Respect et Fraternité

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


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Entsetzliche Verbrechen rufen die Erinnerung an den Angriff auf Charlie-Hebdo im Januar 2015 wach - und auch an die weltweiten Solidaritätsbekundungen „Je suis Charlie“.

In Paris verwundet ein islamistischer Täter zwei Passanten vor den ehemaligen Geschäftsräumen der Satirezeitschrift Charlie-Hebdo. In einem Pariser Vorort wird ein Lehrer ermordet, der anhand von Mohammed-Karikaturen erklären wollte, was Meinungsfreiheit bedeutet. Drei Personen werden in der Basilika Notre-Dame in Nizza von einem islamistischen Fanatiker umgebracht. Diese entsetzlichen Verbrechen rufen die Erinnerungen an den Angriff auf Charlie-Hebdo im Januar 2015 wach - und auch an die weltweiten Solidaritätsbekundungen „Je suis Charlie“.

Der französische Präsident hat dem Lehrer posthum die Medaille der Ehrenlegion verliehen und feierlich erklärt, es gebe in Frankreich „das Recht auf Gotteslästerung“. Der französische Innenminister spricht sich dagegen aus, dass in Supermärkten koschere oder halal Lebensmittel angeboten werden. Französische Politiker aller Parteien überbieten sich gegenseitig mit Gesetzesvorschlägen, die von Muslimen als Angriff auf ihre Religionsfreiheit empfunden werden.

Schweigeminuten für den ermordeten Lehrer sind an über vierhundert Schulen in Frankreich gestört worden. Im Ausland reagiert der türkische Präsident wütend auf Macrons Reden. Islamische Staaten rufen zum Boykott französischer Waren auf. Empörte Demonstranten verbrennen französische Fahnen.

Inmitten dieser aufgeheizten Atmosphäre lassen die Worte aufhorchen, die von der Konferenz der französischen Bischöfe kommen. Unter der Überschrift „Keine wahre Freiheit ohne Respekt und Geschwisterlichkeit“  haben sich die katholischen Bischöfe mit all jenen solidarisiert, „die sich durch Beleidigung, Verhöhnung oder anstößige Karikaturen verletzt fühlen.“  Nicht neue Gesetze, sondern Respekt sei an der Tagesordnung. Mit dieser Stellungnahme stemmt sich die katholische Kirche Frankreichs gegen eine Stimmung, die nicht nur Muslime, sondern auch Juden und Christen beunruhigen muss.

Die Bischöfe stützen sich dabei auf das Pauluswort „Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist zuträglich. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Niemand suche das Seine, sondern jeder das des anderen!“ (1. Kor. 10,23f.)


Paul Oppenheim