Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Der Heidelberger Katechismus im 16. Jahrhundert

Entstehung, Zielsetzung, Rezeption

Von Andreas Mühling, Trier

Der Heidelberger Katechismus im 16. Jahrhundert Entstehung, Zielsetzung, Rezeption*
von Andreas Mühling.pdf

Der Heidelberger Katechismus im 16. Jahrhundert – Entstehung, Zielsetzung, Rezeption*

„Das aber E(uer) L(iebden) in dero schreiben vermelden, wie das das gemein geschrey je lenger je grosser sich mit bestendigem grund befinde, das die zwinglische und calvinische lehr vom nachtmal Christi in unser schull cathedram und in der kirchen predigstul eingenommen, zwinglische bucher vertirt, geschriben und getruckt, desgleichen die forma und ceremoniae in der dispensatione des hailigen abentmals in die zwinglische und calvinische weis geendert, auch uber das alles wir neulicher zeyt einen catechismum, darinnnen die verdambte caninische und zwinglische opinion neben anderen bedenklichen artickeln unverborgenlich einverleipt sein soll, ferners inhalt uberschickter verzaichnis, -hierauf geben wir E.L. freundlich zu vernemmen, das wir uns nie hart bekümmert, was Zwinglius oder Calvinus geschriben, wie wir dann auch ihre bucher nicht gelesen, haben auch weder in den kirchen schulen noch sonsten vernommen, das unsere kirchendiener ihre predigten und lectionen auf Zwinglium oder Calvinum, sonder auf das unwidersprechliche und ungezweifelte fundament gottliches wort, phrophetische und apostolische schriften gegrundet, mit demselbigen bestettiget und bewiesen. Und wissen uns disfalls wol zu erinnnern, was der apostel Paulus in seinen Corinthern straffet, die sich Paulinisch, Appollisch, Cephisch zu nennen und also spaltungen under ihnen anzurichten understunden.
Und erkennen Gott lob, das wir christen sein, in Christi und nicht Zwingli, Calvini, Lutheri und anderer, wie sie heissen mogen, namen getauft sein. Diese menner und andere halten wir fur mentschen und werkzeug Gottes, dadurch er,  wie wir uns versehen, vil guts in der welt ausgerichtet und vil mentschen zu erkanntnuß seines seligmachenden worts gebracht hat, halten darfur, das sie vil guts geschrieben und daneben irren mögen, darumben wir dann dieser und anderer menschen scripta so fern annehmen, als sie mit dem wort Gottes ubereinstimmen, das übrig lassen wir fahren, wie sie dann selbst von ihnen also gehalten haben wollen.“[1]

Wer so spricht, ist entweder theologisch völlig naiv und politisch blauäugig, oder aber in kirchenpolitischen Fragen gleichermaßen hellsichtig wie wagemutig. Die Forschung hat über den Verfasser dieser Zeilen, den Pfälzer Kurfürsten Friedrich III., ein eher zwiespältiges Urteil gefällt.  Zwar wird sein politisches Vermächtnis bis heute gewürdigt, doch fanden die theologischen Kompetenzen und Einsichten jenes bedeutenden Reichsfürsten, der bereits unter seinen Standesgenossen als der - leicht beschränkte - „fromme Fritz“ galt, bislang nur wenige Fürsprecher.[2] Dabei lohnt es sich, ausgehend von diesen im September 1563 an die lutherischen Stände Württemberg, Veldenz und Baden gerichteten apologetischen Zeilen, sich näher mit den kirchenpolitischen Ansichten des Kurfürsten Friedrich III, und damit der Entstehung, der Zielsetzung und der Rezeption des Heidelberger Katechismus, zu befassen.  

ENTSTEHUNG  
Die Kurpfalz, an Rhein und Neckar gelegen und mit der Oberpfalz politisch verbunden, besaß  unter den weltlichen Ständen des Reiches die höchste politische Würde. Die Reformation wurde in diesem Territorium erst sehr spät, 1545/46 unter Kurfürst Friedrich II, eingeführt,  dann aber nach dem Augsburger Reichstag – dem „Geharnischten“  von 1548 - wieder unterdrückt. Unmittelbar nach dem Religionsfrieden von 1555, exakt 1556, wurde unter Kurfürst Ottheinrich die württembergische Kirchenordung in der Kurpfalz eingeführt – und damit das Pfälzer Territorium offiziell dem lutherischen Lager zugeführt. In der Umstrukturierung des Bildungs- wie des Kirchenwesens erkannte Ottheinrich eine seiner wesentlichen Aufgaben, zu deren Umsetzung er auch geeignete Personen benötigte; Personen,  die allerdings mangels personeller Alternativen von außerhalb berufen werden mussten. So etablierte sich in Heidelberg mit den Theologen Johannes Marbach und Tileman Heshusen eine lutherisch geprägte kirchenpolitische Führungsgruppe, deren primäres Ziel in einer raschen konfessionellen Lutheranisierung der Kurpfalz bestand. Dieser Eindruck wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass es in der Kurpfalz unter Kurfürst Ottheinrich zu heftigen Bedrängungen reformierter Prädikanten kam.[3]

Doch dieses allzu glatte und nach außen hin einheitliche kirchenpolitische Bild täuscht. Ottheinrich unterhielt - auf vertraulichen Wegen - engen Kontakt mit dem Zürcher Nachfolger Zwinglis, Heinrich Bullinger, dessen theologischen Rat der heimlich mit der Zürcher Reformation sympathisierende Kurfürst mehrfach einholte.[4] Doch vor dem Hintergrund der politischen Realitäten des Religionsfriedens, der bekanntlich für Altgläubige und Augsburger Konfessionsverwandte galt, hielt es Ottheinrich politisch für geboten, die Kontakte nach Zürich nicht allzu öffentlich zu machen. Dennoch öffnete sich die Kurpfalz, für die Öffentlichkeit beinahe unmerklich, reformierten Einflüssen.[5] Dieser allmählich wachsende Einfluss zeigte sich in der Besetzung einflussreicher Positionen im Umfeld der Heidelberger Regierung mit Bullinger freundlich gesonnenen Personen.[6] Hierzu zählte der Jurist Christoph v. Ehem[7], der Mediziner Thomas Erast[8], die Theologen Wilhelm Klebitz[9] und Petrus Boquinus[10], nicht zuletzt auch der Kanzleisekretär Stefan Zirler[11] und die Grafen v. Erbach[12].

1559 starb Ottheinrich überraschend. Die konfessionell nicht ausdifferenzierte Haltung des Kurfürsten trug nach seinem frühen Tod zur weiteren Entwicklung in der Kurpfalz maßgeblich bei. Ottheinrich hatte kirchenpolitische Grundentscheidungen getroffen, die den Gang der kommenden Ereignisse maßgeblich beeinflussten. Zudem zeigte sich, dass die „Unfertigkeit des gesamten pfälzischen Kirchenwesens“[13] die Hinwendung der Kurpfalz zum reformierten Bekenntnis erheblich erleichterte. Denn das reformierte Beziehungsnetz in Heidelberg hielt auch nach dem Tod Ottheinrichs. So erwies sich – wie sich rasch zeigen sollte - der Regierungsantritt des neuen Kurfürsten Friedrich III. im Jahr 1559 für die Zürcher als ein unverhoffter Glücksfall.

Friedrich III., 1515 in Simmern geboren und in einem streng katholischen Elternhaus erzogen, erhielt seine Ausbildung in Nancy, Lüttich und am kaiserlichen Hof in Brüssel. 1537 heiratete er die Markgrafentochter Maria von Brandenburg-Kulmbach, eine Lutheranerin, die ihn zu einer intensiven Beschäftigung mit der Heiligen Schrift anregte. Friedrichs vielfach bezeugte tiefe Christusfrömmigkeit entstand wohl aus seiner Auseinandersetzung mit der Bibel in jenen Jahren.      

1557 führte Friedrich, nach dem Tod seines Vaters, in Pfalz-Simmern die Reformation ein (also jener Anlass, der uns heute zusammengeführt hat)[14] und profilierte sich rasch als ein begabter Politiker, der entschlossen die reichsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung seiner konfessionellen Ziele zu nutzen verstand. Zwei Jahre später trat Friedrich als dem lutherischen Lager zugewandter Regent in Heidelberg Ende 1559 sein neues kurfürstliches Amt an – und ließ zugleich die kleine reformierte Gruppe um den Diakon Wilhelm Klebitz[15], der als Hauptkontrahent des lutherischen Superintendenten Tileman Heshusen[16] galt, Dr. Christoph v. Ehem, Thomas Erast, Stefan Zirler und Petrus Boquin, unangetastet.

In Zürich galt dies als ein klares kirchenpolitisches Signal. Bullinger erkannte sofort die Möglichkeiten, die sich mit dieser Haltung des neuen Kurfürsten für die Reformierten in der Kurpfalz eröffnen könnten.[17] Umgehend setzte eine breit angelegte Korrespondenz mit verantwortlichen Kirchenpolitikern ein. Bullinger hielt in seinem Diarium den Beginn seiner Korrespondenz mit Kurfürst Friedrich, den Brüdern v. Erbach, dem Kanzler Probus, Ehem, Erast sowie mit den Professoren Xylander und Baudoin für das Jahr 1559 fest.[18] Die argumentative Marschrichtung Bullingers in diesen Wochen war folgende:  Zunächst suchte der Zürcher den Nachweis der Zürcher Orthodoxie zu erbringen, erhob die Forderung einer kirchenpolitischen Gleichberechtigung der Reformierten mit den Lutheranern und plädierte anschließend für eine obrigkeitliche Anerkennung, zumindest aber für eine Duldung reformierter Christen in der Kurpfalz. Kompromisslos bestand Bullinger auf Rücknahme des Ketzer-Vorwurfes, und betonte, dass es ohne eine vorherige obrigkeitliche Anerkennung nicht zu Religionsgesprächen kommen werde.[19]

Ganz auf dieser inhaltlichen Linie liegt auch das erste Schreiben Bullingers an den Kurfürsten. In gewohnter Weise brachte sich Bullinger am 6. April 1560 bei dem Kurfürsten in Erinnerung. Der Zürcher übersandte ein Exemplar seiner Schrift „Der Wiedertäufer Ursprung“[20] mit der Bitte um freundliche Aufnahme. Besonders erhoffe er sich von dem Buch, dass Friedrich III. Einsicht in die Rechtgläubigkeit Zürcher Lehre gewänne. Weiter bot er dem Kurfürsten seine Dienste an.

„Sömlicher büchern senden ü.f.g. ich allhie ein exemplum gar früntlicher und verdienstlicher meynung, nitt das ü.f.g. des bedörffe, sunder alein, das ü.f.g. sähe, das wir in den kyrchen der Eydgnoschafft gar kein gmeinsame habind wäder mitt den töufferen noch andern secten, sunder das wir christenlich und rächt halltind von dem heyligen glouben, von der kyrchen und den heyligen sacramenten und von der oberkeit, ouch rächter regierung, da wir doch in ettlicher fürnemmer lüthen geschrifften under die töuffer gezellt und alls sectarii geschuldigit werdent etc. Bitten underthänig, ü.f.g. wölle dises buch in gnaden von mir, irem willigen diener anemmen, dises min schryben wol beradten und in iren fürstlichen gnaden alle zyt gnädiglich befolhen zu haben. Dann wo ü.f.g. ich gedienen könde, wöllte ich zu allen zyten willig und trüw sin.“[21] 

Bullinger ging wie üblich vor >>> (weiter im Text >>>)

Zitation nach der pdf-Datei
Der Heidelberger Katechismus im 16. Jahrhundert Entstehung, Zielsetzung, Rezeption* 
von Andreas Mühling.pdf 


* Vortrag auf der Jahresversammlung des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte am 11. Mai 2007 in Traben-Trabach. Der Vortragsstil wurde bewusst beibehalten.

[1]Schreiben Friedrichs III. an die Obrigkeiten von Württemberg, Veldenz und Baden v. 14. September 1563, in August Kluckhohn, Briefe Friedrichs des Frommen. Bd. 1, Braunschweig 1868, Nr. 252.

[2] Vgl. hierzu zusammenfassend Volker Press, Calvinismus und Territorialstaat. Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz 1559-1619. Stuttgart 1970 (KHS 7), S. 221-266.

[3] Vgl. hierzu insg. Press, Calvinismus (wie Anm. 2), S. 181-220.

[4] Andreas Mühling, Heinrich Bullingers europäische Kirchenpolitik, Bern 2001 (ZBRG 19), S. 97-104.

[5] Ebd., S. 102.

[6] Ebd., S. 103-104.  

[7] Zu v. Ehem vgl. Christoph Strohm, Calvinismus und Recht, Tübingen 2008, S. 58-63.

[8] Zu Thomas Erast vgl. Ruth Wesel-Roth, R., Thomas Erastus, Lahr 1954 ( VVKGB 15).

[9] Zu Klebitz vgl. Wim Janse, Der Heidelberger Zwinglianer Wilhelm Klebitz (um 1533-1568) und seine Stellung im aufkommenden Konfessionalismus, in: Alfred Schindler und Hans Stickelberger (Hg.), Die Zürcher Reformation: Ausstrahlungen und Rückwirkungen, Bern 2001 (ZBRG 18), S. 203-220..

[10]Zu Boquinus vgl. Friedrich Wilhelm Bautz, Boquinus, Pierre. In: BBKL, Band 1 (1990), Sp. 718-719.

[11] Zirler unterhielt eine ausführliche Korrespondenz mit Heinrich Bullinger. Von seinen Schreiben an den Zürcher sind noch 17 Briefe aus dem Zeitraum von 1561-1568 erhalten geblieben. 1 Schreiben, datiert v. 3.12.1567, stammt von Bullinger.

[12] Zu den Grafen Erbach vgl. Hollweg, Reichstag 15-20; Press, V., Die Grafen von Erbach und die Anfänge des reformierten Bekenntnisses in Deutschland. In: Hermann Bannasch (Hg.), Aus Geschichte und ihren Hilfswissenschaften, Marburg 1979 (VHKH 40), S. 653-685.

[13] Press, Calvinismus (wie Anm. 2), S. 220.

[14] Zu Pfalz-Simmern s. J. F. Gerhard Goeters (†) und Thomas Bergholz (Bearb.), Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. Band 19: Rheinland-Pfalz II/2, Tübingen 2008, S. 653-666; Erik Zimmermann, Die Durchführung der „Zweiten Reformation“ auf dem Hunsrück. In: MEKGR 57 (2008), S. 91-107.

[15] Bullinger unterstützte Klebitz - inhaltlich nicht näher greifbar - in der Auseinandersetzung mit Heshusen. In dem kirchenpolitisch wichtigsten Schreiben von Klebitz an Bullinger, datiert v. August 1559, dankte Klebitz für die Übersendung einer Arbeit Vermiglis und für einen Brief Bullingers. Vermigli, so Klebitz, wäre längst Prediger in Heidelberg, wenn nicht Brenz Ottheinrich von einer Berufung abgeraten hätte. Klebitz fügte ein Thesenpapier zum Abendmahlsstreit bei und erbat eine Stellungnahme Vermiglis und Bullingers dazu. Zugleich wünschte Klebitz die Meinung Vermiglis und Bullingers über die Vereinigung Christi mit den Gläubigen und einen Bericht über die angeblichen Abendmahlsdiskussionen der Zürcher mit Calvin zu hören, ein Punkt, auf den Heshusen poche (Zürich Zb, Ms F 42, 167).

[16] Vgl. zu Heshusen auch Peter F. Barton, Art. Heshusius, Tileman. In: TRE, Bd. 15 (1986); S. 256-260.

[17] Im Oktober 1559 schrieb Bullinger an Johannes Fabricius: „Multo melior est princeps elector Palatinus ille nuper electus aut creatus, quam fuerit qui decessit; speramus (quantum de homine sperare licet) non mediocria de illo“ (Traugott Schiess (Bearb.), Bullingers Korrespondenz mir den Graubündnern. II. Teil: April 1557-1566. Basel 1905, Nr. 202.

[18] Emil Egli (Hg.), Heinrich Bullingers Diarium (Annales vitae) der Jahre 1504-1574. Basel 1904, S. 60.

[19] So beispielsweise im Schreiben an die Grafen von Erbach v. 4. November 1559 (Zürich ZB, Ms 96, 30).

[20] Zürich 1560 (vgl. Joachim Staedtke [Bearb.], Heinrich Bullinger Werke: Bibliographie Band 1. Beschreibendes Verzeichnis der gedruckten Werke von Heinrich Bullinger. Zürich 1972, Nr. 394.

[21] Zürich StA, E II 338, 1580b.

Bullinger ging wie üblich vor >>> (weiter im Text >>>)

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