin, Bd. 2, A la reine de Navarre, 16. Jan. 1561, S. 365-366.

[23] Alphonse de Ruble, E. Paul, Huart u. Guillemin (Hg.). Mémoires et poésies de Jeanne d’Albret. Paris 1893, S. 3-4; Nicolas de Bordenave (ca. 1530-1601). Histoire de Béarn et de Navarre (1517 à 1572). Paris 1873, S. 108.

[24] Calvin, Bd. 2, A la Reine de Navarre, 16. Jan. 1561, S. 366; Kermina, S. 139.

[25] Yves Cazaux. Jeanne d’Albret. Paris 1973, S. 207-208.

[26] Calvin, Bd. 2, A la reine de Navarre, 1. Juni 1563, S. 519-522.

[27] Calvin, Bd. 2, A la reine de Navarre, 20. Jan. 1563, S. 492.

[28] Bordenave, S. 116.

[29] Bordenave, S. 141.

[30] La Réforme en Béarn. Deux lettres inédites du ministre Raymond Merlin à Calvin, juillet et décembre 1563. In: BSHPF XIV (1865), Merlin à Calvin, 23. Juli u. 25. Dez. 1563, S. 230-248, hier S. 247.

[31] Edb., S. 247; Nicolas Weiss. L’intolérance de Jeanne d’Albret. In: BSHPF XL (1891) S. 261-443, hier S. 272.

[32] Opera Calvini, Bd. 20, S. 220; Weiss, S. 273.

[33] Le Miroir (1531) und Le Dialogue en forme de vision nocturne (1524).

[34] Opera Calvini, Bd. 11, Calvin à Daniel, S. 27-29.

[35] Herminjard, 432 Jean Sturm à Martin Bucer, S. 94.

[36] Opera Calvini, Bd. 12, Farel à Calvin. 15. Mai 1545, S. 80; Sleidans Briefwechsel. Strasbourg 1881, S. 56.

[37] Doumergue, S. 58; Gil, S. 107; Rodocanachi, Kapitel 7.

[38] Opera Calvini, Bd. 11, 374 bis, Nov. 1541, S. 323.

[39] Gil, S. 110-112.

[40] Calvin, Bd. 2, A Madame la duchesse de Ferrare, 6 Aug. 1554, S. 428-431; Rodocanachi, S. 244; Gil, S. 149-151.

[41] Charmarie Jenkins-Blaisdell. Renée de France between Reform and Counter-Reform. Gütersloh 1972 (Sonderdruck aus Archiv für Reformationgeschichte 63-1972), S. 196-226, hier S. 213-214; Gil, S. 150.

[42] Calvin, Bd. 2, A la duchesse de Ferrare, 2. Feb. 1555, S. 47; ebd. A la duchesse de Ferrare 10. Juni 1555, S. 57-60.

[43] Calvin, Bd. 2, A Madame de Crussol, 8. Mai 1563, S. 503-504; Le Laboureur, S. 382; Calvin, Bd. 2, S. 433-435.

[44] Opera Calvini, Bd. 17, 3113 Morel à Calvin, Paris, 11. Sept. 1559, S. 634-635; Jules Delaborde. Madeleine de Mailly, comtesse de Roye. In: BSHPF XXV (1876), S. 339; Jules Delaborde. Gaspard de Coligny, Amiral de France. Bd. 2 Paris 1881, S. 361, 400; Jules Delaborde. Eléonore de Roye, princesse de Condé (1535-1564). Paris 1876, S. 280; Romier, Bd. 1, S. 45.

[45] Louis Régnier de Laplanche (XVI. Jh.). Histoire de l’Estat de France, tant de la République que de la Religion, sous le Regne de François II. o.O. 1576, S. 67-68; Calendar of State Papers, Foreign, Elizabeth. London 1867, Throckmorton to the Queen, 10. Sept. 1559.

[46] Delaborde. Gaspard de Coligny, S. 169 u. Appendix 20, S. 590; Jules Delaborde. Madeleine de Mailly, comtesse de Roye. In: BSHPF XXV (1876), S. 337-348.

[47] Calvin, Bd. 2, A la comtesse de Roye, o.J. [Apr. 1563], S. 498.

[48] Correspondance de Madeleine de Mailly, comtesse de Roye, avec le duc Christophe de Wurtemberg (1562 - 1563). In: BSHPF XXV (1876), S. 349-361.

[49] Calvin, Bd. 2, 4. Apr. 1564, S. 558-560.


©Dr. Rosine Lambin, München