Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Der Heidelberger Katechismus in Lippe

Von Werner Weinholt

Reformiert-Sein in Lippe - In den Spuren des Heidelberger Katechismus

Aus dem lippischen Lemgo ist ein im 19. Jahrhundert entstandenes Spottgedicht zum Heidelberger Katechismus überliefert:

„Wir wollen ihn nicht haben,
den Heidelberger Kohl!
An ihm soll der sich laben,
dem Schimmel schmecket wohl.
Solang das Licht im Innern,
Bewußtsein und Verstand,
Vernunft und Geist erinnern,
daß wir mit Gott verwandt.
Was einst war gute Speise
in altvergang’ner Zeit,
auf langer Erdenreise
verschimmelt ist es heut.
Vom angebor’nen Bösen
der Geist zu uns nicht spricht.
Zum Haß geschaff’ne Wesen,
gottlob! das sind wir nicht.“

Das Gedicht zeigt, dass es der Heidelberger Katechismus nicht leicht hatte in Lippe – nicht im 19. Jahrhundert und auch in der Zeit davor nicht und danach auch nicht.

1563 war er in der Kurpfalz eingeführt worden und erfuhr im deutschsprachigen Raum der Reformation rasche Verbreitung. In vielen Gegenden Deutschlands soll er bei dem sich allmählich begründenden Dorfschulwesen als Unterrichtsgrundlage gedient haben. Parallel entwickelte das lippische Fürstenhaus Neigungen zum reformierten Glauben, allerdings ging damit nicht die unmittelbare Einführung des Heidelberger Katechismus in Lippe einher. Mit dem Einsickern des reformierten Glaubens in die Grafschaft Lippe ließ sich vielmehr beobachten, dass ein anderer Katechismus in lippischen Gemeinden Einzug hielt: AngersKurzer und einfältiger Bericht“ von 1593. Dieser Anger-Katechismus stellte offenbar eine gekürzte Form des Heidelberger Katechismus dar. Er wurde in Lippe im Zusammenspiel mit Luthers Kleinem Katechismus verbreitet, der in den Gemeinden bis dahin gebräuchlich war. Ab 1603 haben die Superintendenten in Lippe den Gebrauch des Angerkatechismus aktiv gefördert. Dieser schien zeitgemäßer und didaktisch geeigneter als der Heidelberger Katechismus, weil er konfessionell moderater und kürzer war – dem einfältigen Bürger Lippes eingängiger. Graf Simon VI. zur Lippe wird den Anger-Katechismus noch aus einem anderen Grund dem Heidelberger Katechismus bevorzugt haben: er wollte nicht in den Ruf geraten, Calvinist zu sein und den Calvinismus in sein Land einführen zu wollen.

Allerdings löste der Heidelberger Katechismus den Anger-Katechismus nach 1618 schrittweise ab. In der Lippischen Kirchenordnung von 1684 wurde der Heidelberger Katechismus dann für Schule und Kirche verbindlich eingeführt und war fast 150 Jahre selbstverständlich im Gebrauch lippischer Gemeinden und Schulen.

Es war geistesgeschichtlich durchaus konsequent, dass der Heidelberger Katechismus im Laufe des 18. Jahrhunderts ins Gerede kam und man ihn im Schatten der Aufklärung rasch durch einen an der Vernunft und der Tugend orientierten Leitfaden zum Glauben und zum Religionsunterricht ersetzen wollte. Die Menschen setzten in jener Zeit ihre Hoffnungen auf die Tugendhaftigkeit der natura hominis und die Vervollkommnung der Welt durch Ausbreitung der Tugend. Der Rationalismus der Aufklärung hatte auch vor der lippischen Kirche nicht halt gemacht. Luthertum und Calvinismus wurden vom Geist des Zeitalters völlig überwältigt. Die Kirche wurde zur moralischen Anstalt. Der Tenor der Gedankenwelt jener Zeit, in der der Heidelberger Katechismus mit seiner redlichen Beschreibung der menschlichen Natur auf der Strecke bleiben musste, lautete: „Es ist der Wille deines Gottes, daß du in deinem Leben auf Erden wachsen sollst an Erkenntnis, um weise und gut zu werden, und dass du weise und gut werden sollst, um ewig glückselig zu sein. Dazu sollen die Glaubenslehren wirken.“

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts kritisierte man offen den Heidelberger Katechismus. In der Tendenz war sich die große Zahl der Pfarrer einig: „Wir brauchen einen anderen Katechismus, worin nebst den Glaubenslehren auch die Pflichten der Moral und eines gottseligen Lebenswandels auf eine rechte Art vorgetragen werden.“ Der Heidelberger Katechismus sei längst außer Gebrauch gekommen und die lippischen Pfarrer würden auch bei ihrer Dienstverpflichtung nur noch auf die Augsburger Konfession als gemeinschaftliches Bekenntnis verpflichtet. Auch die Kritik in der Lehrerschaft war erheblich. Sie kämpfen gegen das alte Buch, das ihnen als Schul- und Unterrichtsbuch untauglich schien, als dass ein Kind es verstehen können sollte, und forderten ein neues Lehrbuch. Dem Geist dieser Zeit folgend legte bereits der Generalsuperintendent von Lippe, Ludwig F. A. von Cölln, 1794 einen noch in Katechismusform ausgearbeiteten Entwurf für eine Neugestaltung des „Christlichen Unterricht[s] nach der Lehre der Bibel für die Kinder auf dem Lande“ vor.

Endgültig zog aber der Geist des Rationalismus in den lippischen Schulen und Gemeinden durch den von Ferdinand Weerth 1811 eigeführten „Leitfaden für den Religionsunterricht in den Schulen“, der neben Glaubensinhalten vor allem moralische Belehrungen weitergab: Tugendhaft, ehrbar und rechtschaffen, nützlich für die Gesellschaft – so müsse das Leben eines Christenmenschen gestaltet sein. Der Heidelberger Katechismus wurde mit dem Prädikat behaftet, er passe nicht mehr recht in die Zeit, weil er zu orthodox, zu antiaufklärerisch und zu konfessionalistisch formuliert und ausgerichtet sei. Allerdings wurde diese Tendenz begleitet durch eine wachsende Strömung konservativer Kreise, die ihren Ursprung in pietistisch geprägten lippischen Pfarrern hatte. Aus diesem Kreis erwuchs neben der Ablehnung des Rationalismus auch ein starkes konfessionelles Bewusstsein, denn man sah in der Einführung des Leitfadens die konfessionellen Unterschiede zwischen Lutheranern und Reformierten in Lippe sich zur Undeutlichkeit verschwimmen. Anfang der 1840er Jahre begannen schließlich einige lippische Pfarrer, die der Erweckungsbewegung nahestanden, sich gegen den Leitfaden und für die Wiedereinführung des Heidelberger Katechismus einzusetzen. Damit begann in Lippe eine lange dauernde Auseinandersetzung über das „Für und Wider“ des Heidelberger Katechismus, der in der deutschen kirchlichen Öffentlichkeit jener Zeit erhebliches Aufsehen erregte. Diese Auseinandersetzung ging als „Katechismusstreit“ in die Geschichte ein.

Konkret: Fünf lippische Pfarrer hatten sich verschiedene kritische Stimmen zu eigen gemacht, die um die Integrität des reformierten Bekenntnisses fürchteten und der Erweckungsbewegung nahe standen. Sie traten in Flugschriften und Zeitungsartikeln für die Beibehaltung bzw. die Wiedereinführung des Heidelberger Katechismus ein. Zunächst hatte das Konsistorium, bestärkt durch eine Umfrage von 1844, daran festgehalten, dass der Heidelberger Katechismus endgültig abzuschaffen sei. Man fühlte sich bestärkt durch eine Umfrage, die ergeben hatte, dass sich die überwiegende Zahl der Pfarrer gegen die Wiedereinführung des Heidelberger Katechismus´ positionierte. Zeitweise sollen die Pfarrer und Lehrer sich bei ihrer Amtseinführung sogar verpflichtet haben, ausschließlich den neuen Leitfaden zu benutzen. Umgekehrt wandten sich seit 1845 die Befürworter des Heidelberger Katechismus mit der Flugschrift „Die alte und die neue Lehre, oder: Wer lehret Gott recht?“ an die Öffentlichkeit und beklagten, dass der Leitfaden kein kirchliches Bekenntnis lehre. „Unruhe in Lippe!“ – so geisterte es durch verschiedene evangelische Kirchenzeitungen in den Jahren 1840-58 mit breiter öffentlicher Wirkung. Kennzeichnend für die Lage mag sein, dass der lippische Generalsuperintendent 1846 auf der Evangelischen Konferenz in Berlin dann direkt um einen umfänglichen Bericht zu den „Ereignissen in Lippe“ gebeten wurde und darüber informierte, der Heidelberger Katechismus sei zwar offiziell durch den neuen Leitfaden ersetzt worden, dass hieße aber nicht, dass er nicht weiterhin verwendet werden dürfe. Die damit erhoffte Beruhigung in Lippe blieb allerdings aus. Bei dem Streit ging es offenbar um dreierlei: Einmal darum, dass in Lippe der Tendenz der Kirchenleitung, sich dem theologischen Rationalismus anzuschließen, entgegengetreten wurde; und dann auch um die Frage, ob die konfessionellen Unterschiede zwischen dem lutherischen und dem reformierten Bekenntnis schon so weit verwässert wären, dass der Leitfaden auch diesem Umstand Rechnung trage; und schließlich ging es unterschwellig um die Frage, wer in Lippe über die Grundlagen christlichen Bekenntnisses entscheiden dürfe. Der Fürst – so die einhellige Meinung der sich widersetzenden Theologen – dürfe nicht (mehr) mit dem Anspruch auftreten, die Kirche in Bekenntnisfragen nach eigenem Gefallen zu regieren. Nach erbittertem Fortführen des Streits, langen Diskussionen und durch erheblichen Druck wurde 1858 schließlich der Heidelberger Katechismus wieder in seinen alten Rechten eingeführt. Der amtierende Generalsuperintendent Althaus hatte wegen dieser Frage sein Amt niedergelegt. Ein kundiger Mensch urteilte darüber folgendermaßen: „Das `Fähnlein der fünf Aufrechten´ und seine inzwischen stark angewachsene Anhängerschaft hatte gesiegt.“

Danach wurde es ruhig um den Heidelberger Katechismus. Im Laufe der Zeit wird er zwar weiter in Gebrauch gewesen sein. Allerdings wird er als Bekenntnis weder besonders hervorgehoben noch ernsthaft in seiner Akzeptanz bedroht gewesen sein.

Es wird dann auch kein Zufall gewesen sein, dass in den Jahren des Kirchenkampfes nach 1933 die offizielle Wiedereinführung des ungekürzten Katechismus von der Synode der Lippischen Landeskirche unterstrichen wurde. In Auseinandersetzung mit den Deutschen Christen und einem Staat, der versucht hatte, die Kirche gleichzuschalten, erhielt ein klarer Bekenntnisgrund existentielle Bedeutung für die Kirche. Diesen Bekenntnisgrund stellte der Heidelberger Katechismus neben der Barmer Theologischen Erklärung für reformierte Christinnen und Christen in Lippe dar. Seither findet der Heidelberger Katechismus im kirchlichen Unterricht, in der Seelsorge und auch im Gottesdienst vor allem im reformierten Bereich der Lippischen Landeskirche ungestörte Anwendung.

Der Heidelberger Katechismus hat bis heute in Lippe Elemente reformierter Tradition fortgesetzt und im Bewusstsein der Gemeinden gehalten. Und dennoch ist auch in Lippe der Glaube vergewissert, dass das nicht alles ist, aber eben doch eine wichtige Spur im konfessionellen Weg des Glaubens und im konfessionellen Weg der eigenen Kirche. „Wir sind Erben einer großen Geschichte“, heißt es in einem die Lippische Landeskirche verbindenden und verbindlichen Text – in Wege und Horizonte. Und weiter: „In vielen Jahrhunderten gab es in unserer Kirche die Gewissheit des Glaubens, die Zuversicht des Hoffens, die Kraft der Liebe. Und es gab Schuld und Versagen, Engstirnigkeit, Kleinmut, Zank … Wir sind Kinder einer großen Verheißung. Gottes Wort ist lebendig. Gottes Heiliger Geist sammelt Menschen. Die Zukunft steht in Gottes Hand. … Wachsen auf Christus hin“. Das stand und steht schon immer als Aufgabe über den reformierten Gemeinden. Ein lippischer Dichter (Adolpf Christoph von Mengersen) hat vor Jahrhunderten geschrieben:

„Wallfahrt will ich nicht laufen,
Ablass will ich nicht kaufen,
glaube nicht an Dr. Luther,
auch nicht an Gottes Mutter.
Bin auch kein Calvinist,
sondern leb und sterb auf Jesus Christ.“

Das sind keine großen poetischen Worte, aber es ist ein lippisches Glaubensbekenntnis, in dem die Mitte und das Ziel recht bestimmt sind. In den Spuren des Heidelberger Katechismus.

 

Literatur zur Vertiefung:
Freudenberg, Matthias, u.a., Reformierte Katechismen aus drei Jahrhunderten. Anger - Lampe – Weerth, 2005.

Haase, Bartold, Rickling, Matthias, Wilke, Axel: reformieren-streiten-bekennen. 400 Jahre Bekenntnis in Lippe, Detmold 2005.

Neuser, Wilhelm H., Die Einführung des Heidelberger Katechismus in Lippe im Jahre 1602 und der Kampf um seine Beibehaltung im 19. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte, Bd. 74, Bielefeld 1981, 57-78.

Smidt, Udo, Herrenbrück, Walter: Warum wirst du ein Christ genannt?. Vorträge und Aufsätze zum Heidelberger Katechismus im Jubiläumsjahr 1563, Neukirchen 1965.

Wehrmann, Volker (Hg.), Die Lippische Landeskirche 1684-1984. Ihre Geschichte in Darstellung, Bildern und Dokumenten, Detmold 1984.