Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 76, 78-80

Predigt von Prof. Dr. Daniele Garrone, Rom

Abendmahl – Tisch oder Altar?

 
Es ist nicht leicht, in wenigen Minuten und in einer für mich in einer Fremdsprache gehaltenen Predigt den Text des Lukas-Evangeliums (Lk 22, 14-20), der mehrere auffällige Besonderheiten aufweist – wie etwa die V. 15-18 und insbesondere die erste Rede über den Kelch, V. 17 – und den Heidelberger Katechismus zusammenzufügen.
Die Abendmahlslehre des Heidelberger Katechismus darf auch nicht „gepredigt“ werden. Wir können sie aber auch nicht einfach wiederholen: auch der Heidelberger Katechismus muss historisch-kritisch ausgelegt werden. Und nicht nur wegen der berühmten Frage 80, wo die römisch-katholische Messe als „vermaledeite Abgötterei“ abgestempelt und verworfen wird. Die Notwendigkeit einer kritischen Exegese des Heidelberger Katechismus zeigt sich z.B. in der folgenden Stellungnahme des Moderamens des Reformierten Bundes: „Diese [in der Frage 80 enthaltene] Verwerfung lässt sich nach Inhalt und Sprache in dieser Form nicht aufrechterhalten“.
Auf der anderen Seite, können wir mehrere Äußerungen des Heidelberger Katechismus immer noch teilen und uns aneignen: wenn es um das Dilemma Altar oder Tisch geht, würden wir uns bestimmt für den Tisch entscheiden, da das Abendmahl kein Opfer ist, sondern eine Gabe, die wir nur mit leeren Händen, sogar mit schmutzigen Händen, bekommen und, die uns „an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil“ gibt (Heidelberger Katechismus Frage 75).
So habe ich mich entschieden, mit euch drei provozierende Perspektiven zu teilen, die m. E. aus dem Lukastext zu gewinnen sind. Keine Thesen, sondern eben Perspektiven, Einsichten, die uns eine ungewöhnliche Fragestellung eröffnen. Manchmal brauchen wir gerade eine neue Fragestellung, um alte Probleme lösen zu können.
 
 
  1. Vom Teilen des Kelches als gemeinschaftstiftender Geste zum kirchentrennenden Sakrament.
Lukas stellt den zwei Deuteworten auf Brot (V. 19) und Kelch (V. 20) - deren Inhalt er mit Markus, Matthäus und Paulus (1.Kor 11,23ff.) teilt - ein weiteres Wort voran: „Nehmt diesen [Kelch] und teilt [ihn] untereinander: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt“ (V. 17f.)
Durch das Teilen des Kelches wird die Gemeinschaft „unter euch“ gegründet.
Dass es um tieferreichende Gemeinschaft geht, ergibt sich auch aus dem Vergleich mit dem traditionellen jüdischen Passamahl: die Mahlgäste trinken zusammen und gleichzeitig, aber jeder aus seinem Becher. Jesus weist auf einen einzigen, gemeinsamen Kelch hin, der untereinander zu teilen ist. Das Teilen eines einzigen von Jesus zugereichten Kelches schafft Gemeinschaft untereinander.
            Die ganze Kirchengeschichte widerspricht aber bis heute diesem Befehl Jesu. Nicht nur weil es Gottesdienste gab und immer gibt, wo der Kelch den zelebrierenden Priestern vorbehalten ist. Das Abendmahl als solches darf bis heute nicht unter uns Christen verschiedener Konfessionen geteilt werden. Unter uns – wenn wir unter uns „alle Christen“ verstehen – gibt es Ausgrenzungen, was das Teilen des Abendmahls angeht. Man kann sogar sagen – und das ist nicht zu zugespitzt formuliert – dass das Abendmahl kirchentrennend geworden ist.
Gott sei Dank, das gilt nicht mehr unter uns reformatorischen Christen. Wir dürfen aber nicht die lange Geschichte der getrennten und oft gegeneinander polemisch gesinnten evangelischen Konfessionen vergessen. Uns daran zu erinnern ist notwendig, um in einem Geist der Buße und der Dankbarkeit die seit Leuenberg 1973 (das ist nun 40 Jahre her) anerkannte Gemeinschaft am Tisch des Herren zu schätzen zu wissen, d.h. als spät erreichte Versöhnung.
Insgesamt aber - sogar nach vielen Jahrzenten gelebter Ökumene - bleibt das Abendmahl, sowohl in der Lehre als auch in der Praxis, kirchentrennend. Was die Jünger unter sich teilen sollen wird als ausgrenzend erlebt und angewandt. Was uns am tiefsten vereinen sollte bleibt eine unerreichbare Dimension. Die meisten ökumenischen Gottesdienste bleiben ohne geteilten Kelch. Und selbstverständlich auch ohne geteiltes Brot. Jesus sagte und sagt immer noch: „für euch gegeben“, wir dürfen aber nicht gemeinsam das Brot empfangen, das für uns da ist. Ich glaube wir haben noch alle die peinliche Situation vor Augen, die den Berliner ökumenischen Kirchentag gekennzeichnet hat. Um von den interkonfessionellen Ehen zu schweigen.
            F. Bovon hat in seinem Lukas-Kommentar[1] das Untereinanderteilen des einzigen Kelches so gedeutet: „sich solidarisch zu fühlen … Jesu Abwesenheit wettzumachen … ermutigt von der symbolischen, stärkenden und festlichen Kraft des Weines auf die Zukunft zu warten.“[2] Muss man daraus folgern, dass eine Christenheit, die das Teilen von Kelch und Brot als kirchentrennend immer noch erlebt, eine solche ist, die Ausgrenzung statt Solidarität erfährt und praktiziert, die verzagt in die Zukunft geht, die in der Abwesenheit ihres Herren lebt?
 
  1. Haben wir uns vergeblich den Kopf zerbrochen?
„Und nachdem er ein Brot genommen und gedankt hatte, brach er es und gab es ihnen mit den Worten: «Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis»“ (V. 19). Man hat sich den Kopf zerbrochen um zu verstehen, wie das Brot der Leib Christi sein kann, wie es im Abendmahl zum Leib Christi wird, wie sich die Heilswirkung des Gekreuzigten authentisch vergegenwärtigt, wie die Präsenz Christi im Brot vertreten wird … Man hat von „Elementen“ und von „Substanz“ geredet. Die Versuche, die Realität der Identifizierung von Leib Christi und Brot, von Blut Christi und Wein zu verstehen, haben die Christenheit gespalten, sogar innerreformatorisch: man denke nur an Luther („est“) gegen Zwingli („significat“). Man denke an die Äußerungen des Heidelberger Katechismus gegen die römisch-katholische Transsubstantiationslehre: 
Frage 78
Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?
 
Nein.
Wie das Wasser bei der Taufe
nicht in das Blut Christi verwandelt wird
oder selbst die Sünden abwäscht,
sondern Gottes Wahrzeichen
und Pfand dafür ist,
so wird auch das Brot im Abendmahl
nicht der Leib Christi,
auch wenn es in den Worten,
die beim Abendmahl gebraucht werden,
als der Leib Christi bezeichnet wird. 
 
Bei dieser heftigen Diskussionen hat sich alles um ein Verb mit drei Buchstaben gedreht: „dies/das ist mein Leib“.
Es gibt zuerst eine exegetische Frage: Worauf bezieht sich das „dies“? Auf das Brot?[3] Oder bezieht es sich „auf den Vorgang des Brechens und Verteilens des Brotes“[4]? Vielleicht ist die genauere Deutung die, die das „dies“ „nicht nur auf das Brot als «Element», sondern auch darauf, das Jesus es den Jüngern «gibt»“ bezieht.[5] Wie das gebrochene Brot an die Jünger gegeben wird, so wird auch der Leib Christi für die Jünger gegeben.
            Wir wissen heute, dass wir die uns bekannte jüdische Passaliturgie nicht in die Zeit des Lukas und schon gar nicht in die Zeit Jesu übertragen dürfen. Eins aber kann m.E. geltend gemacht werden. Jesus hat den Satz „dies ist mein Leib“ bestimmt nicht in griechischer Sprache formuliert, sondern in aramäisch. Für eine solche Formulierung, sowohl auf Hebräisch als auch auf Aramäisch wird die Kopula, d.h. das Verb „sein“ nicht gebraucht. Die Kopula „Sein“ wird nur gebraucht, um ein Ereignis zum Ausdruck zu bringen, nicht die einfache Zusammenfügung zweier Nomina oder eines Nomens und eines Adjektivs: so z. B. in Gen 28,17. Nachdem er in Bethel eine Leiter auf Erden, die mit der Spitze an den Himmel rührte und an der die Engel Gottes auf- und niederstiegen, geträumt hat, sagt Jakob: „Dieser Ort - nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels.“ Wir finden in der jüdischen Haggadah einen Satz, der dem von Jesu ähnelt und der auch vom „Brot“ redet: „Dieses [ist] das armselige Brot, das unsere Väter im Land Ägypten gegessen haben. Alle, die hungrig sind, sollen kommen und essen. Alle, die Mangel leiden, sollen kommen und mit uns feiern – dieses Jahr hier und nächstes Jahr in Israel; dieses Jahr als Sklavinnen und Sklave und nächstes Jahr als freie Menschen.“
Im aramäischen Satzbau fehlt das Wort „ist“, die Kopula: „Dieses - das armselige Brot, das unsere Väter im Land Ägypten gegessen haben.“ Keine Verwandlung des Brotes, sondern eine Vergegenwärtigung der Geschichte der Befreiung. Ähnlich hat Jesus von dem Brot gesprochen, das er gebrochen hat (übrigens auch das jüdische Wort über das armselige Brot folgt dem Brechen einer Mazza [ungesäuertes Brot] in zwei Teile: „Dies - mein Leib, das für euch gegeben wird“).
Die Worte Jesu sind aber in griechischer Sprache überliefert worden, und deshalb ist das Verb „sein“ mit Fragen belastet, die in der Kirchengeschichte stark debattiert worden sind und die uns bis heute beschäftigen.
 
Frage 79 des Heidelberger Katechismus bringt die klassisch reformierte Interpretation zum Ausdruck:
Warum nennt denn Christus das Brot
seinen Leib und den Kelch sein Blut
oder nennt den Kelch den neuen Bund
in seinem Blut, und warum spricht
Paulus von der Gemeinschaft
des Leibes und Blutes Jesu Christi?
 
Christus redet so nicht ohne große Ursache.
Er will uns damit lehren:
Wie Brot und Wein das zeitliche Leben erhalten,
so sind sein gekreuzigter Leib
und sein vergossenes Blut
die wahre Speise und der wahre Trank
unserer Seele zum ewigen Leben.
Darüberhinaus will er uns
durch dieses sichtbare Zeichen und Pfand
gewiß machen,
daß wir so wahrhaftig durch seinen Heiligen Geist
an seinem Leib und Blut Anteil bekommen
wie wir diese heiligen Wahrzeichen
mit unserem Mund zu seinem Gedächtnis
empfangen.
All sein Leiden und sein Gehorsam
sind uns so gewiß zugeeignet,
als hätten wir selbst
das alles gelitten und vollbracht.
 
Wie erklärt sich die Erwähnung des Heiligen Geistes, der in den 4 neutestamentliche Texten über die Einsetzung des Abendmahls nicht vorkommt? Der Geist spielt in der reformierten Abendmahlslehre eine besonders zugespitzte Rolle, auch wegen der starken Betonung der epochalen Relevanz der Himmelfahrt Christi. Der Auferstandene ist nicht mehr mitten unter uns, er sitzt mit Gott („im Himmel“) und von dort wir er am Ende wiederkommen. Die Zeit zwischen Himmelfahrt und glorreicher Wiederkunft des Herrn ist die Zeit seiner körperlichen Abwesenheit. Wenn es keine Verwandlung des Brotes und des Weines gibt, dann muss die Wirksamkeit der Zeichen, die Jesus uns gegeben hat als „Realsymbole“ ein Werk des Heiligen Geistes sein. 
Diese besonders reformierte Akzentuierung wird in der Frage 76 deutlich:
Was heißt,
den gekreuzigten Leib Christi essen
und sein vergossenes Blut trinken?
 
Es heißt nicht allein,
mit gläubigem Herzen
das ganze Leiden und Sterben Christi annehmen
und dadurch Vergebung der Sünde
und ewiges Leben empfangen,
sondern auch,
durch den Heiligen Geist,
der zugleich in Christus und in uns wohnt,
mit seinem verherrlichten Leib
mehr und mehr vereinigt werden,
so daß,
obgleich er im Himmel ist
und wir auf Erden sind,
wir doch ein Leib mit ihm sind
und von einem Geist
ewig leben und regiert werden.
 
Soweit die reformierte Abendmahlstheologie nach dem Heidelberger Katechismus.
 
Die ökumenische Debatte zielt darauf, eine gemeinsame Interpretation des Verbs „ist“ zu erreichen. Könnte uns die heute nicht mehr konfessionell geprägte und für die jüdische Tradition offene Exegese dabei neue Perspektiven eröffnen? Sollten wir nicht versuchen, die Originalität der Abendmahltexte des Neuen Testamentes stromaufwärts von den späteren Deutungen wieder zu entdecken?
 
 
  1. „Erinnerung und Verheißung“ hilfreicher als „Realpräsenz“?
Die ganze ökumenische Diskussion ist vom Begriff „Realpräsenz“ geprägt und getragen. Die allererste und entscheidende Frage lautet: „Wie versteht deine Kirche die Realpräsenz Christi in der Eucharistie? Handelt es sich nur um eine symbolische Handlung?“
Die Realpräsenz ist für uns fast zu einer Obsession geworden. Im Lukastext aber geht es paradoxerweise um die Abwesenheit Christi. Zwischen dem Passa, das Jesus aus „tiefstem Verlangen“ mit seinen Jünger gefeiert hat und dem neuen Passa des Reiches Gottes, wird das Brechen des Brotes „zu derjenigen Handlung, durch die Jesus in der Zeit seiner Abwesenheit unter den Jüngern im Wege der Erinnerung vergegenwärtigt wird.“ [6] Das Brot ist „nicht der für den Jünger gegeben Jesu selbst; es ist aber die authentische Vergegenwärtigung von dessen Heilswirkung.“[7] Das Brotbrechen ist „von Erinnerung und Verheißung gleichermaßen getragen: Es hält die Erinnerung daran wach, dass Gott mit Jesus an Israel zum Heil in einem Maßstab gehandelt hat, der dem Maßstab der Befreiung seines Volkes aus Ägypten entspricht … und es vergegenwärtigt die Verheißung, dass Gott sein Volk, das er sich aus Juden und Heiden erwählt hat, bei der Parusie (Wiederkunft) Jesu von aller Unterdrückung und von allem Leid endgültig befreien wird.“ [8]
Das Abendmahl ist für die Zeit zwischen „schon“ und „noch nicht“ – um die schöne Formulierung von Oskar Cullmann wieder aufzunehmen – von Bedeutung. Um Jesu Abwesenheit wettzumachen sind uns Brot und Kelch gegeben, die Lücke wird durch Erinnerung auf der einen Seite, und Verheißung auf der anderen begrenzt. Erinnerung und Verheißung bilden ein Spannungsfeld, in dem wir Christus und seine Heilswirkung nicht vermissen. Das gebrochene und für uns gegebene Brot ist kein austauschbares Zeichen oder ein bloßes Sinnbild, sonder ein Realsymbol, das die Hingabe Christi unter uns vergegenwärtigt.
Auch in diesem Falle sollen wir uns ernsthaft fragen, ob wir nicht den herkömmlichen Wortschatz (Präsenz, Substanz, Elemente, Sakrament) vermeiden sollten, um stromaufwärts, den Wortschatz und die Kategorien der biblischen Sprache wiederzuentdecken und wahrzunehmen. Vielleicht können wir nur durch die Relativierung unserer theologischen Konzepte erfolgreich die Dimensionen der Erinnerung und der Hoffnung wiederentdecken, von der heilbringenden Spannung leben, die sich zwischen Erinnerung und Hoffnung ereignet und sogar unter uns Kelch und Brot teilen. Amen
 
 
Predigt am 14. Juli 2013 im Rahmen einer Predigtreihe zum Heidelberger Katechismus in der Französisch-reformierten Gemeinde in Frankfurt am Main. 
 


[1] F. Bovon, Das Evangelium nach Lukas, 3.Teilband Lk 15,1-19,27, EKK III/3, Düsseldorf/Zürich/Neukirchen-Vluyn 2001
[2] S. 44.
[3] F. Bovon, 245.
[4] M. Wolter, Das Lukasevangelium, HNT 5, Tübingen 2008, 704.
[5] M. Wolter, 704.
[6] M. Wolter, 703.
[7] M. Wolter, 705.

[8] M. Wolter, 700f.