Liebe, die uns menschlich macht

Weihnachtsandacht für ein Kinderhospiz - für einen Familiengottesdienst


Madonna mit Kind und zwei Engeln, Sandro Botticelli um 1490

von Sylvia Bukowski

 

Jedes neugeborene Kind ist ein Zauberer.
So winzig es ist,
so hat es doch eine ganz besondere Macht:
Spielend bringt es den Alltag der ganzen Familie durcheinander,
bestimmt über den nächtlichen Schlaf der Eltern,
fordert Aufmerksamkeit und Fürsorge,
lässt selbst die stärksten Persönlichkeiten
nach seiner kleinen Nase tanzen.
Und das Größte:
dieser Winzling schafft es,
dass sich das alle gern gefallen lassen,
weil dieses kleine Wesen ihnen das Herz aufgehen lässt,
weil es unendlich viel Zärtlichkeit weckt,
und Liebe, die stärker ist als alle Beschwernisse.
Jedes neugeborene Kind verzaubert seine ganze Umwelt.
Das haben Sie mit Ihren Kindern auch erlebt.
Und dieser Zauber wirkt immer noch.
Ich weiß: Ausnahmen gibt es.
Aber über die will ich jetzt nicht reden.

Heute feiern wir,
dass Gott uns in der Gestalt eines neugeborenen Kindes begegnet.
So zart, so verletzlich wie alle kleinen Menschenkinder,
angewiesen auf Schutz und Fürsorge
inmitten einer bedrohlichen, abweisenden Welt.
Die Weihnachtsgeschichte erzählt,
wie sich der Himmel bei seiner Geburt geöffnet hat
und die Engel von einer neuen Welt singen,
einer Welt voller Frieden und Menschlichkeit,
wie sie Gott gefällt.
Viele Krippenspiele führen vor Augen,
wie diese Welt beginnt:
Hirten, die sonst niemand achtet,
werden wichtig als erste Gäste des Jesuskindes.
Hohe Herrschaften kommen von weit her mit kostbaren Geschenken,
und müssen sich beugen vor diesem Kind.
Manchmal tauchen auch Räuber auf,
die ihre Waffen vor der Krippe wegwerfen
und ein neues Leben anfangen,
überwältigt vom Lächeln,
das ihnen entgegenstrahlt.

Das Kind in der Krippe besitzt eine Zauberkraft,
die alle verändert,
die ihm begegnen:
Diese Zauberkraft hat Gott allen Kindern mitgegeben:
Es ist die Zauberkraft der Liebe,
die Menschen so akzeptiert wie sie sind,
ohne zu fragen,
was sie können, was sie haben oder woher sie kommen.
Liebe, die jeden dazugehören lässt, einfach so.
Liebe, die glücklich macht,
selbst in schwierigen Situationen,
Liebe, die die Welt verändert,
weil sie stärker ist
als alles Schreckliche,
Liebe, die uns menschlich macht.

Diese Liebe feiern wir heute.
Das Gotteskind in der Krippe strahlt sie auf uns aus
und sie ist gegenwärtig
in Ihren Familien und auch in diesem Haus:
Liebe, die unser Leben reich macht.

Pfrin. Sylvia Bukowski, Wuppertal, Weihnachten 2016