Heidelberger Katechismus Frage ...
Den Heidelberger (anders) hören
Dieser Text regt zum eigenen (Weiter-)Denken an!
Ein Veranstaltungsvorschlag

Den Heidelberger Katechismus vortragen lassen und einmal (anders) hören – in Auszügen oder ganz. In Abwechslung vielleicht mit solistischen Musikstücken.
Dialogisch. Szenisch. Kommunikativ. Ohne viele Erklärungen. Denn dieser Text regt zum eigenen Denken an, berührt existentielle Fragen, weckt Widerspruch oder Zustimmung, fordert heraus!

Programmvorschläge, weitere Infos und Kontakte zu Schauspieler/inne/n über Aleida Siller, E-Mail: info@reformierter-bund.de



Zeitliche und ewige Wohlfahrt!

Was wollte Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz mit der Einführung eines neuen Katechismus erreichen?

Der Heidelberger Katechismus, Druck von 1563, Quelle: Wikipedia

Seine Vorrede zum Katechismus von 1563 gibt darüber Auskunft.

"Wir, Friedrich, von Gottes Gnaden, Pfalzgraf am Rhein, des heiligen Römischen Reichs Erztruchsess und Kurfürst, Herzog in Bayern et cetera, entbiete allen und jedem unsern Superintendenten, Pfarrherrn, Predigern, Kirchen und Schuldienern unseres Kurfürstentums der Pfalzgrafschaft am Rhein unsere Gnade und Gruß und fügen euch hiermit zu wissen:
Nachdem wir uns aus Erinnerung göttlichen Worts, auch natürlicher Pflicht und Verwandtschaft schuldig erkennen und endlich vorgenommen, unser von Gott befohlenes Amt, Beruf und Regierung nicht allein zu friedlichem, ruhigem Wesen, auch zur Erhaltung züchtigen, aufrichtigen und tugendsamen Wandels und Lebens unserer Untertanen zurichten und anzustellen, sondern auch und vornehmlich dieselbigen zu rechtschaffener Erkenntnis und Furcht des Allmächtigen und seines seligmachenden Worts als dem einigen Fundament aller Tugenden und Gehorsams je länger je mehr anzuweisen und zu bringen. Auch also sie zur ewigen und zeitlichen Wohlfahrt ungesparten Fleißes von Grund unsers Herzens gern befördern und, soviel an uns ist, dabei erhalten helfen wollten.
Und aber gleich anfangs in Eintretung unserer Regierung erfahren: Wiewohl von unsern lieben Vettern und Vorfahren, Pfalzgrafen, Kurfürsten et cetera löblicher seliger Gedächtnis, allerhand christliche und nützliche Ordnungen und Vorbereitungen zur Beförderung solcher Ehre Gottes und Erhaltung bürgerlicher Zucht und Polizei aufgerichtet und vorgenommen:
Dass doch demselbigen nicht mit dem Ernst, wie es sich wohl gebührt, allenthalben nachgesetzt, viel weniger die verhoffte und begehrte Frucht daraus gefolgt und gespürt worden [ist]. Welches uns denn verursacht, nicht allein dieselbige wiederum zu erneuern, sondern auch, da es die Notwendigkeit erfordert, in Verbesserung zu richten, zu erläutern und weitere Vorsehung zu tun. Also wir auch in dem nicht den geringsten Mangel befunden [haben], dass die blühende Jugend allenthalben, beides, in Schulen und Kirchen unseres Kurfürstentums, in christlicher Lehre sehr fahrlässig und zum Teil gar nicht, zum Teil aber ungleich und zu keinem beständigen, gewissen und einhelligen Katechismus, sondern nach eines jeden Vornehmen und Gutdünken angehalten und unterwiesen worden [ist]. Daraus denn neben andern vielfältigen Unrichtigkeiten erfolgt, dass sie oftmals ohne Gottesfurcht und Erkenntnis seines Wortes aufgewachsen, keine einträchtige Unterweisung gehabt oder sonst mit weitläufigen unnotdürftigen Fragen, auch bisweilen mit widerwärtiger Lehre, beschwert worden ist.
Wenn nun beide, christliche und weltliche Ämter, Regiment und Haushaltungen, anders nicht beständig erhalten werden, auch Zucht und Ehrbarkeit und alle anderen guten Tugenden bei den Untertanen zunehmen und aufwachsen mögen, denn da die Jugend gleich anfangs und vor allen Dingen zu reiner, auch gleichförmiger Lehre und des heiligen Evangeliums und rechtschaffener Erkenntnis Gottes angehalten und darin stetig geübt wird:
So haben wir [es] für eine hohe Notdurft geachtet, auch hierin, als dem vornehmsten Stück unsers Regiments, gebührliches Einsehen zu tun, die Unrichtigkeit und Ungleichheit abzuschaffen und notwendige Verbesserung anzustellen.
Und demnach mit Rat und Zutun unserer ganzen Theologischen Fakultät allhier, auch aller Superintendenten und vornehmsten Kirchendienern, einen summarischen Unterricht oder Katechismus unserer christlichen Religion aus dem Wort Gottes, beides, in deutscher und lateinischer Sprache, verfassen und [er]stellen lassen. Damit fürbass nicht allein die Jugend in Kirchen und Schulen in solcher christlichen Lehre, gottseliglichem Unterweisen und dazu einhellig angehalten, sondern auch die Prediger und Schulmeister selbst eine gewisse und beständige Form und Maß haben mögen, wie sie sich in der Unterweisung der Jugend verhalten sollen und nicht [nach] ihrem eigenen Gefallen tägliche Änderungen vornehmen oder widerwärtige Lehre einführen.
Euch hiermit alle und einen jeden besonders gnädiglich und ernstlich ermahnend und befehlend, ihr wollet angeregten Katechismus oder Unterricht um der Ehre Gottes und unserer Untertanen, auch [um] eurer Seelen selbst Nutzen und bestem Willen, dankbar annehmen, auch denselbigen nach ihrem rechten Verstand der Jugend in Schulen und Kirchen, auch sonst auf der Kanzel dem gemeinen Mann fleißig und wohl einbilden, danach lehren, tun und leben. [Mit] ungezweifelter Hoffnung und Zuversicht, wenn die Jugend anfangs im Wort Gottes also mit Ernst unterwiesen und auferzogen wird, es werde der Allmächtige auch Besserung des Lebens, zeitliche und ewige Wohlfahrt verleihen und widerfahren lassen. Das wollen wir uns, wie oben verlautet, zu geschehen zu euch endlich versehen.
Datum Heidelberg auf Dienstag, den neunzehnten Monatstag des Januar, nach Christi, unseres lieben Herrn und Seligmachers Geburt, im Jahr tausendfünfhundertdreiundsechzig."
 

Zitiert nach: "Was ist dein einiger Trost? Der Heidelberger Katechismus in der Urfassung, hg. von Matthiss Freudenberg und Aleida Siller, S. 13-16, Neukirchen-Vluyn 2012