Heidelberger Katechismus Frage ...
Den Heidelberger (anders) hören
Dieser Text regt zum eigenen (Weiter-)Denken an!
Ein Veranstaltungsvorschlag

Den Heidelberger Katechismus vortragen lassen und einmal (anders) hören – in Auszügen oder ganz. In Abwechslung vielleicht mit solistischen Musikstücken.
Dialogisch. Szenisch. Kommunikativ. Ohne viele Erklärungen. Denn dieser Text regt zum eigenen Denken an, berührt existentielle Fragen, weckt Widerspruch oder Zustimmung, fordert heraus!

Programmvorschläge, weitere Infos und Kontakte zu Schauspieler/inne/n über Aleida Siller, E-Mail: info@reformierter-bund.de



Kinder und Katechismus

Drei Ideen für den Kindergottesdienst

Von Alfred Mengel

„dass ich Jesus Christus gehöre“ – 450 Jahre Heidelberger Katechismus

1 Vom Elend, von der Erlösung und von der Dankbarkeit - der Zöllner Zachäus
  (Lukas 19,1-10 und Frage 2 des Heidelberger Katechismus)

2 Vom Erkennen, vom Zustimmen und vom Vertrauen - die Pupurhändlerin Lydia
  (Apostelgeschichte 16,11-15 und Frage 21 des Heidelberger Katechismus)

3 Vom einzigen Trost im Leben und im Sterben - die Leute in Troas
  (Apostelgeschichte 20,7-12 und Frage 1 des Heidelberger Katechismus)

Im Jahr 2013 wird der Heidelberger Katechismus 450 Jahre alt. Aus diesem Anlass könnte auf dem Weg zum großen Reformationsjubiläum im Jahr 2017 eine Zwischenstation eingelegt werden, an der auch des reformierten Mitgliedes der Reformationsfamilie gedacht wird. Dabei beachten wir, wo wir herkommen und welcher Reichtum uns anvertraut ist. Wir fragen, was auch heute für Kinder tragfähig und hilfreich ist. Grundaspekte des Lebens (Elend, Erlösung, Dankbarkeit), Grundaspekte des Glaubens (Erkennen, Zustimmen, Vertrauen) und die elementare Frage nach dem, was mich verlässlich und nachhaltig birgt und getrost macht, können wahrgenommen werden. Dabei bezeugt der Katechismus, dass diese Wahrnehmung letztlich in der Begegnung mit Jesus Christus geschieht.

Das Thema

Die Bedeutung des Begriffes „Katechismus“ veränderte sich in der Reformationszeit von „Unterricht“ und „Lehre“ zu „Unterrichtsbuch“, das aus Fragen und Antworten besteht. Ein solcher Katechismus entstand 1563 auf Veranlassung des Kurfürsten Friedrich III. („der Fromme“) von der Pfalz in Heidelberg. Der Theologe Zacharias Ursinus hatte wesentliche Vorarbeit geleistet. Die Endfassung aber wurde von einer Kommission aus Theologieprofessoren, Pastoren - unter ihnen vor allem Caspar Olevian - und dem Kurfürsten selbst erarbeitet.
Der Katechismus sollte vor allem dazu dienen, den evangelischen Glauben zu erschließen und verständlich zu machen und so der evangelischen Gemeinde zur Auskunftsfähigkeit zu helfen. Dieses Ziel förderte er konkret auf dreifache Weise: als Unterrichtsbuch für Schüler und Konfirmanden (auch in einer kürzeren Fassung), als Grundlage für Katechismuspredigten und Katechismusgespräche und als persönliches Erbauungsbuch.
Der Heidelberger Katechismus ist das Bekenntnisbuch der Reformierten Kirche, obgleich er in seiner Grundhaltung zwischen den protestantischen Gruppen eher vermittelt. Er polemisiert kaum. Sein Interesse ist nicht, gegen etwas zu sein; er macht sich stark für einen bibelbezogenen Christusglauben. Dem Heidelberger Katechismus eignet „lutherische Innigkeit, melanchthonische Klarheit, zwinglische Einfachheit und calvinisches Feuer“ (Max Goebel). Er wurde in alle wesentlichen Sprachen übersetzt und ist heute das Einheitsband von etwa 80 Millionen reformierten Christinnen und Christen auf der ganzen Erde.
Der Heidelberger Katechismus will biblisches Zeugnis wie in einem Brennglas bündeln und wiedergeben. Darum wurden den 129 Fragen und Antworten von Anfang an biblische Verweisstellen zugeordnet. Er erhebt keinen Absolutheitsanspruch, an der Bibel will er gemessen werden.

1.

Frage 2 des Heidelberger Katechismus:

Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

Erstens:
Wie groß meine Sünde und Elend ist.

Zweitens:
Wie ich von allen meinen Sünden und Elend erlöst werde.

Drittens:
Wie ich Gott für solche Erlösung soll dankbar sein.

Die auch über die reformierte Kirche hinaus bekannte Frage 1 fasst das Eine und Ganze des Christseins ebenso umfassend wie anrührend zusammen. Die Fragen 2 bis 129 entfalten dann dieses Christsein unter den Aspekten „Elend“, „Erlösung“ und „Dankbarkeit“, indem zugleich
die klassischen Elemente Glaubensbekenntnis, Sakramente, Zehn Gebote und das Unser Vater erschlossen werden. Bei dem Begriff „Elend“ klingt noch die ältere Bedeutung mit: „Von einer bergenden Gemeinschaft getrennt sein“.

Der Zöllner Zachäus (Lukas 19,1-10) arbeitet für das römische Unterdrückungsimperium und wirtschaftet zugleich in die eigene Tasche. Er missachtet Gottes Gebot und verrät und betrügt sein Volk. Damit hat er sich von Gott und den Menschen getrennt, er ist im „Elend“, zwar reich, aber in Schuld und ohne wirkliche Freunde. Jesus Christus geht nicht an ihm vorbei, er bleibt stehen, schaut ihn an, spricht ihn mit seinem Namen an und setzt sich mit ihm an einen Tisch, teilt und überwindet so seine Schuld und seine Schmach. Zachäus erfährt somit durch Jesus Christus „Erlösung“, also Befreiung aus Sünde und Elend. Die Begegnung mit Jesus Christus öffnet ihm Augen und Herz, verändert sein Leben. Aus „Dankbarkeit“ entschädigt der arme Reiche Betrogene, beschenkt Arme und wird zum reichen Armen.

2.

Frage 21 des Heidelberger Katechismus:

Was ist wahrer Glaube?

Wahrer Glaube ist nicht allein
eine zuverlässige Erkenntnis, durch welche ich alles für wahr halte,
was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat,
sondern auch ein herzliches Vertrauen,
welches der Heilige Geist
durchs Evangelium in mir wirkt.

Die drei elementaren Aspekte des Glaubens werden in einem In- und Miteinander angesprochen: Erkennen („Erkenntnis“), Zustimmen („für wahr halten“) und „Vertrauen“. Aufgabe und Intention des Katechismus ist es, alle drei Hinsichten des Glaubens zu fördern.

Lydia (Apostelgeschichte 16,11-15) nimmt das Christuszeugnis des Paulus in Frage und Antwort wahr (Vers 13), ihr „tat der Herr das Herz auf“ (Vers 14; „Heiliger Geist“) und sie bekennt sich zu Jesus Christus. Ihr Erkennen, Zustimmen und Vertrauen wird durch die Taufe besiegelt.

3.

Frage 1 des Heidelberger Katechismus:

Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Dass ich mit Leib und Seele
im Leben und im Sterben nicht mir,
sondern meinem getreuen Heiland
Jesus Christus gehöre.

Gewiss ist der Heidelberger Katechismus ein Lehrbuch, doch ebenso auch ein Buch des Trostes und des Gebetes. Wobei das Wort „Trost“ das aktuelle Trösten, aber mehr noch die Grundgewissheit des Getrostseins in der Christusgemeinschaft meint.

Paulus predigt bis in die Nacht hinein (Apostelgeschichte 20,7-12). Bezüge zu Römer 14,7-9 („… so sind wir des Herrn …“) und Römer 8,31-39 (nichts „kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn“) wären sinnvoll. Der junge Eutychus schläft während der Predigt des Paulus ein und fällt aus dem Fenster. Die Menschen sind entsetzt und meinen, Eutychus sei tot. Paulus müht sich um Eutychus wie einst der Gottesmann Elia um den Sohn der Witwe zu Zarpat (1. Könige 17,21). „Eutychus lebt“, sagt Paulus. Die Gemeinde feiert das Heilige Abendmahl. Eutychus wird gesund in die Gemeinde zurück gebracht und sie „wurden nicht wenig getröstet.“(Vers 12)
Christus erweist sich als Herr über Leben und Tod, nichts kann von ihm trennen.

Die Kinder

Die Frage-Antwort-Struktur des Heidelberger Katechismus ist Kindern nah und vertraut, ohne dass behauptet werden soll, alle 129 Fragen seien Kinderfragen.

Frage 2 mit den Grundaspekten „Elend“ – „Erlösung“ – „Dankbarkeit“ trifft auf elementare Erfahrungen auch von Kindern. Kinder werden krank, tun Verkehrtes, streiten sich, können sich einsam und verlassen fühlen. Und sie erleben, gesund zu werden, erfahren Vergebung, Versöhnung und bergende Gemeinschaft. Die Erleichterung und die Freude über gewendetes, überwundenes Leid schließt die Dankbarkeit bereits mit ein.

Die in Frage 21 angesprochenen anthropologischen Aspekte „Erkennen“ (kognitiv), „Zustimmen“ (voluntativ) und „Vertrauen“ (affektiv) erleben Kinder an und mit sich selbst. Sie können und wollen lernen und verstehen. Mit Nachdruck können sie ein Ziel verfolgen und möchten selbstbestimmt entscheiden. Und zugleich wissen sie zutiefst, wie wichtig es für sie ist, vertrauen und sich anvertrauen zu können.

Das zentrale Stichwort „Trost“ in Frage 1 meint das situativ Getröstetwerden ebenso wie das in der Gegenwart und angesichts der Zukunft Getrostsein. Kleine Trostsituationen sind Kinderalltag. „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jesaja 66,13) Tiefgreifend und von großer Tragweite ist für Kinder die Erwartung einer offenen Zukunft, spüren sie doch deren Gefährdung. Hier verbindet sich Getrostsein mit Ermutigung und Zuversicht.

Zugänge und Hindernisse

Thetisch begriffliche Katechismustexte, dazu in historischem Kontext, begegnen zuerst fremd und randständig. Hinzu kommt, dass auch in Kirchengemeinden mit reformierter Tradition der Heidelberger Katechismus eher wenig erschlossen wird. Eine gewisse Mühe wird nötig sein. Sie könnte sich freilich lohnen. Denn im Heidelberger Katechismus werden elementare Fragen der menschlichen Existenz mit den Grundaussagen des christlichen Glaubens verknüpft. Grunderfahrungen und Grundaussagen werden mit biblischen Erzählungen verbunden. Diese Erzählungen stützen die Katechismusaussage biblisch, sie konkretisieren diese und erschließen sie methodisch.

Wege der Entfaltung

Elemente der Reihe

A.   Vom Elend, von der Erlösung und von der Dankbarkeit - der Zöllners Zachäus
      (Lukas 19,1-10 und Frage 2 des Heidelberger Katechismus)
Der reiche Zachäus ist „arm dran“, durch Christus begegnet er einem alternativen Lebensentwurf, dankbar befreit wendet er sich seinen Mitmenschen neu und liebevoll zu.

B.   Erkennen, vom Zustimmen und vom Vertrauen - die Pupurhändlerin Lydia
      (Apostelgeschichte 16,11-15 und Frage 21 des Heidelberger Katechismus)
Lydia erkennt die Christusbotschaft in der Bezeugung des Paulus in der Form des Gespräches. Sie wird im Herzen berührt („herzliches Vertrauen“) und entscheidet sich für die Taufe.

C.   Vom einzigen Trost im Leben und im Sterben - die Leute in Troas
      (Apostelgeschichte 20,7-12 und Frage 1 des Heidelberger Katechismus
Ein schlimmes Unglück geschieht: Leben und Sterben ereignen sich gleichsam während der Christusverkündigung. Die Menschen werden aktuell getröstet und wissen, dass sie in der Christusgemeinschaft getrost sein dürfen.

Im Gottesdienst

Immer sollte eine Ausgabe des Heidelberger Katechismus dabei sein, er wird den Kindern gezeigt, sie können den entsprechenden Text daraus vorlesen.

A.
 
Auf einem großen Plakat ist der Katechismustext aufgeschrieben; „Elend“ schwarz (Trauer), „Erlösung“ grün (Hoffnung) und „Dankbarkeit“ rot (Handeln aus Liebe).
Nach dem Lesen werden zu dem Wort „Elend“ ein kleiner Haufen Steine gelegt, zu „Erlösung“ eine Anzahl Kerzen und zu „Dankbarkeit“ (Stroh-/Holz-) Blumen.
Ein Gespräch, das Eindrücke und Fragen der Kinder aufnimmt und auch erschließend ist, folgt.
In Verbindung mit dem Katechismustext, den Gegenständen und den Farben wird die Geschichte (Lukas 19,1-10) erzählt.
Mit den Steinen („Elend“, Klage), mit den Kerzen („Erlösung“, Bitte) und mit den Blumen („Dankbarkeit“, Dank) kann ein Gebet gestaltet werden.

B.
Wieder wird der Katechismustext aufgeschrieben. In den Text werden die (Internet-) Symbole „Glühbirne“ für Erkennen, „Herz“   für Vertrauen und „Daumen“ für „Zustimmen“ eingebaut. Ein Gespräch, das Eindrücke und Fragen der Kinder aufnimmt und auch erschließend ist, folgt.
In Verbindung mit dem Katechismustext und den Symbolen wird die Geschichte erzählt.
Auf ein großes Plakat wird ein Kind in Umrissen gezeichnet. Die Kinder überlegen und sprechen darüber, welchen Körperregionen sie die Aktionen Erkennen, Vertrauen und Zustimmen zuordnen möchten. Sie malen oder schreiben ihre Gedanken auf das Plakat zu dem Kind. Ist das Erkennen des Glaubens nur eine Kopfsache oder ist vielleicht auch das Herz beteiligt? Das Vertrauen zu Jesus Christus wird wohl dem Herzen und dem Bauch zugewiesen, doch muss ich den, dem ich vertraue, auch kennen. Dankbarkeit gründet in Wissen und Erfahrung, sie ist ein Gefühl, das zum Handeln führt.

C.
Wieder wird der Katechismustext aufgeschrieben. Das Wort Trost wird mit einem großen Smiley  versehen. Ein Gespräch, das Eindrücke und Fragen der Kinder aufnimmt und auch erschließend ist, folgt.
In Verbindung mit dem Katechismustext und dem Symbol wird die Geschichte erzählt. Es läge nahe, den Predigtinhalt des Paulus mit elementaren Aspekten aus Römer 14,7-9 und Römer 8,31-39 zu konkretisieren.
Kinder und Mitarbeitende erzählen eigene Trosterfahrungen.
Ein Fürbittgebet, das ganz unterschiedliche Trostsituationen aufnimmt und zu dem Kerzen angezündet werden können, schließt sich an. Schön wäre, wenn in diesem Kindergottesdienst den Kindern der Segen Gottes in besonderer Weise zugesprochen würde.

Hilfen zur Gestaltung

Lieder

A.
Bist du ein Haus? (LJ 480); Ich möcht´, dass einer mit mir geht (EG 209); Meine engen Grenzen (EG Anhänge); Wenn einer sagt: Ich mag dich, du (LJ 624); Nun danket all und bringet Ehr (EG 322); Laudato si (LJ 307)

B.
Lieber Gott, ich danke dir (LJ 588); Herr Jesu Christ, dich zu uns wend (EG 155); Liebster Jesu, wir sind hier, dich und dein Wort anzuhören (EG 161); Tut mir auf die schöne Pforte (EG 166); Du hast uns, Herr, gerufen (EG 168)

C.
Es kennt der Herr die Seinen (EG 358) Meinem Gott gehört die Welt (EG 408); Von guten Mächten treu und still umgeben (EG 65, andere Melodiefassung EG Anhänge); Bewahre uns, Gott (EG 171); Der Herr segne dich (LJ 362); Gott, dein guter Segen (LJ 382); Herr, wir bitten: Komm und segne uns (LJ 392)

Material

Heidelberger Katechismus Revidierte Ausgabe 1997, hg. von der Evangelisch-reformierten Kirche, von der Lippischen Landeskirche und dem Reformierten Bund (Neukirchener Verlag);
Text (teilweise) auch im EG unter „Bekenntnisse“;
Text auch unter www.heidelberger-katechismus.net; hier auch weiteres Material angekündigt;
Anbahnung. Bilder und Texte zum Heidelberger Katechismus, erarbeitet und zusammengestellt vom Ausschuss für Konfirmandenunterricht der Evangelisch-reformierten Kirche, Wuppertal (Foedus-Verlag) 1998;
auch unter: www.heidelberger-katechismus.net/daten/Image/anbahnung2.pdf


Alfred Mengel, Sudderweh 5, 49838 Lengerich

Auch abgedruckt in der "Ergänzungseinheit" im "Plan für den Kindergottesdienst 2013/2014" hg. v. Gesamtverband für Kindergottesdienst in der EKD

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